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Betriebsführung

Eigene Produkte mit eigenem Strom

Die Jucker Farm AG baut über 60 Kulturen an und vermarktet sie unter anderem in ihren Hofläden. Sie setzt insbesondere auf eigene Betriebsmittel und produziert so lokal wie möglich. Auf dem Spargelhof in Rafz wird der Betrieb neu mit eigener Energie einer Photovoltaik-Anlage fast vollständig selbstversorgt.

Die Photovoltaik-Anlage der Jucker Farm AG in Rafz wurde von Energie 360 ° geplant, realisiert und jetzt betrieben.

Die Photovoltaik-Anlage der Jucker Farm AG in Rafz wurde von Energie 360 ° geplant, realisiert und jetzt betrieben.

(Gabriela Küng)

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Aktualisiert am

Leiterin Kommunikation, mooh Genossenschaft

Ein Betrieb, der ohne fremdes Stromnetz auskommt, sich also vollständig selbst versorgt: Das war die Vision von Martin Jucker. Seit Mitte März ist die Photovoltaik-Anlage in Rafz in Betrieb. Das Testjahr hat gestartet: «Wir wollen unabhängig vom Stromnetz produzieren können», erklärt Martin Jucker, stellvertretender Geschäftsführer der Jucker Farm AG.

Betriebe gemeinsam nutzen

Die Jucker Farm AG ist gross. Heute gehören vier Betriebe dazu: je einer in Seegräben, Jona, Kloten und Rafz. Das war aber noch nicht immer so. «Ursprünglich hatte mein Bruder Beat den Betrieb in Rafz von unserem Grossvater übernommen. Auch Seegräben war unser Familienbetrieb, aber wir wollten beide gemeinsam nutzen», erklärt Jucker. Der Betrieb in Rafz hatte damals 13 Hektaren und es wurde vor allem extensiver Ackerbau betrieben. In Seegräben hingegen gab es zehn Hektaren Obst und einen Hofladen. Nach und nach probierten Juckers verschiedene Kulturen und Betriebszweige aus, um den Hofladen so umfangreich wie möglich zu bedienen. In Rafz haben sie begonnen, auf Spezialkulturen zu setzen. Ein Beispiel waren die Kürbisse, mit denen sie 1997 starteten. Bereits 1999 wurden 800 Tonnen Kürbisse geerntet – dafür arbeitete man mit zwei weiteren Betrieben zusammen. Einer der Betriebsleiter war Walter Pfister. Pfister ist bis heute gemeinsam mit Beat und Martin Jucker Eigentümer der Jucker Farm AG.

Selbstversorgung

Der Betrieb wuchs extrem schnell, 2000 wurde der Detailhandel mit Kürbissen beliefert. Auch wurden bereits in Deutschland Kürbisausstellungen angeboten. Das schnelle Wachstum rächte sich. Ende 2000 startete die dreijährige Konsolidie-rungs- und Sanierungsphase. Auch wurde 2000 die Jucker Farm AG gegründet und ab 2003 entstand das bäuerlich geprägte Bild der Jucker-Farm AG. Das Ziel war, so viel wie möglich selbst zu machen: anbauen, verarbeiten und verkaufen. «Wir orientierten uns am Selbstversorgungsgedanken der Grossmutter, um maximale Unabhängigkeit zu erreichen», erzählt Jucker.

Saisons abdecken

Heute werden auf den vier Höfen über 60 verschiedene Kulturen angebaut. Der Fokus liegt darauf, das ganze Jahr etwas anbieten zu können. Die drei Hauptkulturen, Spargel, Heidelbeeren und Kürbis, decken Frühling, Sommer und Herbst ab. Der Winter sei immer noch schwierig, sagt Jucker. Ein kleines Standbein vor Weihnachten sind die 500 Weidegänse, die in Rafz gemästet werden. Auch hier wird darauf geachtet, dass so viel Eigenes wie möglich drinsteckt: Es werden das Auswuchsgetreide sowie die Griessabfälle aus der eigenen Bäckerei verfüttert. In Seegräben beim Juckerhof und in Jona beim Bächlihof besitzt die Jucker Farm AG je noch ein Hofrestaurant und Event- und Seminarräume zur Miete. Auch in den Restaurants setzt die Jucker Farm AG wenn immer möglich auf eigene Produkte. Hofläden besitzt die Jucker Farm AG an den drei Standorten Seegräben, Jona und Rafz.

Mehrwert generieren

60 bis 70 Prozent der Produkte werden selbst verkauft. Die restlichen landen im Detailhandel. Dies betrifft insbesondere die Spargeln mit 20 Hektaren Produktionsfläche sowie die Kürbisse mit 50 Hektaren. «Wir arbeiten daran, unser eigenes Sortiment auszubauen, immer kombiniert mit Wirtschaftlichkeit», erzählt Jucker. Die Jucker Farm AG agiert mit ihren Hauptprodukten ausserhalb des Grenzschutzes und sie erhält auch keine Direktzahlungen. Das helfe, sich unternehmerisch weiterzuentwickeln, meint Jucker. «Für uns steht folgende Frage im Mittelpunkt: Wie kann ein Mehrwert generiert werden, welchen der Konsument auch bezahlen will?», erläutert Jucker. Um einen solchen Mehrwert zu erreichen, arbeiten sie mit Ehrlichkeit, Transparenz und Nachhaltigkeit.

Energie Contracting

Landwirtschaftsbetriebe mit ihren grossen Dächern sind prädestiniert für Photovoltaik-Anlagen. Die Investitionen können aber sehr hoch sein. Die Planung, der Bau und der Betrieb setzen ein hohes Knowhow voraus. Um aber trotzdem effizient auf erneuerbare Energien setzen zu können, gibt es das sogenannte Energie Contracting, das von spezialisierten Firmen angeboten wird. Sie erarbeiten die optimale Lösung für die Energieversorgung, planen, bauen und betreiben die Anlage. Als «Dachbesitzer» besteht dann die Möglichkeit, den lokalen Strom dem Contracting Partner wieder abzukaufen. Der Besitzer profitiert vom Contracting, indem er das Betriebsrisiko auslagert, planbare Kosten hat und sich auf sein eigenes Kerngeschäft konzentrieren kann. Zusätzlich profitiert er von erneuerbarer Energie aus der Region.

Energiekonzept

Zum Thema Nachhaltigkeit gehört auch das Energiekonzept. Bereits seit einiger Zeit ist Jucker daran, mit der Gebäudetechnik den Energieverbrauch zu minimieren – mittlerweile liegt der Standard sogar unter dem Minergie-Standard. In Jona und Seegräben werde bereits mit eigenem Holz geheizt. In Rafz hingegen soll der gesamte Betrieb mit der eigenen Photovoltaik-Anlage betrieben werden. Seit gut einem Monat läuft nun die neue PV-Anlage. «Der Härtetest kommt aber erst, wenn die Spargelsaison startet», erläutert Jucker. Mit der Anlage werden alle Anlagen des Hofs betrieben, darunter auch die gesamten Kühlanlagen wie auch der Schockfroster für die Spargeln. Nach dem Testjahr sähe man dann, ob es klappt. Momentan ist der Hof noch an die Stromleitung angeschlossen. Es kann also sowohl Strom bezogen, wie auch Strom verkauft werden. Die Leitung war aber bereits mit den älteren Kühlanlagen am Limit und mit dem Umbau, der in Rafz dieses Jahr vollzogen wurde, wäre sie zusammengebrochen. Anstatt aber die Leitung zu sanieren, hat sich das Team der Jucker Farm AG für den Bau der Solaranlage mit Energiespeichern und somit auch für ein eigenes Stromnetz entschieden. «Die ganze Anlage ist technisch darauf ausgelegt, dass in Zukunft auch die ganze Mobilität betrieben werden kann», erklärt Jucker. Wie schnell das aber gehe, hänge von der Entwicklung elektrischer Traktoren ab.

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Der Hofladen hat ein breitgefächertes Sortiment.

(Gabriela Küng)

Energie 360 °

Die Idee war geboren, nun stand die Frage der Finanzierung im Raum. Die Jucker Farm AG wollte nicht selber investieren und ihr Geld binden. Sie entschieden sich für ein sogenanntes Energie Contracting. Als Partner wählten sie Energie 360 ° – schlicht, weil sie das beste Angebot machten. Energie 360 ° hat also die gesamte Anlage geplant und betreibt sie heute. Gebaut hat die Anlage die Solvatec AG als Partner von Energie 360 °. Die Jucker Farm AG kauft den Strom von Energie 360 °, was zwar einen etwas höheren Strompreis mit sich bringt. Der Ausbau der Stromleitung, welcher ohne die Anlage zwingend hätte gemacht werden müssen, hätte aber mehr gekostet, sagt Jucker.

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Martin Jucker im Hofladen in Rafz. Hier wird direkt im Laden Holzofenbrot gebacken.

(Gabriela Küng)

Eigener Solarstrom

Für die zahlreichen selbstverarbeiteten und unverarbeiteten Produkte entsteht mit der neuen Anlage klar ein Mehrwert. Die Produkte werden mit eigenem Solarstrom produziert, womit sie auch ausgelobt werden können. Die eigene Stromversorgung gewährleistet die Versorgungssicherheit – bei einem mehrtägigen Stromausfall läuft in Rafz die Produktion einfach weiter. «Unser Teil der Nahrungsmittelkette ist gesichert», sagt Jucker stolz. Der Hof braucht kein Notstrom-Aggregat mehr: Am Tag wird direkt Strom produziert und dieser wird auch für die Nacht in den Li-thium-Eisenphosphat-Batterien gespeichert. «Im Moment ist die Anlage noch eine Innovation. Aber wir fragen uns: Warum machen es nicht alle?», erzählt Jucker. Im Hinblick auf den Klimawandel will die Jucker Farm AG so gut wie möglich auf fossile Brennstoffe verzichten. Auch ist Jucker der Meinung, dass Atomkraftwerke ein Restrisiko darstellen, das sich einfach nicht lohnt. «Unser Konzept bringt den Beweis, dass Solarstrom kein Flatterstrom ist und das Netz belastet. Es zeigt genau das Gegenteil: Wir sind jetzt unabhängig», so Jucker. 

Gesamtkonzept Energie Spargelhof Rafz

Die primäre Energiequelle des umgesetzten Energiekonzeptes ist die Photovoltaikanlage auf der bestehenden und der neuen Halle. Mit einem Batteriespeicher kann Energie zwischengespeichert und später wieder an den Hof abgegeben werden. Mit dem Batteriespeicher und dessen intelligenten Steuerung kann zudem verhindert werden, dass der Stromanschluss überlastet wird und Lasten können so angesteuert werden, dass diese primär bei Sonnenschein Strom beziehen. Die grösste Last auf dem Spargelhof ist die Kälteanlage, welche für die Kühlung von Spargeln und anderem Gemüse gebraucht wird. Die durch den Betrieb der Kühlanlagen anfallende Wärme wird für die Erzeugung von Heizwärme und Warmwasser für das Wohnhaus und den Hofladen verwertet. Das Batteriesystem ist fähig, ein Inselsystem aufzubauen. Das heisst, dass sich bei einem Stromausfall in Rafz der Spargelhof autark mit der Photovoltaikanlage versorgen kann.

Energie 360° hat in Zusammenarbeit mit Partnern, darunter die Solvatec AG, ein Unternehmen der fenaco Genossenschaft, und der Jucker Farm AG das Energiekonzept für den Spargelhof entwickelt und umgesetzt. Dabei hat Energie 360° das Energiesystem auch finanziert und betreibt es mindestens für die nächsten 15 Jahre. Energie 360° übernimmt die Verantwortung, den Spargelhof in dieser Zeit ökologisch und sicher mit Kälte, Wärme und Strom zu versorgen und das System laufend auf verändernde Anforderungen auf dem Hof anzupassen. Für den Kunden, die Jucker Farm AG, ist dies ein Rundum-Sorglos-Paket mit langfristig kalkulierbaren Kosten.

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