Daniela Keller hat den Grünhof in Amlikon-Bissegg (TG) mit 31 Jahren vollständig von ihren Eltern übernommen. Ein Jahr später stieg auch ihr Mann Marco in den Betrieb ein, kürzlich folgte ihr erstes gemeinsames Kind. «Ich hatte immer das Ziel, den Hof zu übernehmen», sagt die Landwirtin. «Aber der Weg dahin war alles andere als linear.»
Der Grünhof verteilt sich auf zwei Standorte, wird nach Demeter-Richtlinien bewirtschaftet und steht auf breiten Füssen. Zum Betrieb gehören Milchwirtschaft, Saatgutvermehrung und Ackerbau mit Dinkel und Mais. Hinzu kommen Rüebli für den Grosshandel und Gemüse für die Direktvermarktung sowie Hochstammobstbau.
Hof in neuer Hand
2025 legt der LID mit seiner Serie den Fokus auf junge, engagierte Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter, die ihren Betrieb weiterentwickeln und sich neuen Herausforderungen stellen.
Unterstützung und Hilfsmittel zur Öffentlichkeitsarbeit auf www.lid.ch/baeuerinnen-und-bauern
Serie im Online-Dossier
Die komplette elfteilige Serie ist im UFA-Revue Online-Dossier «Hof in neuer Hand» verfügbar.
Betriebsübernahme mit Umwegen
Schon im Kindergarten wusste Daniela Keller, dass sie einmal den Hof übernehmen möchte. Bis es so weit war, änderten sich jedoch viele Pläne. Statt der Landwirtschaftslehre machte sie die Matura und begann später ein ETH-Studium. Als ihr Vater krank wurde, pendelte sie jahrelang zwischen Hörsaal und Melkstand hin und her. «Das Studium zog sich etwas in die Länge, weil es mich zu Hause auf dem Betrieb dringend brauchte», sagt sie und ergänzt: «Es war streng, aber es war auch ein guter Ausgleich.» Bereits 2018 stieg sie in die Betriebsleitung ein und gründete zusammen mit ihrer Mutter eine Generationengemeinschaft, drei Jahre später schloss sie das Masterstudium ab.
Strategische Vielfalt
Der Grünhof ist ein klassischer Gemischtbetrieb. Neben 45 Milchkühen aus eigener Aufzucht bewirtschaften Daniela Keller und ihr Mann rund 8 ha Ackerland. Daneben produziert der Betrieb viel Gemüse: Auf 4 ha wachsen Rüebli, im Tunnel zieht Daniela Keller rund 40 Tomatensorten, und auf einer Marktgartenfläche gedeiht eine grosse Vielfalt weiterer Kulturen, die sie über die Plattform Saison-Box mit Abosystem direktvermarktet. Dazu kommen rund 200 Hochstammbäume – vor allem Mostobst, aber auch Kastanien und Nüsse.
Diversität ist der Betriebsleiterin nicht nur innerbetrieblich, sondern auch strategisch wichtig. «Vielfalt federt Risiken ab – schwächelt ein Bereich, tragen andere.»
Zwischen Rollenbildern und Realität
Die Arbeit auf dem Hof teilen sich Daniela und Marco Keller klar auf: Sie führt Stall, Tiere und Direktvermarktung, er ist für Feldbau, Gemüse und Technik zuständig. Unterstützt werden sie von einem Lehrling sowie von den Eltern und Schwiegereltern. Neu dazugekommen ist auch Marcos Vater, der seit Danielas Mutterschaftsurlaub auf dem Hof mitarbeitet.
Daniela Keller, Betriebsleiterin«Ich bin aus Überzeugung beides – Betriebsleiterin und Mutter.»
«In den ersten Monaten nach der Geburt war ich bezüglich Betriebsleitung völlig weg vom Fenster», sagt sie. «Mein Sohn brauchte mich.» In dieser Phase sei vieles an ihren Mann übergegangen – nicht nur die Arbeit, sondern auch die öffentliche Wahrnehmung. «Ich habe unterschätzt, wie stark ich in der ersten Zeit aus dem Betrieb rausfallen würde», erläutert sie.
Daniela Keller spricht offen über den Balanceakt zwischen Familienleben und Führungsverantwortung – und über alte Rollenbilder. «Vertreter fragen automatisch nach dem ‹Chef› – auch wenn ich danebenstehe», sagt sie. Dass sie die Betriebsleiterin ist, werde oft gar nicht wahrgenommen. Seit Marco mitarbeitet, nehme die Aussenwelt sie zudem häufiger als Bäuerin wahr. «Ich bin aus Überzeugung beides – Betriebsleiterin und Mutter. Aber vielen ist das nicht bewusst.»
Daniela Keller, Betriebsleiterin, 8514 Amlikon-Bissegg (TG)
«Vielfalt federt Risiken ab – schwächelt ein Bereich, tragen andere.»
Jahr der Hofübernahme: 2023 (2018 als Generationengemeinschaft) | Milchwirtschaft, Ackerbau, Gemüse- und Obstbau, Direktvermarktung | Demeter | 32 ha LN | Vollerwerb | Agronomin
Vielfalt erhalten, Infrastruktur verbessern
Für die Zukunft will die junge Betriebsleiterin den Betrieb vielfältig halten und in die Infrastruktur investieren. Konkret geplant ist eine neue Maschinenhalle, um die Fahrwege zwischen den zwei Betriebsstandorten zu reduzieren. «Wir verlieren täglich Zeit auf der Strasse, und diese Zeit fehlt uns dann an anderen Orten», erklärt sie. Auch bauliche Massnahmen für die Kälberaufzucht stehen an. «Demeter schreibt ab 2030 das Abtränken der Kälber auf dem Betrieb vor – das geht nur mit neuen Lösungen.»
Die Zukunft sieht Daniela Keller trotz Herausforderungen zuversichtlich. «Ich will einen Betrieb führen, der ökologisch, vielfältig und resilient ist – und in dem ich gleichzeitig als Mutter wie auch als Betriebsleiterin tätig sein kann.»







