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Pflanzenbau

Zmittag für den Boden

Zur aktuellen Anbaupraxis der regenerativen Landwirtschaft gehört die Flächenrotte. Sie ist aber auch eine Option für alle Bewirtschaftungsrichtungen, wo die Böden und im Besonderen deren Mikroben gefüttert und fit gemacht werden sollen. Während der Rotte werden nämlich grosse Mengen von grünem, organischem Material in kurzer Zeit im Boden verstoffwechselt.

Eine frisch angesetzte Flächenrotte. Hier wurde die frische organische Masse an der Oberfläche mit der Erde gemischt, um die Flächenrotte in Gang zu bri...

Eine frisch angesetzte Flächenrotte. Hier wurde die frische organische Masse an der Oberfläche mit der Erde gemischt, um die Flächenrotte in Gang zu bringen. 

(Simon Jöhr)

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Aktualisiert am

Ressortleiter Beratung Emmental Waldhof, Inforama

Bei der Flächenrotte werden stehende Gründüngungen entweder direkt oder in einem Zwischenschritt zerkleinert und maschinell mit dem Boden in Kontakt gebracht. Ist viel pflanzliches Material vorhanden, sollte der Pflanzenbestand vorher gemulcht werden. Da, je nach Art in den Gründüngungspflanzen, kein oder nur wenig verholztes Gewebe vorhanden ist, werden die in ihnen enthaltenen Kohlenhydrate, Eiweisse und Fette sehr rasch umgesetzt. So ist die Flächenrotte die am schnellsten wirksame und leistungsfähigste Art, organisch zu düngen. Die Umsetzung im Boden ist ein Stoffwechselprozess wie im Magen von Wiederkäuern. Konkret bedeutet dies, dass die Flächenrotte durch die Enzymaktivität der Mikroben stattfindet und ähnlich abläuft wie der Aufschluss von Gräsern im Pansen. Pflanzenfermente (mit effektiven Mikroorganismen, EM), welche bei der Rotte flüssig beigefügt werden können, haben zum Ziel, die Rotte, ähnlich wie der saure Pansensaft oder milchsaure Futterzusätze, zu stimulieren.

Die Umsetzung im Boden ist ein Stoffwechselprozess wie im Magen von Wiederkäuern.

Was in der Rotte passiert

Eine gängige Flächenrotte dauert in der Zeit von Ende Mai bis Mitte September rund 10 bis 14 Tage. Die sehr trockenen Sommermonate eignen sich weniger gut, da die Feuchtigkeit oft nicht ausreicht, um eine saubere Rotte in Gang zu bringen. Eine unfertige Rotte, die nach der Saat mit einsetzender Feuchtigkeit in Gang kommt, kann die Keimung hemmen. Der Rotteprozess im Boden beginnt mit einem starken Abbau des Pflanzensaftes. Dabei wird durch die schnell ansteigende Bodenatmung kurzfristig ziemlich viel CO 2 frei. So ist das locker daliegende Material kurzfristig anaerob, aber nicht faulend. Hier wirken die Fermente unterstützend. Nun wird der noch nicht veratmete Zucker aus der Grünmasse vergoren – «fermentiert». Damit entstehen grosse Mengen organischer Säuren, die den Mikroben als Energiespeicher zur Verfügung stehen. Hinzugegebene Fermente (mit EM) haben die Aufgabe, den Prozess zu stabilisieren und zu fördern. Nach der Verstoffwechselung des Zuckers nimmt die Vergärung ab, und in der lockeren Struktur des Rottehorizonts nimmt der Sauerstoffgehalt wieder zu. Dann steigt die Aktivität der Bakterien und die der Pilze rasch an. Dies kann anhand des süsslichen Geruchs, welchen der Boden aufweist, festgestellt werden. Die ansteigende mikrobielle Aktivität führt zu einem Aufbau der Huminstoffe.

Die ansteigende mikrobielle Aktivität führt zu einem Aufbau der Huminstoffe.

Welche Geräte sich eignen

Es ist wichtig, dass bei diesem Verfahren möglichst viel Erde mit Pflanzenmaterial in Berührung kommt. Daher eignet sich nicht jede gängige Technik. Korrekt eingestellte, mit Winkelmessern bestückte Fräsen eignen sich dafür am besten. Da es sich um rotierende Geräte handelt, sind die Drehzahl und die Fahrgeschwindigkeit so einzuhalten, dass der «Fünflibertest» bei der Bodenkrume noch besteht (auf ¼ m 2 mehr als 20 Stück Krumen grösser als ein Fünfliber). Auch Geohobel oder Spatenmaschinen (Imants) eignen sich sehr gut, um Flächenrotten vorzunehmen. Gezogene Geräte kommen dann zum Einsatz, wenn das Pflanzenmaterial leicht zerfällt und der zu bearbeitende Boden die Eigenschaften eines sandigen Lehms aufweist.

Gründüngungsmischungen einsetzen

Eine Gründüngung sollte vielfältig sein, damit möglichst viele Bodenmikroben angeregt und angesprochen werden. Auch diese mögen Lipide, Kohlenhydrate in verschiedenen Kombinationen und unterschiedliche Proteine. Mischungen, welche zum Beispiel explizit für die regenerative Landwirtschaft entwickelt wurden, sind sehr variabel, um Bodenmikroben anzuregen, und bestehen aus fruchtfolgeneutralen Konkurrenten zu unerwünschten Beikräutern. Hier ein paar Beispiele:

  • Buchweizen als Knöterich, um den Platz des Pfirsichblätterigen Knöterichs zu besetzen;
  • Markstammkohl, Sareptasenf und Leindotter machen Melden, Mohn, Ampfer, Disteln und Hirtentäschel den Platz streitig;
  • Sommerhafer, Sandhafer oder Badischer Landmais nehmen den Platz der Gemeinen Rispe ein.

Im Weiteren erfüllen diese Mischungen noch andere sinnvolle Aufgaben: Phacelia mobilisiert Phosphor, andere Pflanzen wie die Sonnenblume und Gewürzkräuter sowie einige Gräser regen die Mykorrhiza-Bildung an. Mykorrhiza nehmen wiederum wertvolle Funktionen wahr wie die Zwischenlagerung von Nitraten, das Erweitern des Pflanzenwurzelsystems oder den Kälteschutz der Wurzeln.

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Dominanzgemenge zwei Wochen vor der Flächenrotte. 

(Simon Jöhr)

Zeitpunkt: den Boden wie Milchkühe füttern

Die Gründüngung wird dem Boden vor dem Blühen «gefüttert». Der ideale Entwicklungsstand der Pflanzen ist dann erreicht, wenn die Pflanzen auch für Milchkühe als Silage oder Heu geerntet würden. Falls ein Bestand nicht zum idealen Zeitpunkt eingeschält werden kann, ist zwingend darauf zu achten, dass das Mulchen oder das direkte Einfräsen nicht während des Bienenflugs vorgenommen wird – Bienen lassen nicht von ihrer Arbeit ab und werden so getötet.

Herbst-Flächenrotte oder Mulch sind Alternativen

Da es aus fruchtfolgetechnischen Gründen nicht immer möglich ist, in den idealen Jahreszeiten eine Flächenrotte vorzunehmen, gibt es auch alternative Möglichkeiten, um den Boden trotzdem zu «füttern»: Vor frühen Frühjahrskulturen wie Zuckerrüben, Frühkartoffeln, Kohlarten im Gemüsebau, Frühsalaten, Leguminosen wie Erbsen kann die Flächenrotte bereits im Herbst vorgenommen werden. Dann ist es jedoch wichtig, dass der einzuarbeitende Pflanzenbestand etwas mehr Zellulose enthält als bei einer gängigen Flächenrotte. Dabei wird auch etwas mehr Ferment eingesetzt (150 Liter je Hektare). So können die Mikroben die Stabilität und den Nährstoffhaushalt im Boden sicherstellen.

Das Schlimmste für einen fruchtbaren Boden ist der nackte Zustand. Gesunde oder gesundende Böden sind entweder bewachsen oder bedeckt. So kann auch eine Mulchschicht über den Winter schützend und, wenn die Temperaturen im Winter hoch ansteigen, nährend für das Bodenleben wirken. Wer also spät Körnermais drescht, soll das Maisstroh liegen lassen. Wenn der Boden beim Drusch zu nass war und sich milde Wetterbedingungen zeigen, kann das Maisstroh gemulcht und mit Ferment eingearbeitet werden, auch dies stabilisiert und füttert die Mikroben bei Temperaturen über 5 °C den Winter hindurch. 

Fermente / effektive Mikroorganismen

Fermente beinhalten zum grössten Teil Milchsäurebakterien-Stämme, welche vor allem Zucker verwerten. Weiter sind Hefen enthalten, die wertvolle Enzyme herstellen. Auch sind wenige Photosynthesebakterien darin enthalten, welche viele positive Effekte auf die Bodenfruchtbarkeit haben.

EM (effektive Mikroorganismen) haben die Aufgabe, das Keimen von Pflanzenpathogenen zu verhindern, das heisst, organische Stoffe faulen nicht.

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Eine Fermenteinspritzung ist auch ohne Mulchvorgang möglich. Bild: zvg

(Simon Jöhr)

Unser Tipp: Flächenrotte in der Praxis

  • Die Gründüngung mulchen, wenn viel Masse vorhanden ist.
  • Dazu wird zeitnah auf die stehende oder gemulchte Fläche das Ferment appliziert (80 bis 120 Liter / ha).
  • Die Pflanzenmasse flach einarbeiten. Ist viel organische Masse vorhanden, sollte diese auf keinen Fall angedrückt werden. Ist wenig Pflanzenmasse vorhanden, kann leicht rückverfestigt werden.
  • Die Flächenrotte begleiten, indem nach fünf Tagen mit Kontrollgängen begonnen wird. Wenn ein süsslicher Duft festgestellt wird, die Strukturen krümelig und rundlich sind, ist der Boden für die Saat bereit.
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