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Landleben

Kostenbeteiligung am Haushalt

Viele junge Menschen wohnen während und nach der Ausbildung bei ihren Eltern. Gerne nehmen sie die Dienstleistungen des Haushaltes in Anspruch, lassen sich bekochen und die Wäsche erledigen. Sollen sie sich an den Haushaltskosten beteiligen? Und wenn ja, was ist eine angemessene Entschädigung?

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Die Zeit nach den Sommerferien bringt für viele Familien und junge Menschen Neuerungen. Während für die einen die Lehrzeit startet, ist sie für die anderen beendet und ein neuer Lebensabschnitt als junge Mitarbeitende an einem neuen Arbeitsplatz beginnt.

Dies ist der ideale Zeitpunkt für ein Familiengespräch, um die anstehenden Veränderungen zu besprechen. Bleiben die jungen Menschen weiterhin in der Familie oder ziehen sie aus? Und falls sie zu Hause wohnen bleiben, wie beteiligen sie sich an Arbeit und Kosten?

Zukunftsplanung – Zukunftswünsche

Jan startet am 7. August seine dreijährige Lehre und freut sich auf seinen ersten Lehrlingslohn. Julia hat vor den Sommerferien ihre vierjährige Lehre erfolgreich abgeschlossen. Erfreulicherweise hat sie auf den 1. September eine 100% Stelle gefunden. Endlich, der erste eigene volle Lohn. Julia freut sich und schmiedet Pläne. Ein eigenes Auto? Ja, das muss schon sein, ist es doch bequem und zeitsparend so den Weg an den Arbeitsplatz zurückzulegen. Ein Auslandaufenthalt? Ja, doch, richtig Englisch lernen bringt weitere Qualifikationen. Reisen? Eine Australienreise – ein Traum. Damit sie sich ihre Wünsche und Träume erfüllen kann, will sie in nächster Zeit noch zu Hause auf dem Bauernhof ihrer Eltern wohnen bleiben. Praktisch, so kann sie gut und günstig logieren, sich ein Auto leisten und jeden Monat etwas Geld für die Erfüllung ihrer Träume beiseitelegen. Zudem bleibt noch genügend Geld für Ausgang, Hobby und Kleider. Zu Hause den Eltern einen Beitrag abliefern? Das ist weder der erste Gedanke von Jan noch von Julia. Darum lohnt es sich, am Familientisch ein Gespräch darüber zu führen.

Kostgeld verrechnen – ist das erlaubt?

Nicht nur den jungen Menschen fällt es schwer, sich Gedanken zum Kostgeld zu machen, auch für viele Eltern ist es eine Herausforderung, von ihren Kindern eine Entschädigung zu verlangen. Im Rahmen des Familienlebens gehören Essen und Unterkunft, Reinigung und Wäsche einfach dazu. Nun sollen, bloss, weil ein neuer Lebensabschnitt beginnt, dieselben Leistungen plötzlich etwas kosten? Während die jungen Leute salopp von «abzocken» sprechen, haben die Eltern Hemmungen von ihren Kindern Geld zu verlangen, möglicherweise auch Angst, damit ihre Kinder aus dem Haus zu vertreiben. Wie sieht es rechtlich aus? Sind Jugendliche mit der Grundausbildung fertig, so endet die Unterstützungspflicht der Eltern (siehe Kasten). Oft ist es auch so, dass ein junger Erwachsener nach einer abgeschlossenen Ausbildung einen gleich grossen Lohn oder gar ein höheres Einkommen erwirtschaften kann als die Eltern. Dass die Eltern, mit dem schmaleren Budget allein für alle anfallenden Kosten aufkommen sollen, ist nicht angemessen.

Gesetzliche Regelung

ZGB Art. 277

1 Die Unterhaltspflicht der Eltern dauert bis zur Volljährigkeit des Kindes. 

2 Hat es dann noch keine angemessene Ausbildung, so haben die Eltern, soweit es ihnen nach den gesamten Umständen zugemutet werden darf, für seinen Unterhalt aufzukommen, bis eine entsprechende Ausbildung ordentlicherweise abgeschlossen werden kann.

ZGB Art. 323

1 Was das Kind durch eigene Arbeit erwirbt und was es von den Eltern aus seinem Vermögen zur Ausübung eines Berufes oder eigenen Gewerbes herausbekommt, steht unter seiner Verwahrung und Nutzung. 

2 Lebt das Kind mit den Eltern in häuslicher Gemeinschaft, so können sie verlangen, dass es einen angemessenen Beitrag an seinen Unterhalt leistet.

Gespräch am Familientisch

Ein Familiengespräch über das Kostgeld kann schwierig sein. Endlich verdienen die jungen Menschen ihr eigenes Geld und schon sollen sie etwas abgeben, das kann frustrieren. Sinnvoll ist der Einbezug der gesamten Familie, insbesondere auch von jüngeren Geschwistern. Einerseits wird so das Bewusstsein aller Beteiligten dafür geweckt, dass das Leben etwas kostet. Andererseits kann durch die erreichte Transparenz auch Neid und Eifersucht unter Geschwistern vorgebeugt werden. Gerechtigkeit und Ausgleich werden zwischen Kindern oftmals zur Frage, wenn die Ausbildungen unterschiedlich lange sind oder gar noch ein Studium absolviert wird.

Am Familientisch kann das gegenseitige Verständnis für die Situation der jeweils anderen Partei gefördert werden. Vielfach haben junge Menschen nur eine rudimentäre Vorstellung davon, was das Leben kostet. Aufzuzeigen, welche Ausgaben in welcher Höhe für die gemeinsame Haushaltführung anfallen ist sinnvoll und gleichzeitig Vorbereitung für den ersten eigenen Haushalt. Jan und Julia können zudem von ihren Plänen, Ausbildungen und Lebenszielen erzählen.

So lässt sich eine gute Basis legen für das Verhandeln über das Kostgeld. Klar sollte dabei auch werden, dass insbesondere ausgelernte Kinder für die eigenen Kosten wie Krankenkasse und Versicherung, Auto usw. selber aufkommen müssen.

Wie wird das Kostgeld errechnet?

In erster Linie werden die anfallenden Sachkosten wie Nahrungsmittel, Energie und Wasser, Waschmittel, Reinigungsmittel und Anteil Unterkunft an die Kostgänger weiter verrechnet. Zum Errechnen des Kostgeldes können die Richtwerte der Agridea hinzugezogen werden, welche aufgrund von Buchhaltungen ermittelt werden. Je nach Standard des Haushaltes werden die Kosten in niedrig, mittel oder hoch eingeteilt.

Für den angehenden Lehrling Jan wäre eine Beteiligung an den Sachkosten eine gute Ausgangslage. Mit Julia dagegen müsste auch über eine entsprechende Entschädigung der für sie geleisteten Arbeit gesprochen werden, hier dient der Sachaufwand inkl. Arbeit als Basis der Berechnung. Jede Arbeit ist ihres Lohnes wert – gerade auch Hausarbeit.

Der Arbeitsaufwand für Verpflegung, Wäsche und Reinigung beläuft sich pro Person und Tag auf durchschnittlich 1.4 Stunden und wird momentan im bäuerlichen Haushalt mit einem Ansatz von Fr. 28.–/Stunde entschädigt (siehe Tabellen 1 und 2).

Zu diskutieren wäre sicher auch, welche Arbeiten die jungen Leute im Haushalt selber übernehmen; das Zimmer selber zu putzen sollte eigentlich selbstverständlich sein – egal ob junger Mann oder junge Frau.

Wird so das Kostgeld nach Richtwerten errechnet, entsteht eine gute Basis zur Diskussion zwischen Eltern und jungen Leuten und kann entsprechend für die eigenen Verhältnisse angepasst werden.

Auf den ersten Blick wirken die Beträge hoch, doch nur schon die Kosten für eine eigene Wohnung wären höher. Helfen die jungen Leute regelmässig oder in den Arbeitsspitzen auf dem Betrieb, so muss diese Arbeit selbstverständlich auch entgolten und vom Kostgeld abgerechnet werden.

Nicht vergessen

Einigen sich Julia und ihre Eltern darauf, nicht nur den Sachaufwand zu entschädigen, sondern auch die Arbeit, muss unbedingt auch an die AHV-Abrechnung und die Steuern gedacht werden. 

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