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Betriebsführung

Der Mist wird vor dem Bau gekarrt

Wird Land für öffentliche Projekte beansprucht, bleibt für Grundeigentümerinnen und -eigentümer oft nur wenig Handlungsspielraum. Wer frühzeitig aktiv wird, kann Eingriffe mindern und bessere Entschädigungen oder Realersatz aushandeln. Eine lückenlose Dokumentation stärkt die eigene Verhandlungsposition.

Sind die Maschinen aufgefahren, ist es längst zu spät fürs Mitreden. Der grösste Handlungsspielraum besteht, bevor das Projekt bewilligt wird.

Sind die Maschinen aufgefahren, ist es längst zu spät fürs Mitreden. Der grösste Handlungsspielraum besteht, bevor das Projekt bewilligt wird.

(Bild: HMQ AG)

Publiziert am

Fachverantwortlicher Bewertung & Recht, Agriexpert

Bewertung & Recht, Agriexpert

Quer gelesen

  • Wenn Land für öffentliche Projekte beansprucht wird, lohnt sich frühes Handeln.
  • Eine gut begründete Einsprache verbessert die Verhandlungsbasis für Entschädigungen oder Realersatz.
  • Folgeschäden wie Ertragsausfälle oder Bewirtschaftungserschwernisse dürfen nicht unterschätzt werden.

Für Bauten und Anlagen im öffentlichen Interesse – etwa Strassen, Wege, Bahngleise, Stromleitungen oder Trafostationen – können die öffentliche Hand oder Unternehmen mit einem öffentlichen Auftrag (z. B. Elektrizitätsversorgungsunternehmen) Land beanspruchen. Willigt der Eigentümer oder die Eigentümerin nicht ein, kann dies im Rahmen eines Enteignungsverfahrens auch zwangsweise durchgesetzt werden. Verhindern lassen sich solche Vorhaben meistens nicht. In vielen Fällen lässt sich jedoch bei der konkreten Umsetzung des Projektes der Eingriff etwas vermindern oder zumindest die Entschädigung etwas verbessern.

Frühzeitig aktiv werden

Der grösste Handlungsspielraum besteht ganz am Anfang eines Projekts. Bevor über die Enteignung entschieden werden kann, muss zuerst klar sein, wie das Projekt im Detail umgesetzt werden soll. In der Projektbewilligungsphase ist es noch möglich, eine Projektanpassung zu erwirken. Dabei ist der Handlungsspielraum je nach Projekt unterschiedlich: Eine notwendige Verbreiterung einer Strasse für einen Radweg kann nicht durch eine andere Massnahme ersetzt werden. Hingegen kann bei einer Durchleitung allenfalls erreicht werden, dass die Leitung an den Rand eines Feldes verlegt wird anstatt mitten hindurch, sofern eine solche Linienführung möglich ist.

Projektänderungen sind im nachfolgenden Enteignungsverfahren nicht mehr möglich.

Oder dass ein Trafogebäude an einem weniger störenden Ort erstellt wird. Auch konkrete Sachleistungen lassen sich manchmal vereinbaren: etwa die Verbreiterung einer Einfahrt, der Ersatz eines Weidstalles, der aufgrund des Projekts abgerissen werden muss, oder bestimmte Terrainanpassungen. Solche Projektänderungen sind aber nur möglich, solange das Projekt noch nicht rechtskräftig ist. Projektänderungen sind im nachfolgenden Enteignungsverfahren, bei dem es um die konkrete Bestimmung der Enteignung und die Entschädigung geht, nicht mehr möglich.

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Die Unterführung bei der Biathlon-Arena Lenzerheide sichert den Zugang zu landwirtschaftlichen Flächen. Diese Lösung entstand in enger Zusammenarbeit zwischen der Gemeinde und den betroffenen Landwirtschaftsbetrieben. 

(Bild: HMQ AG)

Einsprache als Verhandlungsmittel

Auch wenn das Projekt im Grundsatz befürwortet wird, kann es unter Umständen Sinn ergeben, dagegen eine Einsprache zu erheben. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn geplante Projektbestandteile (wie z. B. eine Leitungsführung, eine bauliche Massnahme usw.) noch nicht klar sind oder andere offene Fragen bestehen.

Im Einspracheverfahren können die Unklarheiten dann bereinigt werden.

Im Einspracheverfahren können die Unklarheiten dann bereinigt werden. Ausserdem verschafft einem die Einsprache auch eine bessere Verhandlungsposition im nachfolgenden Enteignungsverfahren, in dem über den Enteignungsumfang und deren Entschädigung zu entscheiden ist. Dies setzt allerdings voraus, dass dem Eigentümer oder der Eigentümerin bewusst ist, was der Eingriff in das Eigentum konkret bedeutet und welche Folgen damit verbunden sind. Wichtig ist dabei, dass die Forderungen gut begründet sind und aufgezeigt wird, welche konkreten Nachteile entstehen und wie sich diese vermeiden oder kompensieren lassen. Damit werden die Chancen für eine bessere Entschädigung oder sogar für die Zuteilung von Realersatzflächen erhöht.

Folgeschäden werden oft unterschätzt

In der Praxis wird häufig zu wenig auf Folgeschäden und langfristige Nachteile geachtet. Dabei sind diese oft schwerwiegender als der reine Wertverlust des Bodens. Bei einem geplanten Landverlust darf nicht nur der Bodenwert beachtet werden, sondern es ist auch die Beeinträchtigung des zugehörigen Feldes oder sogar des zugehörigen Betriebes zu berücksichtigen. Mögliche Beispiele sind:

  • Bewirtschaftungserschwernisse:Wenn Parzellen ungünstig zerschnitten oder schwerer erreichbar sind, steigen der Zeitaufwand und die Kosten. Diese sind abhängig von der Nutzung der Parzelle und des Betriebes.
  • Ertragsausfälle:Bei vorübergehender Nutzung (z. B. Lagerplätze, Baustellenzufahrten) kann die Fruchtfolge gestört oder der Boden verdichtet werden. Allenfalls wird auch der Ertrag und die Bewirtschaftung des angrenzenden Landes beeinträchtigt.
  • Verlust von Infrastruktur:Feldwege, Tränkeeinrichtungen, Drainagen oder Bewässerungsleitungen können beschädigt oder unbrauchbar werden. Allenfalls können sie während der Bauzeit nicht benutzt werden, weshalb Ersatz- oder Übergangslösungen zu prüfen sind.

Eine gute Dokumentation der Beeinträchtigungen ist die Grundlage für eine einvernehmliche Lösung und auch für die Geltendmachung einer Entschädigung zusätzlich zum Bodenwert.

Vorsicht bei Landbeanspruchung ohne Vereinbarung

Immer wieder kommt es vor, dass insbesondere Gemeinden oder deren Werke Land in Anspruch nehmen, ohne vorher mit den Eigentümerinnen und Eigentümern eine formelle Vereinbarung zu treffen. Häufig stützen sie sich dabei auf gemeinderechtliche Erlasse, die solche Eingriffe erlauben und allenfalls sogar eine Entschädigung ausschliessen (z. B. entschädigungslose Duldung einer Bodenleitung durch Landwirtschaftsland).

Weder der Zugriff auf das Land noch eine spätere Ablehnung der Entschädigung sollten einfach hingenommen werden.

Solche Bestimmungen stehen jedoch oft im Widerspruch zu übergeordnetem kantonalem oder Bundesrecht – und sind daher rechtlich nicht haltbar. In solchen Fällen ist es entscheidend, sofort zu reagieren: Weder der Zugriff auf das Land noch eine spätere Ablehnung der Entschädigung sollten einfach hingenommen werden. Hilfreich für spätere Diskussionen ist die möglichst gute Dokumentation der Landbeanspruchung und was dagegen unternommen wurde. Eine frühzeitige Intervention, am besten mit rechtlicher Unterstützung, kann hier entscheidend sein. 

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