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Betriebsführung

Risiken definieren, einschätzen und absichern

Was gibt es für Risiken in den verschiedenen Bereichen der Versicherungen? Wie müssen diese eingeschätzt und abgesichert werden? Die Experten von Agrisano und Agriexpert geben Antwort auf eine Auswahl von häufig gestellten Fragen.

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Viele Landwirte arbeiten weiter, auch wenn sie krank sind oder einen Unfall hatten. Müssen sie das wirklich oder was sind die Alternativen?

Dies ist eine Frage, welche nicht mit rein sachlichen Argumenten beantwortet werden kann. Spontan kann gesagt werden, nein, müssen sie nicht. Wurde eine Taggeldversicherung in genügender Höhe abgeschlossen, kann ein Betriebshelfer angestellt werden. Zudem unterstützt zum Beispiel die Agrisano die Bezahlung eines solchen Betriebshelfers unter gewissen Umständen. Bei näherem Hinsehen relativiert sich dies. Taggelder, wenn sie denn in genügend grosser Höhe abgeschlossen wurden, setzen oft erst nach einer Wartefrist von 30 Tagen ein. Betriebshelfer sind nicht immer einfach zu finden und die Arbeitsabläufe sind auf jedem Betrieb sehr individuell. Hinzu kommt, dass es schliesslich nicht nur eine Arbeit ist, welche zu erledigen ist, sondern es ist die Existenz des Landwirts und im Betrieb und den Arbeiten steckt viel Herzblut. Ebenfalls kann die Arbeit in Phasen von Krankheit oder Unfall optimiert, beziehungsweise reduziert werden oder andere Familienmitglieder übernehmen einen Teil der Arbeiten. Von Vorteil ist sicher, wenn die wichtigsten Arbeiten innerhalb der Familie oder des Betriebes von einem Stellvertreter übernommen werden können, um kurzfristige Ausfälle abzudecken.

Hanspeter Flückiger, Leiter Versicherungen, AgrisanoStiftung

Die Bauernfamilie ist lediglich im Rahmen der 1. Säule obligatorisch versichert. Diese deckt nach einem Schicksalsschlag und im Alter das Existenz minimum ab. Wie sorgt sie optimal vor?

Selbständigerwerbende, und in der Landwirtschaft auch die im Betrieb mitarbeitenden Familienmitglieder, sind nur in der 1. Säule obligatorisch versichert. Diese deckt bekanntlich das Existenzminimum ab. Der gewährte Freiraum ist nützlich, denn so ist es möglich, zu vorteilhaften Konditionen eine Deckung abzuschliessen, die auch dem Bedürfnis der jeweiligen Person entspricht. Den Bauernfamilien wird beim Aufbau ihrer Vorsorge aber auch eine grosse Verantwortung übertragen. 

Die Auseinandersetzung mit der Frage, was ein Schicksalsschlag für finanzielle Konsequenzen haben könnte, ist unangenehm und wird gerne verdrängt. Dies kann schwerwiegende Folgen haben. Dass im Falle eines Ausfalls des Betriebsleiters erhebliche Kosten anfallen, die über eine Risikoversicherung bei Invalidität und im Todesfall abzudecken ist, ist meistens noch naheliegend. Es ist jedoch entscheidend, dass diese Fragen für alle Personen gestellt werden, die im Betrieb tätig sind. Der Bäuerin kommt auf einem Landwirtschaftsbetrieb nicht nur im Haushalt eine grosse Bedeutung zu. Sie ist heute nebst der Familienbetreuung in zahlreiche betriebliche Tätigkeiten eingebunden und ein Ausfall hätte gravierende Folgen. Für sie ist im gleichen Rahmen wie für den Betriebsleiter der Vorsorgebedarf zu ermitteln, um entsprechende Risikoversicherungen abzuschliessen. Das Gleiche gilt für alle übrigen auf dem Betrieb mitarbeitenden Familienmitglieder. Solange diese Personen keine familiären Verpflichtungen haben, steht für sie der Versicherungsschutz im Invaliditätsfall im Vordergrund. Darüber hinaus ist es wichtig, dass sich die Bauernfamilien rechtzeitig Gedanken zu ihrer Altersvorsorge machen. Auch hier gilt, dass die 1. Säule, also die AHV, das Existenzminimum abdeckt. Der Betrieb, Wohnraum für das Alter und private Ersparnisse stellen wichtige Ergänzungen dar. Daneben sollte aber auch rechtzeitig mit dem steuerlich privilegierten freiwilligen Vorsorgesparen begonnen werden.

Die Agrisano Prevos und die Agrisano Stiftung bieten Vorsorgelösungen an, die es allen Familienmitgliedern ermöglichen, sich bedarfsgerecht und zu vorteilhaften Konditionen abzusichern. Die Agrisano-Regionalstellen legen grossen Wert auf eine kompetente und auf die Bedürfnisse der Landwirtschaft ausgerichtete Vorsorgeberatung.

Christian Kohli, Geschäftsführer, Agrisano Pencas und Agrisano Prevos

Ein Bauernhof bringt ein grosses Inventar mit sich. Wie wirddieses optimal versichert?

Grundsätzlich sollten für die Risiken Feuer, Elementar, Wasser und Diebstahl eine Betriebssachversicherung abgeschlossen werden. Bei dieser Versicherung handelt es sich um eine sogenannte Vollwertversicherung, das heisst, die Versicherungssumme entspricht dem vollen Wert der gesamten Fahrhabe. Die Ermittlung der richtigen Versicherungssummen ist von zentraler Bedeutung, denn bei einer Unterdeckung wird im Schadenfall gekürzt. Am besten wird dazu ein Inventar erstellt: dem Betrieb dienende Sachen wie Mobiliar, Einrichtungen, Apparate, Maschinen, Werkzeuge, Geräte für Feldarbeiten, Anhänger usw. werden zum Neuwert, Tiere, Waren und Naturerzeugnisse zum Marktpreis und selbstfahrende Fahrzeuge und Arbeitsmaschinen, sowie Fahrnisbauten wie Plastiktunnel, Rautenhallen, Abdeckfliese, Hagelnetze usw. zum Zeitwert bewertet. Für die Inventaraufnahme sind die Inventarlisten der einzelnen Versicherer sehr hilfreich.

Je nach Betrieb können einzelne Risiken speziell versichert werden (kontaminierte Milch, Übergärung, Glasbruch, usw.). Je nach Situation und persönlichen Bedürfnissen kann für einzelne Fahrzeuge oder auch Maschinen eine Kaskoversicherung sinnvoll sein. Empfehlenswert ist auch die Ertragsausfallversicherung, welche ebenfalls als Zusatzversicherung in der Betriebssachversicherung abgeschlossen wird. Damit ist beispielsweise die Ertragseinbusse infolge einer Brandkatastrophe gedeckt. Je grösser der Betrieb, desto komplexer ist der individuelle Bedarf. Am besten wird dies mit einer kompetenten Fachperson angeschaut.

Thomas Hauri, Agrisano Stiftung

Macht es Sinn, das Einkommen in der Buchhaltung tief zu halten,um Steuern zu sparen?

Grundsätzlich macht es natürlich Sinn, das Einkommen eher tief zu halten. Es gibt zwei Alarmstufen: Zu hohe oder zu tiefe Steuern. Die Steuerbelastung ist zu hoch, wenn die Gesamtbelastung über 30 bis 40 Prozent liegt. Hier liegt irgendwo ein Fehler vor. Man sollte den Betrieb analysieren und darauf basierend einen langfristigen Plan erstellen, welche Umstrukturierungen nötig sind und vollzogen werden können.

Die zweite Alarmstufe ist, wenn die Gesamtbelastung durch Steuern unter zehn Prozent des Einkommens liegt. Hier treten Fragen auf: Ist der Betrieb wirklich so schlecht dran? Oder können Änderungen bei Buchhaltung und Steuerdeklaration vorgenommen werden? Falls nicht, sollte auch hier die Betriebsführung in Frage gestellt werden.Ein zu tief deklariertes Einkommen kann Probleme mit sich bringen, indem empfindliche Versicherungslücken (insbesondere bei Invalidität) entstehen. Die Höhe der Invalidenrente ist abhängig vom AHV-pflichtigen Einkommen. Grundsätzlich gilt, je höher das Einkommen war, desto höher ist die Invalidenrente. Wie viel der Rente ausbezahlt wird, hängt vom Invaliditätsgrad ab. Hier wird es bei sehr tiefen deklarierten Einkommen problematisch: Erst wird das Einkommen ermittelt, das ohne den Gesundheitsschaden erzielt werden konnte. Dieses ist unter anderem abhängig vom deklarierten Einkommen auf der Steuererklärung. Vom deklarierten Einkommen wird das Erwerbseinkommen abgezogen, das nach dem Gesundheitsschaden und nach der Durchführung von Eingliederungsmassnahmen (z. B. Umschulung) auf zumutbare Weise erreicht werden könnte. Letzteres ist unabhängig davon, ob dieses Einkommen tatsächlich erzielt wird. Daraus ergibt sich ein Fehlbetrag: die invaliditätsbedingte Erwerbseinbusse.

Dieser in Prozent ausgedrückt ergibt den Invaliditätsgrad. Hatte also ein Landwirt vor dem Gesundheitsschaden ein Einkommen von 35 000 Franken und er könnte nach einer Umschulung als Hauswart oder in einem Büro trotz Gesundheitsschaden aufgrund der leichteren Arbeit mehr arbeiten, würde er dort vielleicht ebenfalls 35 000 Franken verdienen. Somit wäre der Invaliditätsgrad gleich null und es gibt keine Invalidenrente. Hätte er aber die Möglichkeit gehabt, das Einkommen höher zu deklarieren, beispielsweise 65 000 Franken, läge der Invaliditätsgrad bei 54 Prozent. Hier würde er die halbe Invalidenrente erhalten.

Auch wenn Invalidität privat versichert ist, muss man aufpassen, denn auch diese basiert meist auf der Einschätzung der Invalidenversicherung. Die Agrisano bietet in diesem Bereich im Rahmen der Säule 3b verschiedene Lösungen an, welche einen zusätzlichen Schutz ermöglichen.

Im Hinblick auf diese Probleme ist klar: Die Steuerersparnis bei einem tiefen Einkommen ist klein und da muss sich jeder fragen: Ist mir die kleine Ersparnis das damit einhergehende Risiko wert?

Martin Würsch, Leiter Agriexpert

Welche Risiken können mit einer Gesamtversicherungsberatung abgedeckt werden? Und welche Risiken sind die grössten Knackpunkte für die Bauernfamilien?

Eine Gesamtversicherungsberatung hat verschiedene Zwecke. In einem ersten Schritt werden die Risiken definiert. Viele Risiken sind in den verschiedenen Betrieben ähnlich – zuvm Beispiel besteht auf beinahe jedem Betrieb die Möglichkeit, dass eine Scheune abbrennt. In einem zweiten Schritt wird entschieden, wie mit den definierten Risiken umgegangen wird. Jedes Risiko sollte hier separat auf den Betrieb abgestimmt bewertet werden. Beispielsweise stellt Betrieb A nur einen alten Anhänger in die Scheune, die abbrennen könnte. Sonst wird die Scheune nicht wirklich gebraucht. Betrieb B hingegen verarbeitet in der Scheune Lebensmittel für den Verkauf im Hofladen oder für den Grossverteiler. Er benötigt also die Scheune als Arbeitsort. Hier sieht man schnell: Betrieb B verliert eine Arbeitsgrundlage bei einem Brand – Betrieb A hingegen stellt den alten Anhänger nun einfach nach draussen. Die Folgen des Risikos «Brand der Scheune» wird also bei Betrieb A tiefer eingeschätzt als beim Betrieb B und der Versicherungsschutz passend angelegt. In einem dritten Schritt wird der bestehende Versicherungsschutz analysiert und im letzten, vierten Schritt, werden mögliche Lücken identifiziert und geschlossen. Betrieb B beispielsweise verarbeitete bei der letzten Versicherungsüberprüfung noch keine Lebensmittel in der Scheune – es fand also eine Umnutzung statt, welche das Risiko eines Ausfalls erhöht hatte. Dies wird nun in diesem letzten Schritt angepasst und der Betrieb ist wieder optimal geschützt.

Ein Knackpunkt im Allgemeinen einer Gesamtversicherungsberatung ist die Gewichtung der Risiken, also die Beurteilung und Abschätzung, welche Risiken für jemanden relevant sind und welche Folgen daraus entstehen könnten. Ein weiterer Knackpunkt, aber elementar in der Beratung, ist die Beurteilung des Vorsorgebedarfs bei Alter, Tod oder Invalidität. Neben dem Entscheid, was mit dem Betrieb in so einem Fall passieren soll, worauf die Vorsorge ausgerichtet wird, ist die Berechnung der Leistungen aus den 3. Säulen recht anspruchsvoll.

Hanspeter Flückiger, Leiter Versicherungen, Agrisano Stiftung

Welche Versicherungspflichten hat ein Landwirt gegenüber seinenAngestellten?

Die Versicherungspflichten ergeben sich aus den gesetzlichen Vorgaben sowie, in der Landwirtschaft speziell, aus den kantonalen Normalarbeitsverträgen (NAV). Gesetzlich obligatorisch sind: AHV, Unfallversicherung (UVG) und Pensionskasse (BVG). Nicht gesetzlich, aber gemäss Normalarbeitsvertrag zu versichern ist ein Krankentaggeld.

Ebenfalls hat der Landwirt, zumindest wenn sein Angestellter in seinem Haus wohnt, gemäss OR (Art.328a) und teilweise gemäss NAV dafür zu sorgen, dass seine Angestellten über eine Krankenpflegeversicherung verfügen.

Die Agrisano bietet mit der «Globalversicherung» eine einfache und kostengünstige Lösung, mit welcher der Landwirt seine Angestellten umfassend versichern kann.

Hanspeter Flückiger, Leiter Versicherungen, AgrisanoStiftung

Mit dem Traktor wird ein Auto gestreift oder noch schlimmer, es kommt eine Person zu Schaden und es endet in einem teuren Rechtsstreit. Wie kann man sich davor schützen, um nicht sein ganzes Vermögen zu verlieren?

Ein Unfall kann, sollte aber nicht passieren. Trotzdem ist der beste Tipp, den ich hier geben kann, vorsichtig zu fahren, um das so gut wie möglich zu vermeiden. Bei Motorfahrzeugen sind die Zulassung, Betriebssicherheit, die fachmännische Wartung und Haftpflichtversicherung immens wichtig. Der Fahrer und Halter des Fahrzeugs ist für die Betriebssicherheit verantwortlich. Der Fahrer selbst muss fahrtüchtig und hellwach sein. Selbstverständlich muss er über den entsprechenden Fahrausweis verfügen.

Falls trotzdem ein Unfall passiert und eine Person zu Schaden kommt, bezahlt die Haftpflichtversicherung den Schaden. Wenn aber eine Pflichtverletzung vorliegt, wie zum Beispiel Fahren ohne Führerschein, kann die Versicherung Regress nehmen. Das heisst, die Versicherung bezahlt den Schaden und verlangt einen Teil des Schadens bei jener Person zurück, welche den Schaden fahrlässig oder grobfahrlässig verschuldet hat. Bei Personenschäden können die Kosten hier in die Millionen gehen: Es wird der wirtschaftliche Wert vom Beschädigten geschätzt. Dieser hängt vom Einkommen und auch dem zukünftigen Einkommen ab. Bei einem Schüler zum Beispiel wird ein fiktives Einkommen berechnet, was dieser hätte verdienen können.

Wie gross der Regress ist, hängt von der Schwere der Pflichtverletzung ab. Anwälte und Haftpflichtversicherungen versuchen bei hohen Schäden sämtliche Pflichtverletzungen zu entdecken. Fahren Sie vorsichtig. Achten Sie unter anderem darauf, dass Verkehrsregeln beachtet werden, der Fahrer ausgeruht und fahrtüchtig ist, das Fahrzeug betriebssicher und gewartet mit korrekt gesicherter Ladung und nicht überladen auf den Strassen unterwegs ist. Je mehr Fehler auftreten, desto schwieriger wird es für den Schuldigen, den Regress abzuwenden.

Nebst den Kosten gibt es aber noch eine zweite Seite: die psychische Belastung. Wenn man weiss, man hätte verhindern können, dass eine Person stirbt oder im Rollstuhl sitzt, wird das psychisch sehr belastend sein. Deshalb gilt: Jedes Mal, wenn man in ein Fahrzeug steigt, muss man selbst fahrtüchtig sein und das Fahrzeug muss zugelassen, versichert und betriebssicher sein – ob man nun im Stress ist oder nicht.

Martin Würsch, Leiter Agriexpert

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