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Pflanzenbau

Herbizidresistenzen auf dem Vormarsch

Fälle von herbizidresistenten Unkräutern sind über das ganze Schweizer Mittelland und das Wallis verbreitet. Betroffen sind hauptsächlich der Ackerbau, aber auch der Weinbau. Die Resistenzbildung lässt sich mit verschiedenen agronomischen Massnahmen und einer sinnvollen Anwendung von Herbiziden begrenzen. Ab 2023 gibt es zudem ein neues HRAC-Klassifizierungssystem für die Wirkmechanismen der Herbizide.

Gewächshausversuche an Raygras-Pflanzen zeigen herbizidresistente Individuen.

Gewächshausversuche an Raygras-Pflanzen zeigen herbizidresistente Individuen.

(Agroscope)

Publiziert am

Agroline/ Pflanzenbauberater

Agroscope/ Leiterin Herbologie Ackerbau

Fälle von Herbizidresistenzen betreffen die ganze Schweiz. Dieses Phänomen betrifft zurzeit vier Gräser: den Gemeinen Windhalm, den Ackerfuchsschwanz, das Italienische Raygras und seit Kurzem die Bluthirse. Das Gleiche gilt auch für einige zweikeimblättrige Unkräuter wie den Weissen Gänsefuss, das Kanadische Berufskraut und das Südamerikanische Berufskraut. Um dieser Problematik entgegenzuwirken, teilt die Organisation «Herbicide Resistance Action Committee» (HRAC, ein internationaler Verbund verschiedener Akteure, um Massnahmen gegen Herbizidresistenzen zu entwickeln) die Herbizide nach ihren biochemischen Wirkungsweisen in Gruppen ein. Diese Gliederung ist wichtig, da sie Strategien zur Vermeidung von Resistenzen ermöglicht, ohne dass ein umfassendes Wissen erforderlich ist. In diesem Rahmen führt Agroscope seit 2011 ein Monitoring durch, mit dem die Entwicklung von Resistenzen beobachtet werden kann. Diese Entwicklung kann auf der Website der Gruppe Herbologie Ackerbau nachvollzogen werden. Jeweils zum Jahresbeginn wird die Seite aktualisiert.

Agronomische Hebel

Zur Senkung des Unkrautdrucks gibt es eine Reihe von agronomischen Hebeln und Pflanzenschutzmassnahmen, die während der gesamten Fruchtfolge angewendet werden können. Allgemein ist eine vielfältige Fruchtfolge wichtig, um den Konkurrenzdruck, den die verschiedenen Kulturen auf die Unkräuter ausüben, zu verstärken. Zudem ist es möglich, über drei bis vier Jahre Grasland in die Fruchtfolge zu integrieren, damit sich der Unkraut- Samenvorrat im Boden in die gewünschte Richtung entwickelt. Massnahmen zur Verhinderung der gefürchteten Resistenzen sind im Folgenden aufgeführt.

Sommerungen und Winterungen

Wechselnder Anbau von Herbst- und Frühjahreskulturen. Da jedes Unkraut seine optimale Keimzeit hat, reduziert sich so der Druck durch Ungräser. Hingegen fördert eine Fruchtfolge, die nur aus Herbstkulturen besteht, jene Gräser, die zu dieser Zeit keimen, wie beispielsweise den Ackerfuchsschwanz oder Raygräser.

Saattermin abwägen

Den Saattermin sorgfältig wählen, da dieser die Unkrautentwicklung stark beeinflusst. Auf einer Anfang Oktober gesäten Fläche, mit einem starken Ackerfuchsschwanz- und Raygrasdruck, wachsen weitaus mehr Ungräser pro Quadratmeter, als wenn die Aussaat einen Monat später erfolgt. Eine späteren Aussaat ermöglicht es, die Ungräser auf einem falschen Saatbeet abzutöten und ihre bevorzugte Auflaufperiode zu vermeiden. Ziel ist, beim Auflaufen des Getreides eine unkrautfreie Parzelle zu haben.

Den Pflug gezielt einsetzen

Bei Problemen mit der Unkrautbekämpfung in der Vorkultur kann sich gelegentliches Pflügen als sehr nützlich erweisen. So wird mit einer gesäuberten Fläche ein Neuanfang gemacht. Zudem führt diese Massnahme dazu, dass das Keimen von im Boden vorhandenen Samen jährlich abnimmt.

Versamen vermeiden

Unkräuter, die nicht erfolgreich bekämpft werden konnten, nicht absamen lassen. Dadurch wird ihre Vermehrung eingedämmt. Hierzu ist unter Umständen das Umbrechen der betroffenen Fläche hilfreich. Die Maschinen, insbesondere Erntemaschinen, vor dem Verlassen befallener Parzellen reinigen. Dies verhindert, dass die Unkrautsamen auf weitere Flächen verschleppt werden.

Hacke und Co.

Eine mechanische Unkrautbekämpfung durchführen. Dadurch können keine Resistenzen entstehen, und es erübrigt den Einsatz von Herbiziden. Damit die Wirksamkeit ausreicht, ist bei diesem Eingriff insbesondere in Bezug auf die Feuchtigkeit und Nässe eine gute Bodenbeschaffenheit erforderlich. Dieses Verfahren ist allerdings bei der Bekämpfung von Ungräsern komplizierter.

Schneller Aufgang

Dafür sorgen, dass die Hauptfrucht den Boden rasch bedeckt, um mit dem Auflaufen von Unkräutern zu konkurrieren. Hier können Sortenwahl, Saatdichte und die Wahl einer geeigneten Zwischenfrucht entscheidend sein.

Phytosanitäre Massnahmen

Der Unkrautdruck lässt sich auch durch eine sinnvolle Wahl von Herbiziden verringern. Nachfolgend sind die dafür erforderlichen Massnahmen aufgelistet.

Herbizide abwechseln

Während der gesamten Fruchtfolge die Wirkmechanismen der Herbicide (HRAC-Code) abwechseln. Nur so kann das Entstehen von Resistenzen verhindert werden. Es reicht aber nicht, auf ein Produkt mit einem anderen Handelsnamen, aber mit dem gleichen Wirkstoff zurückzugreifen. Vielmehr sind die HRAC-Gruppen zu identifizieren, die zur Bekämpfung verschiedener Problemunkräuter eingesetzt werden. Idealerweise führt man Protokoll.

Während der gesamten Fruchtfolge die Wirkmechanismen der Herbizide abwechseln.

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Bei der Applikation von Herbiziden sollte die vom Hersteller angegebene Vorgehensweise unbedingt eingehalten werden. 

Dem Herbst Beachtung schenken

Im Herbst das Getreide im Vorauflauf behandeln. Im Vergleich zu einer Nachauflaufbehandlung im Frühjahr hat eine Unkrautbekämpfung im Herbst unter günstigen Bedingungen eine bessere Wirkung. Möglich ist auch die Verwendung von anderen, üblicherweise im Frühling eingesetzten Produkten der HRAC-Gruppen.

Nach Anleitung vorgehen

Bei Herbiziden, für eine optimale Wirkung die empfohlene Aufwandmenge verwenden. Eine geringere Aufwandmenge ist nur unter bestimmten Bedingungen sinnvoll (zum Beispiel Qualität der Applikation, Wetterbedingungen oder Entwicklungsstadium der Unkräuter). Zudem müssen die Voraussetzungen für die Behandlung erfüllt sein. So muss die Luftfeuchtigkeit über 60 Prozent betragen, die Temperatur unter 23 Grad liegen, und der Wind sollte möglichst schwach sein, damit das Produkt nicht verweht wird.

Produkteigenschaften kennen

Über gute Kenntnisse des verwendeten Produkts verfügen, um es im richtigen Pflanzenstadium anzuwenden. Wird ein Bodenherbizid im Vorauflauf, zum Beispiel auf bereits aufgelaufenes Unkraut, ausgebracht (oder ein Blattherbizid auf entwickelte Gräser), hat es nicht die erforderliche Wirksamkeit. Ausserdem sollte bei hohem Unkrautdruck auf die Wahl eines geeigneten und wirksamen Mittels geachtet werden. Auf diese Weise kann eine Mehrfachbehandlung vermieden und folglich auch das Risiko der Resistenzbildung verringert werden. Die Umsetzung all dieser Massnahmen ist nicht einfach. Deshalb lohnt es meist, ein regionales Pflanzenbau-Beraterteam zu Rate zu ziehen.

Änderungen beim HRAC-Klassifizierungssystem

Die alphabetischen Codes der HRAC-Gruppen wurden durch numerische Codes ersetzt (siehe Tabelle mit Beispielen zu den Änderungen). Des Weiteren wurden fünf neue HRAC Gruppen mit neuen Wirkmechanismen hinzugefügt, chemischen Familienbezeichnungen überarbeitet und fünfzehn neue Wirkstoffe aufgenommen. Diese Änderungen wurden aus folgenden Gründen eingeführt: Mit der überarbeiteten Klassifizierung ist es möglich, neue Wirkstoffe aufzunehmen, sicherzustellen, dass die Klassifizierung den Stand der Wissenschaft abbildet, und ein weltweit geltendes, harmonisiertes System zu schaffen.

Unser Tipp

Nachgewiesene Resistenz auf einer Parzelle

Wird bei einem Unkraut eine Resistenz nachgewiesen, ist es wichtig, den betreffenden Wirkstoff (wie Iodosulfuron) sowie die HRAC-Gruppe (beispielsweise HRAC 2) zu kennen und folgende Massnahmen zu ergreifen:

– Produkte der betreffenden HRAC-Gruppe nicht mehr gegen dieses resistente Unkraut verwenden.

– Produkte aus anderen wirksamen HRAC-Gruppen anwenden, indem sie in der Rotation abgewechselt werden.

– Die zur Verfügung stehenden agronomischen Hebel einsetzen.

Bei einem Resistenzverdacht auf der Fläche, kann der regionale Pflanzenschutzdienst kontaktiert werden. Proben von allfälligen Verdachtsfällen können zur Analyse an Agroscope geschickt werden.

Weitere Information

Karte der Schweiz mit den jeweils aufgetretenen Resistenzen (Agroscope)

Ansprechpartner beim Team Agroline

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