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Pflanzenbau

Die zwei mit den Kichererbsen

Kichererbsenprodukte werden auf den heimischen Tellern immer beliebter. Auf den Schweizer Äckern sind Kichererbsen hingegen selten zu finden. Daher fehlen auch Anbauerfahrungen unter hiesigen Bedingungen. Es heisst ausprobieren, wie die Leguminose gelingt. Zwei Landwirte aus Baselland machten ihre Erfahrungen und fieberten ihrer ersten Kichererbsenernte entgegen.

Neben der Arbeit als Landwirt und Lohnunternehmer führt René Ritter (rechts), neben Andreas Gass, auch seinen Podcast «Ofebänkli». Hier erhält man einen...

Neben der Arbeit als Landwirt und Lohnunternehmer führt René Ritter (rechts), neben Andreas Gass, auch seinen Podcast «Ofebänkli». Hier erhält man einen Eindruck vom landwirtschaftlichen Alltag, ebenso wie auf dem Youtube-Kanal des Leimenhofs (Leimenhof Farmlife).

(Dr. Katharina Kempf)

Publiziert am

Redaktorin UFA-Revue

Kichererbsen scheinen das «grosse Ding» zu sein, wenn man den Regalen im Einzelhandel glauben darf. Eine Hummussorte reiht sich dort an die andere, es finden sich Joghurtalternativen aus Kichererbsen und vieles mehr. Von Swissness keine Spur, da Kichererbsen nur geringfügig in der Schweiz angebaut werden. Hauptanbaugebiete dieser Leguminose sind Fernost und der Mittelmeerraum. Die Klimaveränderung und der Ruf nach pflanzlichen Proteinquellen für die menschliche Ernährung bringen aber so manchen auf den Gedanken, es mit der Kichererbse in der Schweiz zu versuchen. Dennoch hängt die Anbau- und Sortenforschung der Nachfrage hinterher, und für viele heisst es schlicht ausprobieren.

Im Tessin der Nordschweiz

Zwei der Landwirte, die den Kichererbsenanbau dieses Jahr auf ihrer Agenda haben, sind René Ritter und Andreas Gass aus Wenslingen (BL). Die beiden Landwirte führen ihren Leimenhof als Betriebsgemeinschaft und sind offen für Neues. Beim Besuch der UFA-Revue antwortet René Ritter auf die Frage, was er davon hält, dass der Kichererbsenanbau in der Schweiz oft wieder aufgegeben werde: «Das stachelt mich dann erst recht an, es zu versuchen.» Einen Rückschlag hatten er und Gass aber auch schon. 2021 bauten sie schon einmal Kichererbsen an. Diese überstanden das Schlechtwetterjahr aber nicht – Ertrag gleich null. Die Kichererbsen fingen an der Stängelbasis an, braun zu werden, und starben ab. «Der Dinkel kam danach auf den Flächen 1A», erklärt Ritter schmunzelnd. Vermutlich profitierte dieser vom Stickstoff im Boden, den die Leguminose davor gesammelt hatte.

Lernen durch Machen

Die Berufskollegen geben der Hülsenfrucht im Jahr 2022 eine neue Chance. Mitte Juni zeigte sich die Fläche von ihrer besten Seite. Keine Lücken, unkrautfrei und kräftige Pflanzen mit jungen Blüten. Bisher stimmte das Wetter einfach. Genug Wärme, Feuchtigkeit und Sonne. Letzteres ist auch flächenabhängig. «Eine schattige Fläche mit schweren Böden kann man für den Kichererbsenanbau vergessen», sagt René Ritter. Mit einer halben Hektare gehen die beiden kein Risiko ein und können sich austesten. Nachgefragt, was es im Anbau zu beachten gäbe, winkt Ritter ab, dass sie keine Profis seien und selbst noch lernen müssen. Er ist sich sicher, dass er 2021 zu früh gesät hatte und der Boden noch zu kalt war. Zudem könne man nach der Aussaat nicht erst einmal eine Woche auf Regen warten. Gesät wurde dieses Jahr deshalb Anfang Mai. Für die Saatbettbereitung pflügten und eggten die Landwirte den Boden ein Mal. Da es sehr trocken war, bildeten sich Schollen. Dann fiel noch einmal Regen, die beiden eggten nochmals und säten schliesslich 100 Kilogramm auf die halbe Hektare. Die Unkräuter hielten sie mit einem Bodenherbizid in Schach, welches für Linsen und Kichererbsen geeignet ist. Zur Pflanzenernährung erfolgte eine Phosphorgabe. Das ungeimpfte Saatgut der Sorte «Flamenco», das aus Frankreich kam, organisierte Fritz Leuenberger, Berater bei UFA-Samen.

«Eine schattige Fläche mit schweren Böden kann man für den Kichererbsenanbau vergessen.»

René Ritter

Ernten und was dann?

Nach dem Dreschen ist der Plan der Wenslinger, die Ernte zur Mühle zu bringen und dort reinigen zu lassen. Danach möchten sie die Kichererbsen auf einem Schlepper in der Sonne bei gelegentlichem Umschichten trocknen lassen. Wie es danach weitergeht? Auf dem Leimenhof wird auf Direktvermarktung gesetzt. Sowohl beim Wagyu-Beef, dem eigentlichen Standbein, als auch bei weiteren Produkten wie Rapsöl. Die Kichererbsen sollen getrocknet in kleinen Tüten à 250 Gramm verkauft werden. Ritter greift zu einem Päckchen, das er zu Demonstrationszwecken mit gekauften Kichererbsen befüllt hat. Wenn alles gut läuft, befindet sich in den nächsten Tüten das, was darauf steht – Erbsen aus eigener Produktion. «Es ist wichtig, dass man sieht, dass das, was wir verkaufen, vom Hof kommt.» Momentan setzt er auf haltbare Produkte, damit er nicht zu schnell abverkaufen muss. Sein Blick verrät jedoch, dass er in seinem Kopf bereits den nächsten Schritt geplant hat: «Später wäre hausgemachter Hummus eine Option», sagt er. Den will er nicht nur aus den Kichererbsen von seinem Feld produzieren. Auch das Rapsöl dafür soll das eigene sein. Dass noch weitere Zutaten vom Leimenhof darin zu finden sein werden, ist den beiden experimentierfreudigen Landwirten durchaus zuzutrauen.

Nachgefragt: Wie war die Ernte?

Anfang August konnten Gass und Ritter ihre Kichererbsen schliesslich ernten. Bei einem Telefonat Mitte August zeigt sich René Ritter sehr zufrieden mit dem erzielten Ertrag. Das Jahr sei einfach ideal gewesen, und die Kichererbsen reiften sehr gleichmässig ab. Zwar müssten sie erst noch gereinigt werden, aber gewogen haben die Landwirte das Erntegut schon einmal. 1000,8 Kilogramm wurden auf 50 Aren geerntet. Der Zielwert von zwei Tonnen je Hektare wäre also erreicht. Und dies bei einer Feuchte von elf Prozent. Ein kleines i-Tüpfelchen für die Wenslinger wäre es gewesen, noch einmal etwas Niederschlag gehabt zu haben. Die Frage, ob der Leimenhof 2023 wieder Kichererbsen anbauen wird, erübrigt sich fast: «Natürlich», betont Ritter. 

Betriebsspiegel

René Ritter und Andreas Gass bewirtschaften als Betriebsgemeinschaft den Leimenhof in Wenslingen (BL). Dazu gehören 65 ha Ackerfläche (4 ha Frühlingskulturen) sowie der Stall mit den Wagyu-Rindern (Mutterkuhhaltung und Aufzuchtrinder). Bei den Kulturen setzt der Betrieb auf eine sogenannte farbige Fruchtfolge. Kulturen: Kunstwiese, Weizen, Raps, Sorghum, Weizen (im Herbst nach Umbruch von Sorghum), Kichererbsen und Linsen. Zudem kann die hofeigene Beiz Leimenstübli für festliche Anlässe mit Bewirtung ab 30 Personen gebucht werden.

Website Leimenhof: www.leimenhof.ch

Der Podcast Ofebänkli von René

Der YouTube Kanal des Leimenhof: Leimenhof Farmlife

      

     

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Interview mit Jürg Hiltbrunner, Forschungsgruppe Extension Ackerbau, Agroscope

(zvg)

UFA-Revue: Wie ist Ihre Gruppe im Kichererbsenanbau aktiv?

Jürg Hiltbrunner: Wir machen seit 2017 Versuche in kleinen Rahmen und testen zum Beispiel, welche Kichererbsensorten unter den hiesigen Bedingungen eine gute Leistung zeigen. Wir bauen sie u. a. am Standort Zürich Reckenholz an, der eher zu nass ist. Die Sorte, die es hier schafft, sollte auch bei für die Kichererbsen günstigeren Bedingungen erfolgreich angebaut werden können. Da die Knöllchenbakterien der Kichererbsen bei keiner anderen Pflanze vorkommen, testen wir, wie sich die Pflanzen aus geimpftem und ungeimpftem Saatgut entwickeln.

Was könnte 2021 das Problem bei der Leimenhof-Kultur gewesen sein?

Ein nesterartiges Verbräunen spricht für einen Befall mit der Brennfleckenkrankheit Ascochyta. Im Jahr 2021 resultierte bei vielen Kichererbsenflächen ein Totalausfall – teils wegen Ascochyta, teilweise, weil praktisch keine Hülsen ausgebildet wurden. Falls die Flächen nicht im Laufe des Sommers bereits aufgegeben wurden, wurden diese erst spät im Sommer ausgebildet. Dadurch reiften sie nicht mehr vollständig ab.

Was empfehlen Sie Landwirten, die Kichererbsen anbauen möchten?

Ein Versuch lohnt sich am ehesten in Weinbaulagen mit leichten Böden und auf Flächen, wo das Unkrautrisiko eingeschätzt werden kann (v. a. wenn die Begleitarten rein mechanisch reguliert werden). Die Kultur muss «sauber» in die Blüte kommen. Obwohl der Saattermin eher demjenigen der Soja anzugleichen ist, sollte mit der Aussaat nicht zu lange zugewartet werden, da die Kichererbse Zeit zur Abreife braucht. So ab Mitte April ist da eine Orientierung. Phosphor und Kalium müssen auf der Fläche ausreichend vorhanden sein. Ohne eine Impfung können auch 30 Kilogramm Stickstoff pro Hektare gegeben werden. Gemäss Literatur ist es empfehlenswert, aufgrund von diversen Krankheiten eine Anbaupause von fünf bis sechs Jahren einzuhalten.

Wie steht es mit der Saatgutqualität?

Da gibt es sicher noch Luft nach oben. Wir haben 2022 beispielsweise Saatgut bestellt und das Produktionsjahr war 2019. Obwohl wir Saatgut von einer Sorte auch problemlos mehrere Jahre überlagern konnten, wurde bei Saatgut einiger Posten mit einer tiefen Keimfähigkeit auch bei der Berücksichtigung der Laborergebnisse keine zufriedenstellende Bestandesdichte im Feld erreicht. Den Grund dafür wissen wir noch nicht. Da Ascochyta auch über das Saatgut ins Feld gelangen kann, ist gesundes Saatgut eine wichtige Voraussetzung für einen erfolgreichen Kichererbsenanbau.

Weitere Informationen zum Anbau von Kichererbsen

Infoblatt des Landwirtschaftlichen Technologiezentrums Augenstenberg zum Kichererbsenanbau

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