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Pflanzenbau

Beim Säen Saatgut sparen

Lücken in der Grasnarbe reduzieren den Futterertrag und erhöhen den Unkrautdruck. Flächendeckende Übersaaten führen zu Saatgutverlusten. Mit einem neuen automatischen Verfahren wird Saatgut nur noch gezielt auf die Lücken der Grasnarbe appliziert. Damit lassen sich bis zu 80 Prozent Saatgut einsparen.

Traktor mit Cambridgewalze

Traktor mit Cambridgewalze und ortsspezifischem Wiesenübersaatgerät.

(Bild: Markus Sax)

Publiziert am

Aktualisiert am

Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Agroscope

Lücken in Grasnarben sind ungenutzte Flächen, die den Ertrag reduzieren und willkommene Platzangebote für Unkräuter darstellen. Dadurch nehmen die Futterqualität und der Futterertrag von Wiesen ab und der Unkrautdruck steigt. Unerwünschte Pflanzen wie zum Beispiel Blacken breiten sich an solchen offenen Stellen schnell aus und müssen danach mit mühsamer Handarbeit oder einem gezielten Herbizideinsatz entfernt werden. Bei herkömmlichen Übersaaten wird Saatgut auf die gesamte Wiesenfläche gestreut, obwohl meist nur zirka 20 bis 30 Prozent Lücken in den Beständen vorhanden sind. Das meiste Saatgut fällt auf bestehende Pflanzen und hat wegen fehlendem Bodenschluss kaum Chancen aufzulaufen. Bis zu 80 Prozent des Saatgutes wird dadurch nutzlos auf die Wiesen gesät.

Landwirte zögern daher meist zu lange mit Übersaaten, weil sie die hohen Kosten scheuen. Ein neues Verfahren bietet nun die Möglichkeit, Lücken schon frühzeitig und gezielt zu schliessen. 

Automatisierte Erkennung von Lücken

In Zusammenarbeit mit der Krummenacher Saattechnik AG, Dietwil, und dem Forschungsinstitut für Mikroelektronik (CSEM), Neuchâtel, entwickelte Agroscope ein automatisches Verfahren für die ortsspezifische Wiesenübersaat. Mit einer Industriekamera an der Front des Traktors werden während der Fahrt auf einer Arbeitsbreite von drei Metern konstant farbige Bildstreifen aufgenommen. Ein Bordcomputer mit einem eigens entwickelten Algorithmus wandelt diese Farbbilder in ein Schwarz-Weiss-Bild um. Die weissen Stellen zeigen den detektierten «Grünbereich», also das Gras, und der schwarze Bereich bildet den vegetationslosen Boden ab. Die Bilder der gesamten Arbeitsbreite sind in acht Streifen mit einer Breite von 37,5 cm aufgeteilt, die je einem Säventil entsprechen. Wird auf einem Einzelbild von 37,5 × 37,5 cm weniger als 25 Prozent Grünbereich detektiert (rot), öffnet das betreffende Ventil und das Saatgut wird ortsspezifisch in die Lücke appliziert. Ragt eine Lücke über einen Einzelbildbereich hinaus über zwei Streifen, wird bei Bedarf automatisch das benachbarte Ventil geöffnet.

In Kürze

Mit Wiesenübersaaten sollte nicht allzu lange zugewartet werden, damit Futterverlust und Unkrautdruck möglichst tief gehalten werden. Mit dem ortsspezifischen Verfahren können je nach zu übersäenden Lücken gegenüber der vollflächigen Wiesenübersaat bis zu 80 Prozent des Saatgutes und zirka 180 Fraken pro Hektare an Saatgutkosten eingespart werden. Das Gerät für die ortsspezifische Wiesenübersaat kann gut auf bestehende Wiesenpflegegeräte aufgebaut werden. Es befindet sich aktuell in der Praxiserprobung und ist zurzeit noch nicht auf dem Markt erhältlich.

Saatgut zirkuliert

Bei herkömmlichen Sämaschinen führen die Saatgutleitungen vom Saatguttank direkt zu den Sädüsen und beim Säen strömt konstant Saatgut durch diese Leitung zum Boden. Das neu entwickelte automatische Verfahren besitzt in jeder Saatgutleitung direkt über den Sädüsen ein Y-Ventil, wodurch das Saatgut entweder im Zirkulations-Modus wieder zurück in den Saatguttank oder dann zu den Sädüsen geleitet wird. Dadurch ist sichergestellt, dass jederzeit bei allen acht Ventilen die eingestellte Saatgutmenge zur Verfügung steht.

Wird eine Lücke in der Grasnarbe detektiert, erfolgt vom Bordcomputer ein Signal an das Ventil in der entsprechenden Saatgutleitung und eine Umstellklappe öffnet den Ventilausgang. Das Saatgut wird bei geöffnetem Ventilausgang durch einen Luftvolumenstrom auf den Boden geblasen. Untersuchungen haben gezeigt, dass sich auch nach 50-fachem Zirkulieren die Durchmischung der Samen nur unbedeutend vermindert hat. Die Keimfähigkeit aller Samenarten in der Mischung wurde trotz des stetigen Zirkulierens nicht beeinträchtigt.

Fahrgeschwindigkeit

Die Software inklusive Kamera ist auf eine maximale Fahrgeschwindigkeit von zirka 12 km / h ausgelegt. Bei solch hohen Fahrgeschwindigkeiten nehmen aber auf unebenen Wiesen und Weiden die Vibrationen und Nickbewegungen des Traktors stark zu. Starke Bewegungen der Kamera beeinträchtigen die präzise Erfassung der Wiesenoberfläche, wodurch die Detektion von Lücken an Präzision verliert. Beim häufig angewendeten Walzen oder auch beim Striegeln werden in der Regel tiefere Geschwindigkeiten gewählt, was dem neuen Verfahren gut entspricht.

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Ausschnitt aus Bildaufnahme von Wiesenstreifen (links) und durch die Software detektierte, rot markierte Lücken (rechts).

(Bild: Markus Sax)

Viel Saatgut wird eingespart

In Praxisversuchen haben wir auf verschiedenen repräsentativen Wiesenflächen einzelne Wiesenstreifen von 20 bis 40 m Länge eingemessen und mit Traktor und Sämaschine behandelt. Auf diesen Standorten lag die Fläche der detektierten Lücken zwischen zehn bis 20 Prozent. Die Auswertungen zeigten, dass vom Saatgut nur gut 20 Prozent appliziert und 80 Prozent eingespart werden konnte im Vergleich zur Übersaat der gesamten Versuchsfläche. Ausgehend von einer Saatmenge von zirka 15 kg / ha für eine Übersaat und Saatgutkosten von 15 Franken pro Kilogramm, können mit der ortsspezifischen Wiesenübersaat Saatgutkosten von zirka 180 Franken pro Hektare eingespart werden. Da die Lücken meist vegetationslos sind, entspricht die Übersaat eigentlich einer Neuansaat. Dies rechtfertigt eine höhere Saatgutmenge als dies bei herkömmlichen Übersaaten der Fall ist. Die Saatgutmenge darf gut und gerne zirka drei Viertel einer Neuansaatmenge sein, was aber in der Praxis noch eingehender zu untersuchen ist. Die Saatguteinsparung sollte Anlass genug sein, um Übersaaten möglichst frühzeitig auszuführen und dem Unkraut keine Lücken anzubieten. Falls eine Übersaat nicht gelingt – was bekanntlich in der Praxis nicht selten der Fall ist – dann kann diese ohne grosse Kosten wiederholt werden, um die Lücken doch noch zu schlies-sen.

Vielfältige Aufbaumöglichkeiten

Die Säeinheit kann auf verschiedenste Wiesenpflegegeräte aufgebaut werden. Für die ersten Praxisversuche bauten wir die Säeinheit auf eine zur Verfügung stehende Cambridgewalze auf. Mit der Walze wurde das in die Lücken der Grasnarbe applizierte Saatgut auf den Boden angepresst und dadurch ein guter Bodenschluss erzielt. Dies führte zu idealeren Keimbedingungen, als bei losem Aufliegen des Saatgutes auf dem Boden. 

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