Quer gelesen
– Durch Swissmais ist die Saatmaisvermehrung in der Schweiz zentral organisiert.
– Das agronomische Know-how der Saatmaisvermehrung stärkt die Eigenständigkeit der Schweizer Landwirtschaft.
– Durch internationale Standards kann die Schweiz ihr Saatgut weltweit handelbar machen – und bleibt zugleich Teil eines globalen Wissensaustauschs.
Spezielles Können im Anbau
Mais ist wärmeliebend. Für die Saatgutvermehrung braucht es Isolation, eine stabile Witterung und eine saubere Bestäubung. Die erfolgreichsten Sorten sind Hybride. Dafür werden zwei unterschiedliche Inzuchtlinien miteinander gekreuzt. Damit sich die Mutterpflanzen nicht selbst befruchten, wird ihre pollentragende Fahne entfernt. Zudem darf im Umkreis von 200 m kein anderer Mais angebaut werden, um Fremdpollen zu vermeiden.
Auch während der Vegetation verlangt der Saatmaisanbau höchste Sorgfalt. Bewässerung ist meist nötig, und die Ernte unterscheidet sich von der normalen Körnermaisproduktion: Die Kolben werden als Ganzes geerntet, getrocknet und einzeln gedroschen. Das erfordert grosses Fachwissen und eine entsprechende technische Ausrüstung – angefangen beim Kolbenpflücker.
Regionale, aber doch zentrale Koordination
Seit den 1950er-Jahren entwickelte sich die Maisvermehrung in der Schweiz schrittweise. Zunächst dominierten die von den agronomischen Stationen in Oerlikon und Lausanne gezüchteten «Orla»-Sorten. Die Maissaatgutproduktion wurde vom Schweizerischen Saatzuchtverband (SZV-FSS) organisiert und in Lenzburg aufbereitet. Mit dem zunehmenden Einsatz ausländischer Sorten und der Branchenrestrukturierung 1995 entstand 1997 Swissmais, um die Produktion regional zu koordinieren. Swissmais erhält von den Zuchtfirmen KWS und Limagrain den Auftrag, bestimmte Sorten und Mengen zu vermehren – derzeit LG32.257, KWS Glasgo, KWS Bajeno, KWS Galismo, KWS Adorado, Armoreen und Wesley (siehe Mais Top 10 2026) sowie einige DSP Delley-Linien.
Die vermehrenden Betriebe erhalten technisches Wissen und maschinelle Unterstützung. Sind sie in einer der zwei offiziellen Vermehrungsregionen (Waadtländer Côte und Rheintal), erleichtert dies die Koordination. Die Aufbereitung erfolgt in der Saatgutzentrale ASS in Moudon. «Früher organisierte die Vermehrung der Schweizerische Saatzuchtverband SZV-FSS», sagt Matthieu Pasquier, Geschäftsführer von Swissmais. «Heute steuern wir das zentral – für die Effizienz und Qualität.»
Klimatische Grenzen und Importabhängigkeit
Früher galt das Tessin als ideales Vermehrungsgebiet. Doch zunehmende Wetterextreme mit Hitze und Trockenheit beeinträchtigten die Befruchtung stark. Seit 2018 wird dort kein Saatmais mehr produziert. «Bei hohen Temperaturen verliert der Pollen seine Lebensfähigkeit», erklärt Pasquier. Heute stammen rund 20 bis 25 % des in der Schweiz benötigten Maissaatguts aus heimischer Produktion. Der Rest wird importiert – die Top 3 Importeure sind Frankreich, Rumänien und Ungarn. Eine Erhöhung des Inlandanteils wäre wünschenswert, doch laut Pasquier ist die Produktion teuer. Da viele Sorten nur geringe Marktanteile haben und sich in der Schweiz kaum vermarkten lassen, wäre ihre Vermehrung nicht wirtschaftlich – sie werden daher importiert. «Entscheidend ist, dass das Know-how in der Schweiz erhalten bleibt», so Pasquier. Wer selbst vermehren kann, bleibt auch in Krisenzeiten handlungsfähig. Letztlich entscheidet die Nachfrage: Nur wenn Landwirtinnen und Landwirte gezielt Schweizer Saatmais verlangen, wird mehr davon produziert. Obwohl einige Sorten mit der Schweizer Flagge gekennzeichnet sind, spielt Swissness bei der Wahl kaum eine Rolle – entscheidend bleiben die technischen Eigenschaften.
Strenge Qualitätskontrollen
Die Zertifizierung von Schweizer Saatmais erfolgt in mehreren Stufen. Während des Anbaus werden Sortenechtheit und -reinheit auf Feldbesichtigungen kontrolliert. Bewertet werden Form und Farbe der Fahne, Blattstellung, Pflanzenlänge oder Kol-ben- und Körnerform. Da nicht alle Merkmale gleichzeitig sichtbar sind, finden bis zu vier Kontrollgänge statt. Für das Gebrauchssaatgut von Limagrain und KWS werden diese durch lokale Expertinnen und Experten unter der Aufsicht von Agroscope durchgeführt.
Die Beschaffenheitsprüfung erfolgt im Saatgutprüflabor von Agroscope. «Das Testen von Mais ist aufwendig, da die Körner vergleichsweise gross sind und in einem festen Medium angesetzt werden müssen», erklärt André Stucki, Verantwortlicher für die Saatgutzertifizierung bei Agroscope. Die Prüfung der Keimfähigkeit wird deshalb in Sand, Erde oder Papierrollen durchgeführt, was mit erheblichem Materialaufwand verbunden ist. Die Prüfpersonen müssen dabei vollständige Schutzausrüstung tragen, um Haut- und Augenkontakt mit der Beize zu vermeiden. Im Labor wird das Keimpotenzial unter idealen Bedingungen bewertet – mit genügend Wasser, ohne Konkurrenz und bei 25 °C. So zeigt sich das volle technische Potenzial eines Saatgutpostens. Auf Wunsch zeigt ein Kalttest zusätzlich, wie gut er auf die Frühjahrskälte reagiert.
Schweiz im internationalen Netzwerk
Dank der Mitgliedschaft im internationalen OECD-System profitiert die Schweiz von einheitlichen Standards für die Saatgutzertifizierung. Diese erleichtern den internationalen Handel, da Saatgutpartien nach denselben Kriterien geprüft und anerkannt werden. Für Schweizer Züchter wie DSP bedeutet das, dass ihre Sorten international zertifiziert und über die Landesgrenzen hinaus gehandelt werden können.
Die OECD-Mitgliedschaft schafft damit wichtige Voraussetzungen für die Weiterentwicklung der Schweizer Maiszüchtung – sie öffnet den Zugang zu internationalen Märkten und stärkt die Forschung.
Wissen erhalten – Zukunft sichern
Trotz steigender Produktionskosten sieht Pasquier die Zukunft der Schweizer Saatgutvermehrung positiv: «Für die Kontinuität wäre es wünschenswert, wenn weiterhin Betriebe Saatmais produzieren. Es ist aufwendig, aber wirtschaftlich durchaus interessant, wenn es zum Betrieb passt.»
Die Vermehrung stärkt nicht nur die regionale Wertschöpfung, sondern auch das agronomische Wissen. Denn jede Generation von Saatmais ist das Ergebnis von Präzision, Geduld und Fachkenntnis – und damit ein Stück Schweizer Landwirtschaftskultur, das es zu bewahren gilt.
Nützlinge sichern die Maisqualität
Der Maiszünsler ist und bleibt einer der gefürchtetsten Schädlinge im Maisanbau. Seine Larven bohren sich in Stängel und Kolben, schwächen die Pflanzen und öffnen Eintrittspforten für Pilze wie Fusarium. Die Folgen sind Ertragsverluste, Qualitätsmängel und erhöhte Mykotoxinwerte im Futter. Eine bewährte und umweltfreundliche Gegenmassnahme ist der Einsatz von Trichogramma-Schlupfwespen. Diese winzigen Nützlinge legen ihre Eier in jene des Maiszünslers und unterbrechen so dessen Entwicklung. Aus den parasitierten Eiern schlüpfen neue Trichogrammen, die ihrerseits wieder auf die Suche nach Zünsler-Eiern gehen – ein Kreislauf, der den Schädling dauerhaft in Schach hält. Trichogramma-Schlupfwespen können auf verschiedene Arten im Maisfeld ausgebracht werden: Agroline bietet sie als Hängesystem (Optibox, Trichocap Plus) an oder als Optikugel: kleine, biologisch abbaubare Kugeln aus Maisstärke oder Holz, die per Hand oder Drohne ausgebracht werden. Jede Kugel enthält 1100 Schlupfwespen, die nach dem Schlüpfen sofort aktiv werden. Zwei Freilassungen über rund vier Wochen decken den Flugzeitraum des Zünslers optimal ab. Die Methode ist arbeitssparend, für grosse Flächen geeignet und im Biolandbau (FiBL) zugelassen. Durch den flächendeckenden Einsatz bleibt der regionale Befallsdruck tief.







