Warum wurde die landwirtschaftliche Grundausbildung einer Totalrevision unterzogen?
Die letzte Totalrevision war 2009 – seitdem hat sich in der Welt und auch in der Landwirtschaft doch allerhand verändert. Im Jahr 2017 gab es eine kleine Teilrevision, und dabei wurde klar, dass die nächste wieder eine Totalrevision sein muss. Gemäss Berufsbildungsgesetz muss man grundsätzlich alle fünf Jahre prüfen, ob eine Revision notwendig ist. So wird sichergestellt, dass die Ausbildungsunterlagen stets den aktuellen Bedürfnissen entsprechen. Das gilt für alle Berufe gleichermassen. Bei uns in der Landwirtschaft machten schon allein der technische Fortschritt und die zunehmende Digitalisierung eine Überarbeitung notwendig. Zudem spielen gesellschaftliche Veränderungen, die Wichtigkeit der beschränkten Ressource Boden oder der Klimawandel eine Rolle.
«Für Mischbetriebe empfehlen wir dringend die zweite Fachrichtung.»
Was steckt hinter der Idee, dass Lernende neu eine Fachrichtung wählen und ein 4. Lehrjahr mit einer zweiten anhängen können?
Für spezialisierte Betriebe mit einem Hauptbetriebszweig – und das ist die Mehrheit der Betriebe – sind drei Lehrjahre in der entsprechenden Fachrichtung ausreichend. Die jungen Leute sind in diesem Bereich dann deutlich besser ausgebildet als bisher. Für Mischbetriebe, also alle Betriebe mit mehr als einem Hauptbetriebszweig, empfehlen wir dringend die zweite Fachrichtung. Dazu braucht es mehr Ausbildungsbetriebe als bisher. Glücklicherweise stehen derzeit genügend Lehrstellen zur Verfügung. Für die Fachrichtungen gehen wir zudem von weiteren Lehrbetrieben aus: Neu haben hoch spezialisierte Betriebe auch die Möglichkeit, in den Fachrichtungen auszubilden.
Welche Perspektiven eröffnet die neue Grundbildung für die höhere Berufsbildung?
Das bietet uns die Chance, die höhere Berufsbildung noch attraktiver zu gestalten. Ein sehr grosser Teil der EFZ-Absolventinnen und -Absolventen wird später einen eigenen Betrieb führen. Die dafür notwendigen Kompetenzen erwirbt man in der höheren Berufsbildung. Für einen reibungslosen Übergang in die höhere Berufsbildung muss mit der Totalrevision der Grundbildung auch die höhere Berufsbildung überarbeitet werden – das gilt insbesondere für die beiden Berufe Landwirt/Landwirtin EFZ und Weinfachmann/Weinfachfrau EFZ, die neu in verschiedene Fachrichtungen unterteilt sind. Bei der Revision der höheren Berufsbildung stellen sich grundsätzliche Fragen wie Art und Anzahl der Abschlusstitel, die Zulassungskriterien oder die Art der Prüfungen. Wir haben diesen Prozess im letzten Jahr vorbereitet und sind derzeit beim ersten Schritt: der Entwicklung der Qualifikationsprofile. Der Prozess wird uns die nächsten Jahre beschäftigen. Wenn im Jahr 2029 die Ersten nach der neuen Bildungsverordnung das EFZ abschliessen, können sie dann mit der revidierten höheren Berufsbildung weiterfahren.