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Pflanzenbau

Alternative Keimhemmung am Lager

Es gibt kaum wirksame Lösungen, um das Auskeimen von Speise- oder Veredelungskartoffeln zu verhindern. Die sinkende Akzeptanz für synthetische Produkte beflügelt die Entwicklung biologischer Verfahren. Dank ihrer alternativen Methoden nimmt die Lagerung von Bio-Kartoffeln eine immer stärkere Vorreiterrolle in Bezug auf die künftige konventionelle Lagerung ein.

Kartoffeln

Minzöl wirkt, indem es die sich bildenden Keime verbrennt.

(Fabien Curty)

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Veredelungs- und Pflanzkartoffeln, fenaco

Sowohl im biologischen als auch konventionellen Kartoffelanbau wird vegetativ vermehrt – das heisst, eine Knolle des Vorjahres wird ausgepflanzt und bringt mehrere neue Knollen hervor. Dabei sind dem Produzenten die verschiedenen Herausforderungen der Kulturführung bekannt. Ebenso ist er sich den finanziellen Konsequenzen bei Nichterreichen von Qualitätsansprüchen oder Soll-Erträgen bewusst. Weitaus weniger bekannt ist vielen Produzenten und einem Grossteil der Konsumenten die darauffolgende Lagerdauer. Der Lebenszyklus soll dabei mit möglichst geringfügigen Einbussen hinsichtlich Qualität und Menge hinausgezögert werden.

Ab der Pflanzung

Einflüsse auf einen optimalen Lagerverlauf beginnen nicht erst mit dem Start der Einlagerung am 1. Oktober, sondern bereits bei der Auspflanzung. Eine späte Sorte kann früh ausgepflanzt werden, aber eine frühe bis mittelfrühe Lagersorte (wie z. B. die Sorte Erika) darf hingegen nicht zu früh ausgepflanzt werden. Auch Pflanzbedingungen sind für die Entwicklung der Kultur massgebend. Der Boden soll trocken sein und die Bodentemperatur bei mindestens 8 °C liegen. Eine spätere Pflanzung verbessert dabei nicht nur das Auflaufen der Pflanzen, sondern verzögert auch die Reife und somit den Erntezeitpunkt. Spätere Ernten bei tieferen Aussentemperaturen ab der zweiten Septemberhälfte fördern die Haltbarkeit der Knollen. Das physiologische Alter der Knolle setzt sich dabei aus der Temperatursumme und dem von der Pflanze während der Vegetationsphase aufgenommenen Licht zusammen. Es bestimmt die Keimruhe am Lager. Je höher diese Summe, desto kürzer die Keimruhe und desto schneller keimen die Knollen aus und beeinflussen die Haltbarkeitsdauer negativ.

Bereits über Generationen bekannt sind pulverförmige Keimhemmungsmittel, die über das Erntegut gestreut werden. Dieses Pulver wurde unterdessen grösstenteils durch gasförmige oder flüssige Versionen für die Applikation am Lager abgelöst. Das Prinzip ist unverändert und basiert auf gleichem Wirkstoff, dem sogenannten Chlorpropham (CIPC). Diese preisgünstigen und anwenderfreundlichen Methoden sind im biologischen Anbau untersagt. Gegenwärtig gibt es kaum alternative Lösungen für das Bio-Segment, doch ihre Wirksamkeit ist für die Keimentwicklung während der Lagerung vergleichbar signifikant.

Ethylengas

Das Ethylensystem ist bei der konventionellen Lagerung sehr verbreitet und auch in der biologischen Lagerung zugelassen. Dieses System eignet sich sowohl für die Lagerung von Zwiebeln als auch von Speisekartoffeln. Mit speziellen Generatoren wird Ethylengas in die Luftzirkulation des Lagerraumes appliziert. Das Ethylen, ein Pflanzenhormon, zerstört die Keime nicht, verlangsamt aber deren Längenwachstum. Das Gerät, welches das Ethylengas durch Katalyse produziert, kontrolliert den Ethylengehalt im Lagerraum während der gesamten Lagerdauer. Es produziert je nach Konzentration dieses Gehalts Ethylen immer dann, wenn der Zielwert von 0,01 g/m 3 unterschritten wird. Zwecks guter Wirksamkeit sind luftdichte Gebäude zwingend.

Diese Methode hat aber auch gewisse Nachteile. Nach erfolgter Auslagerung sollte die Ware möglichst schnell verarbeitet, verkauft und konsumiert werden. Sinkt der Ethylenwert im Produkt, erfolgt eine konträre Reaktion und treibt den Keimungsprozess voran. Aus diesem Grund wird diese Methode auch von gewissen Multiplikatoren verwendet. Sie erlaubt es, die Apikaldominanz zu bremsen und so eine multiple Keimung zu fördern. Ein weiterer Nachteil besteht darin, dass diese Methode nicht für Veredelungskartoffeln verwendet werden kann. Das Ethylen führt zur Bildung von Reduktionszucker und wirkt sich deshalb negativ auf das Frittieren aus.

Minzöl

Seit 2018 und dem Rückzug von Talenton auf Kümmelölbasis verbleibt nur noch ein einziges Produkt, das für den Bioanbau zugelassen und ebenfalls für Verarbeitungskartoffeln eingesetzt werden kann. Es handelt sich um BioX-M auf der Basis von Minzöl. Dieses Produkt eignet sich auch für Speisekartoffeln und bietet deshalb eine Alternative zu Ethylen. Es wirkt insofern, dass auch sich bildende Keime zerstört werden können. Die Anwendung erfolgt durch Heiss- oder Kaltvernebelung. Die Applikation erfolgt alle drei bis vier Wochen per elektrischem Vernebelungsgerät mit einstellbarer Anwendungstemperatur. Die Dosierung muss je nach Frist und Zustand der Kartoffeln angepasst werden. Die erste Anwendung liegt bei 90 ml / t und in der Folge bei 30 ml / t im Abstand von je drei Wochen. Die Kaltverdunstung mit einem Gerät, das während der ganzen Lagerdauer im Lagerraum steht. Dies ermöglicht den automatischen Ausstoss einer Tagesdosis bei deutlich geringerem Arbeitskrafbedarf. Die Kosten für den Wirkstoff, das Vernebelungsgerät sowie die erforderlichen Arbeitskräfte verteuern dieses Verfahren. Auch nicht unterschätzt werden dürfen allfällige Geruchsrückstände in Lagerräumen, an Lagergebinden und auf den Knollen.

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Für Bioveredelungskartoffeln gibt es keine Möglichkeit, die Keimung mittels flüssigen Lösungen zu unterdrücken.

(Fabien Curty)

Eine komplexe Zukunft

Die Sortenwahl, kühlere Lagertemperaturen oder früheren Auslagerungsfristen erlauben es in gewissen Fällen, auf die Keimhemmung am Lager zu verzichten. Dennoch lassen sich einige dieser Faktoren nicht ideal miteinander kombinieren. Veredelungskartoffeln müssen bei hohen Temperaturen gelagert werden (8 °C). Keimhemmungsmittel sind hierbei also unerlässlich, um über die ganze Saison hinweg eine gute Qualität aufrechtzuerhalten.

Derzeit werden neue Ansätze erforscht: Es geht darum zu definieren, bis zu welcher Temperatur die Sorten keine Reduktionszucker produzieren, um anschliessend für jede Sorte das maximale Potenzial der Kühllagerung optimiert zu können. Diese Methode gilt sowohl für Spei-se- als auch Verarbeitungskartoffeln, denn eine bei einer tiefen Temperatur gelagerte Kartoffel entwickelt einen unerwünschten süsslichen Geschmack.

Im Wissen, dass nur wenige Sorten kalt gelagert werden können, ist es fundamental, auf biologische Alternativen für die konventionelle Lagerung zurückgreifen zu können. In der Schweiz und in Europa läuft für mehrere neue Produkte das Zulassungsverfahren. Der Schlüssel für eine künftige keimhemmende Strategie liegt jedoch in der Kombination verschiedener Methoden. 

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