QUER GELESEN
- Eine Rechtsschutzversicherung deckt die Verfahrenskosten, nicht aber den Gegenstand des Rechtsstreits.
- Um genügend abgesichert zu sein, braucht es beim Versicherungsabschluss eine sorgfältige Auslegeordnung.
- Nebst den gedeckten Rechtsgebieten unterscheiden sich auch die entsprechenden Leistungen der einzelnen Versicherer.
Das landwirtschaftliche Umfeld ist und wird immer komplexer. Landwirtinnen und Landwirte sind in ihrer vielschichtigen betrieblichen Praxis auch immer häufiger mit Rechtsfragen aller Art konfrontiert (siehe Grafik). Recht haben und Recht bekommen ist nicht immer dasselbe. Damit man zu seinem Recht kommt, braucht es nicht selten Experten, die kompetent beraten und wissen, was zu tun ist.
Genau hinsehen lohnt sich
Um im Schadenfall genügend abgesichert zu sein und bei der Versicherungsdeckung nicht zwischen Stuhl und Bank zu fallen, empfiehlt sich bei Abschluss der Rechtsschutzversicherung eine sorgfältige Auslegeordnung. Das geschieht am besten mit der Hilfe eines Versicherungsberaters oder einer Versicherungsberaterin. Von besonderer Bedeutung sind etwa Betriebsformen wie Generationen- und Betriebsgemeinschaften oder Nebenbetriebe in Form von juristischen Personen. Aber auch Gesamt- und Miteigentumsverhältnisse an einem landwirtschaftlichen Betrieb oder an Grundstücken sind im Rahmen eines Versicherungsabschlusses zu berücksichtigen.
Unterschiede zwischen den Versicherungsprodukten
Im Bereich von Rechtsschutzversicherungen gilt es, zwischen Kombiprodukten wie dem auf die Landwirtschaft zugeschnittenen Produkt Agri-Protect für den Betriebs-, Privat- und Verkehrsrechtsschutz (siehe Kasten) und Einzelbereichsprodukten zu unterscheiden. Einzelprodukte können beispielsweise reine Betriebsrechtsschutzversicherungen sein.
Auf die Landwirtschaft zugeschnitten
Der bäuerlichen Rechtsschutzversicherung Agri-Protect liegt ein Kollektivvertrag zwischen der Agrisano Versicherungen AG und der Orion Rechtsschutzversicherung AG zugrunde. Für die Kantone Bern, Jura, Neuenburg und Freiburg besteht ein Kollektivvertrag mit der bäuerlichen Rechtsschutzversicherung FRV.
Die Spezialisten der Rechtsschutzversicherungen bearbeiten alle nicht landwirtschaftlichen Fälle. Bei landwirtschaftsspezifischen Rechtsstreitigkeiten erfolgt die Fallbearbeitung durch die Spezialisten von Agriexpert des SBV.
Zuerwerbsformen wie Lohnarbeiten, Gastwirtschaft etc. mit einem Jahresumsatz über 100000 Franken sind in einer Zusatzversicherung ergänzend zu versichern.
Die Aufgliederung kann aber auch noch feiner sein, in dem zum Beispiel in einer Zusatzversicherung zur Krankenkasse gemäss VVG nur der Bereich Patientenrechtsschutz gedeckt ist. Es ist somit zentral, herauszufinden, für welche Bereiche man eine Rechtsschutzversicherung hat oder wünscht. Bei einer Familienversicherung können insbesondere auch Kinder bis zu einem bestimmten Alter mit eingeschlossen sein. Durch ausdrückliches Aufführen auf der Police werden bei gewissen Gesellschaften oft auch weitere im gleichen Haushalt lebende Personen eingeschlossen.
Stolpersteine beim Abschluss
In einem Rechtsstreit kann man unterliegen oder obsiegen. In beiden Fällen versichert eine Rechtsschutzversicherung nie den Gegenstand des Streits, sondern grundsätzlich nur die Verfahrenskosten. Dies geschieht im Unterschied zu einer Haftpflichtversicherung, die bei gegebener Haftung und Deckung im Rahmen der Vertragsbestimmungen eine Schadenszahlung an die Versicherten leistet.
Nebst den gedeckten Rechtsgebieten unterscheiden sich auch die entsprechenden Leistungen der einzelnen Versicherer. In der Regel besteht bei Brennpunktthemen wie Familien- und Erbrecht nur Beratungsrechtsschutz mit beispielweise einer Versicherungssumme in der Höhe von 500 Franken pro Schadenfall.
In Rechtsschutzversicherungen bestehen zudem diverse Ausschlüsse. Zu beachten sind insbesondere die Karenzfristen und die Definitionen, ab wann ein Rechtsfall als eingetreten gilt. Salopp ausgedrückt: Auch in einer Rechtsschutzversicherung kann man ein Haus nicht mehr versichern, wenn es schon brennt.
Wo in der Landwirtschaft am häufigsten gestritten wird
Pachtland weg
Der Fall: Landwirt Andreas D., 62 Jahre alt, hat seit über 20 Jahren einen Hof mit 17 Hektaren Land gepachtet. Er betreibt Milchwirtschaft und Ackerbau. Plötzlich erhält er von seinem Verpächter die Kündigung des Pachtverhältnisses, da dieser den Hof einem jungen Landwirt aus dem Nachbardorf verpachten möchte. Andreas D. ist schockiert. Eine frühzeitige Pensionierung kann er sich nicht leisten. Ebenso kann und will er nicht noch einmal von vorne beginnen und einen anderen Betrieb übernehmen.
Die Lösung: Dank der richtigen Beratung wurde für Landwirt Andreas D. ein Schlichtungsverfahren beim Friedensrichter eingeleitet. Dadurch konnte mit dem Verpächter eine Einigung erzielt werden. Der Landwirt kann bis zum ordentlichen Pensionierungsalter von 65 Jahren auf dem Hof bleiben.
Stallbau blockiert
Der Fall: Landwirt Fabian K. hat mithilfe eines Architekten bei der Gemeinde ein Baugesuch für einen Neubau eines Legehennenstalls eingegeben. Einsprachen von Nachbarn blockieren das Projekt. Fabian K. ist verzweifelt. Ohne das Neubauprojekt wird der Betrieb mittelfristig keine Existenz für seine Familie bieten können.
Die Lösung: Mithilfe von Agriexpert wurde das ursprüngliche Baugesuch überarbeitet und leicht redimensioniert, worauf die zuständige Baubehörde die Bewilligung erteilt und die Einsprachen abgewiesen hat. Fabian K. konnte schliesslich bauen, womit die Existenz des Familienbetriebs bis auf Weiteres ge sichert ist.