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Betriebsführung

Hofübergabe in der Patchworkfamilie

Wenn die eigene Familie nicht dem traditionellen Modell entspricht, gilt es mit Blick auf die Hofübergabe einiges zu beachten. Wer den Betrieb zu welchem Wert übernehmen kann, ist nämlich in grossem Masse von den verwandtschaftlichen Beziehungen innerhalb der zusammengewürfelten Familie abhängig.

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Bewertung & Recht, Agriexpert

Bei der Hofübernahme sind unter anderem die Vorschriften des bäuerlichen Bodenrechts (BGBB) zu beachten. Je nach Konstellation gelangen unterschiedliche Regelungen zur Anwendung. Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich ausschliesslich auf Betriebe, die ein landwirtschaftliches Gewerbe im Sinne des BGBB darstellen und die vom Übernehmer zur Selbstbewirtschaftung übernommen werden.

Zuweisung im Erbfall

Die eigenen Kinder – eheliche, aussereheliche wie auch Adoptivkinder – und Ehegatten sind pflichtteilsgeschützte Erben. Soll jemand von ihnen das Gewerbe übernehmen und erfüllt diese Person die Voraussetzungen zur Selbstbewirtschaftung, ergeben sich kaum Probleme. Bei mehreren Übernahmewilligen empfiehlt sich die Bezeichnung eines Übernehmers durch den Erblasser, um langwierige Streitigkeiten zu vermeiden.

Privilegierung pflichtteilsgeschützter Erben und gewisser Verwandter

Anders sieht es aus bei Stiefkindern oder Konkubinatspartnern. Diese sind vom Gesetz nicht automatisch als Erben vorgesehen. Soll im Erbfall eine dieser Personen das Gewerbe erhalten, muss diese als Erbin eingesetzt oder als Vermächtnisnehmerin bedacht werden. Sind daneben auch pflichtteilsgeschützte Erben vorhanden, die das Gewerbe selbst bewirtschaften wollen und können, ist zu beachten, dass deren Zuweisungsanspruch vorgeht.

Das bedeutet, dass der Betrieb nicht an eine der vorstehend genannten Personen vererbt oder vermacht werden kann, wenn ein pflichtteilsgeschützter Erbe die Zuweisung zur Selbstbewirtschaftung verlangt. Zudem ist zu berücksichtigen, dass bestimmte Verwandte, die zwar nicht Erben, aber geeignete Selbstbewirtschafter sind, ein Kaufsrecht ausüben können, wenn das Gewerbe einem eingesetzten Erben zugewiesen werden soll. Im Streitfall sind für die Zuweisung dann die persönlichen Verhältnisse massgebend.

Erfordernis einer Erwerbsbewilligung bei Vermächtnis

Verlangt kein pflichtteilsgeschützter Erbe die Zuweisung und macht kein berechtigter Verwandter das Kaufsrecht geltend, kann ein eingesetzter und als Übernehmer bezeichneter Erbe das Gewerbe ohne Weiteres übernehmen. Ein Vermächtnisnehmer benötigt hingegen eine Erwerbsbewilligung. So oder so bleiben die Pflichtteilsansprüche allfälliger pflichtteilsberechtigter Erben wertmässig bestehen.

Bei der Übertragung des Gewerbes als Vermächtnis ist der Verkehrswert einzusetzen.

Je nach finanzieller Situation des Erblassers kann dies erhebliche finanzielle Ansprüche der pflichtteilsgeschützten Erben gegenüber dem eingesetzten Erben bzw. dem Vermächtnisnehmer zur Folge haben. Dabei ist zu beachten, dass eingesetzte Erben das Anrecht haben, das Gewerbe zum Ertragswert zu übernehmen. Bei der Übertragung des Gewerbes als Vermächtnis ist jedoch der Verkehrswert einzusetzen, soweit der Vermächtnisnehmer nicht gleichzeitig Erbe ist. Nicht zu vergessen ist, dass bei der Übernahme des Betriebes durch einen eingesetzten Erben oder Vermächtnisnehmer, je nach Kanton, erhebliche Erbschafts- und Schenkungssteuern anfallen können.

Lebzeitige Hofübergabe

Den Regelfall der lebzeitigen Hofübergabe stellt der Verkauf an ein Kind des Eigentümers zum Ertragswert dar. Wenn der Betrieb zu Lebzeiten an eine Person übergeben werden soll, die nicht gesetzliche Erbin ist, ergeben sich deutlich mehr rechtliche Stolperfallen. So löst eine solche Veräusserung beispielsweise das Vorkaufsrecht der Verwandten und von allfälligen Pächtern aus.

Zudem sollte auch hier die Übergabe zum Verkehrswert erfolgen. Ansonsten können dem Abtreter sozialversicherungsrechtliche Probleme drohen, und der Übernehmer kann mit erbrechtlichen Ansprüchen allfälliger pflichtteilsgeschützter Erben konfrontiert sein. Auch kann es für beide erhebliche Steuerfolgen nach sich ziehen, wenn der Betrieb unter dem Verkehrswert übergeben wird.

Heirat oder Adoption prüfen

Für die meisten Situationen lässt sich eine Regelung finden. Manchmal können Probleme mittels Testament, Erb- oder Erbverzichtsvertrag verhindert werden. Unter Umständen ist auch die Heirat des Konkubinatspartners oder sogar die Adoption eines Stiefkindes angezeigt. Eine frühzeitige Beratung ist in jedem Fall ratsam. 

Begriffsdefinition

  • Pflichtteilsgeschützte Erben: Gesetzliche Erben, die Anspruch zumindest auf den Pflichtteil haben (Kinder, Ehegatten).
  • Gesetzliche Erben: Personen, die von Gesetzes wegen Erben sind: sofern vorhanden die eigenen Nachkommen, sonst die Eltern, bei Verheirateten ausserdem der Ehegatte.
  • Eingesetzte Erben: Personen, die von Gesetzes wegen keinen Erb anspruch haben, vom Erblasser aber als Erben eingesetzt wurden (mittels Testament oder Erbvertrag).
  • Stiefkind: Kind des Ehegatten oder des Konkubinatspartners, welches jedoch kein eigenes Kind ist.
  • Adoptivkind: Kind, dessen Kindsverhältnis zum Adoptivelternteil durch Adoption entstanden ist. Ist den leiblichen Kindern gleich gestellt.
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