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Betriebsführung

Wochenmärkte geschlossen - Alternativen sind gefragt

Für viele kleine Gemüseproduzenten sind die regelmässig stattfindenden Wochenmärkte in den Zentren eine wichtige, wenn nicht gar existenzielle Absatzmöglichkeit. Das Verbot für Märkte trifft deshalb viele Landwirtschaftsbetrieb hart. Alternative Kanäle können den Schaden vermindern.

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Die Schweizer Landwirtschaft ist die wichtigste Säule der Grundversorgung. Während Lebensmittelläden weiterhin geöffnet bleiben, wurden die Wochenmärkten im ganzen Land geschlossen. Viele Betriebe bringt dieser Entscheid aus Bern in Nöte. Für den Gemüseproduzenten Matthias Rhis aus dem Zürcherischen Wildberg bei Turbenthal ist die Schliessung der Wochenmärkte «eine Katastrophe», wie er sagt: «Wir machen dreiviertel unseres Umsatzes auf dem Wochenmarkt in Winterthur und bei uns in der Gemeinde». Gerade jetzt wäre bei Rhis die Saison für Setzlinge und Kräuter losgegangen. Doch dann kam der Entscheid aus Bern, der nun seinen 13 Hektaren Betrieb Obere Luegeten mit 1.5 Hektaren Gemüsebau in Bedrängnis bringt.

Zugang zu Grossverteilern

Wie den Gemüseproduzenten Rhis traf die Nachricht aus Bern auch zahlreiche andere Marktfahrer wie ein Blitz aus heiterem Himmel und sorgt mit Blick auf die weiterhin geöffneten Hofläden und Lebensmittelgeschäfte hier und da für Unverständnis. Der Schweizerische Bauernverband (SBV) stehe mit den zuständigen Bundesstellen in Kontakt, damit künftig Wochenmärkte unter gewissen Auflagen wie in Österreich wieder zugelassen würden, sagt Sandra Helfenstein vom SBV. Diese Zuversicht ist nicht unbegründet: In einer Präzisierung des Bundesrates vom 18. März wurden «einzelne Lebensmittelmarktstände» wieder zugelassen, wenn «die vorgeschriebenen Mindestabstände eingehalten werden».

Bereits eine konkrete nationale Lösung für «gestrandete» Marktfahrer hat der Verband Schweizer Gemüseproduzenten (VSGP) ausgearbeitet: «Wir konnten mit den meisten Gemüse-Grossproduzenten von West bis Ost vereinbaren, dass sie ab sofort Produkte von kleinen Gemüsebauern übernehmen und ihnen so einen unbürokratischen Zugang zu den Grossverteilern ermöglichen», sagt der stellvertretende Direktor Markus Waber gegenüber der UFA-Revue. Ab sofort findet man auf der VSGP-Homepage eine entsprechende Liste. Darauf zu finden ist unter anderem auch die Genossenschaft Gemüse Erzeuger Seeland (GES), die in den Bereichen Verarbeitung, Abpackung und Logistik eng mit dem Dienstleistungspartner fenaco zusammenarbeitet. Waber: «Die Idee ist, dass sich die Gemüseproduzenten direkt mit einer passenden «Plattform» in Verbindung setzen, um die Einzelheiten der Zulieferung zu regeln.

Lokales Netzwerk aktivieren

Was über der VSGP national eingefädelt hat, funktioniert lokal bereits im Kleinen. Wesentlich mehr Kundschaft verzeichnet seit einigen Tagen auch Geri Brunner in seiner Selbstbedienung auf dem Hof Binzenloo am Stadtrand von Winterthur. «Bei uns ist nun jeder Tag wie ein Sonntag, sagt Brunner mit Blick auf die stetig steigende Laufkundschaft. Fleisch, die Spezialität des Mutterkuh- und Ackerbaubetriebs, findet man in den Gefrierschränken bereits keines mehr. Dafür ist das Angebot an Frischgemüse nun grösser geworden. Dieses stammt seit jeher von einem Gemüseproduzenten aus der Region, der aufgrund der Schliessung des Wochenmarktes in Winterthur nun vermehrt Hofläden beliefert. «In der jetzigen Situation konnten wir beim Lieferanten einiges mehr an Gemüse bestellen als früher», sagt Brunner. Ab April wird dann auch wieder Fleisch erhältlich sein.

Auch Matthias Rhis hofft, dass ihm sein zweiter Absatzkanal aus der Krise hilft. Er liefert sein Gemüse bereits seit acht Jahren direkt an seine Kundinnen und Kunden in der näheren Umgebung und hat seit einigen Tagen eine Zunahme bei den Heimbestellungen bemerkt. «Eventuell ist der Lieferservice unsere Rettung, wir werden sehen», sagt er. In seinem Sortiment finden seine Lieferkundinnen und -kunden neu auch ein Brotangebot, das Rhis spontan von einer Standnachbarin des Wochenmarkts übernommen hat. Ob er noch weitere Unterlieferanten in sein Vertriebsnetz aufnehmen könne, wisse er noch nicht. «Wir machen unsere Logistik seit Beginn selber und müssen schauen, wie sich alles weiterentwickelt», sagt der Biolandwirt.

Zustellung mit der Post

Auf die Schnelle einen eigenen Lieferservice auf die Beine stellen, ist in der jetzigen Situation kaum möglich. Für Landwirte, die aufgrund der geschlossenen Wochenmärkte nach Alternativen Vertriebskanälen suchen, könnten auch bei der Schweizerischen Post fündig werden. Der Lieferservice unter der Bezeichnung «Zustellung regionaler Produkte» läuft, zielt im Bereich der Landwirtschaft als Ursprungsidee zwar eher auf Abo-Direktvermarkter ab, die in einem Umkreis von rund zehn bis 20 km liefern. Das Abo-Modell ist aber nicht zwingend. «Weitere interessierte Bauern können wir gerne aufschalten», sagt Stefano Di Renzo, der für diesen Lieferservice der Post verantwortlich ist und bereits eine erhöhte Nachfrage festgestellt hat. Beim Angebot handelt es sich um einen Zustellservice. Die Vermarktung der Produkte liegt weiterhin in der Verantwortung der Anbieter. Diese können in der einfachsten Variante Bestellungen auch telefonisch entgegennehmen. Wichtig sei deshalb, sagt Di Renzo weiter, dass die Landwirte direkt auf sich aufmerksam machen und auf die Kundschaft zugehen, sei dies mit Hinweise auf ihrer Homepage, mit Flyern, über Social Media.

Die aktuelle Krisensituation fordert Landwirtschaftsbetriebe auf verschiedenen Ebenen heraus. Kreativität und Ideenreichtum werden in den nächsten Tagen und Wochen gefragter denn je – nicht nur in der Frage der Direktvermarktung. 

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