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fenaco-LANDI

Am Puls der Landwirtschaft

Nach 40 Jahren im Dienst der Schweizer Bäuerinnen und Bauern geht Heinz Mollet, Leiter der Division Agrar bei der fenaco, in Pension. Im Gespräch mit der UFA-Revue zieht er Bilanz und ordnet die anstehenden Herausforderungen der Branche ein.

«Wir sorgen dafür, dass die Landwirtinnen und Landwirte ihre Ware dann erhalten, wenn sie diese brauchen», erklärt Heinz Mollet, Leiter der Division Agr...

«Wir sorgen dafür, dass die Landwirtinnen und Landwirte ihre Ware dann erhalten, wenn sie diese brauchen», erklärt Heinz Mollet, Leiter der Division Agrar– hier im Agrarzentrum Lyssach.

(Caspar Martig)

Publiziert am

Redaktions- und Verlagsleiter UFA-Revue

Heinz Mollet, wenn Sie Landwirt geworden wären, was für einen Betrieb würden Sie heute führen?

(Lacht) Wahrscheinlich einen Milchviehbetrieb. Ich mag Kühe. Diese friedlichen Tiere strahlen eine innere Ruhe aus.

Sie blicken auf 40 Jahre in der Agrarbranche zurück – 38 Jahre davon in leitender Funktion bei der fenaco Genossenschaft. Wie war diese Zeit für Sie?

In der Landwirtschaft ist immer etwas los. Kein Jahr gleicht dem anderen. Diese Dynamik und das ständige gemeinsame Lernen faszinieren mich bis heute. Immer wenn ich dachte, jetzt habe ich es im Griff, kam wieder etwas Neues, für das wir eine Lösung finden mussten. Das hat mich gefordert und weitergebracht. Stolz bin ich auf die Menschen, mit denen ich zusammenarbeiten durfte. Ohne ihr Engagement und ihren Teamgeist wären diese Entwicklungen nicht möglich gewesen. Kurz gesagt: Ich durfte mich in einem unglaublich spannenden Umfeld bewegen und blicke dankbar auf diese Zeit zurück.

«Die Gesellschaft steht hinter der Landwirtschaft.»

Heinz Mollet

Der Genossenschaftszweck der fenaco ist es, die Landwirtinnen und Landwirte bei der wirtschaftlichen Entwicklung ihrer Unternehmen zu unterstützen. Wie setzten Sie diesen Auftrag im Geschäftsfeld Agrar um?

Viele Landwirtinnen und Landwirte sehen uns in erster Linie als qualitativ und preislich überzeugende Lieferantin von Hilfsstoffen: Futtermittel, Saatgut, Dünger usw. Dahinter steckt jedoch mehr. Aufgrund unserer Bedeutung tragen wir eine besondere Verantwortung hinsichtlich der Versorgungssicherheit. Um diese trotz zunehmender Volatilität auf den internationalen Beschaffungsmärkten gewährleisten zu können, haben wir viel investiert. Dank unserer Düngerlager sowie Getreide- und Futtermittelrohwarensilos im Auhafen sind wir zum Beispiel lieferfähig, auch wenn der Rhein über Wochen zu wenig Wasser führt. Im Agrarzentrum Lyssach halten wir Saatgut und Pflanzenschutzmittel auf Lager, damit die Landwirtinnen und Landwirte ihre Ware dann erhalten, wenn sie diese brauchen. Auch in unseren Mischfutterwerken haben wir immer wieder in die Effizienz und in neue Technologien investiert.

Viel investiert hat die fenaco auch in den digitalen Hofmanager Barto.

Genau. Die Welt und auch die Landwirtschaft werden immer digitaler. Damit Bauernfamilien effizient produzieren können, stellt die fenaco ihnen die passenden Werkzeuge zur Verfügung. Mit dem Hofmanager Barto unterstützen wir die Betriebe zusammen mit anderen landwirtschaftlichen Organisationen wie LAVEBA dabei, ihre administrativen Abläufe einfacher zu gestalten – selbst wenn die Anforderungen rundherum immer komplexer werden.

Wo sehen Sie in Sachen Digitalisierung die grössten Vorteile für die Schweizer Landwirtschaft?

Zum einen in der Reduktion des administrativen Aufwands. Alle reden von Vereinfachungen, oft bleibt es bei leeren Worten. Mit Barto bieten wir eine konkrete Lösung an. Klar, es gibt einen Initialaufwand. Doch dieser lohnt sich. Bei einer Kontrolle zum Beispiel hat man alle Nachweise griffbereit. Die gesammelten Daten kann man zur agronomischen und betriebswirtschaftlichen Weiterentwicklung des Betriebs nutzen.

Und zum anderen?

Im Bereich Smart Farming. Ich finde es beeindruckend, wie wir heute schon in der Lage sind, dank digitaler Technologien die Tierfütterung und damit zum Beispiel die Milchleistung zu optimieren. Oder dank intelligenter Bilderkennung und präziser Applikation den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu reduzieren. Das macht die Landwirtschaft nachhaltiger, ohne dass wir extensivieren müssen. Ich bin überzeugt, diesbezüglich werden in den kommenden Jahren noch einmal grosse Fortschritte erzielt.

Wo liegen die Hürden?

Eine der grössten Hürden ist die Angst vor dem Datenschutz. Diese Sorge verstehe ich. Sie ist aber zumeist unbegründet. Bei Barto entscheidet die Bäuerin oder der Bauer selbst, welche Daten geteilt werden und welche nicht. Im Bereich Smart Farming stellen die Kosten eine Herausforderung dar. Viele Technologien sind jung, un erprobt und eine Investition ist teuer oder risikoreich. Genau deshalb haben wir zum Beispiel die Technologieplattform Innovagri von Agroline etabliert. Zusammen mit den LANDI machen wir über ein genossenschaftliches Dienstleistungsmodell vielversprechende Technologien im alternativen Pflanzenschutz einer Vielzahl von Betrieben zu attraktiven Konditionen zugänglich. Eine zeitgemässe Art und Weise, unseren Genossenschaftszweck zu erfüllen.

Die LANDI Genossenschaften sind die Besitzerinnen der fenaco. Wie erleben Sie das Zusammenspiel zwischen den LANDI und der fenaco?

Ich erlebe die Zusammenarbeit als sehr positiv. Dies hat viel damit zu tun, dass wir die Rollen geklärt haben: Die fenaco sorgt dank ihrer Grösse für Skaleneffekte und Schwungmasse, die LANDI sind nah bei der Kundschaft und setzen unsere gemeinsam erarbeiteten Konzepte im Terrain um. Wir pflegen in der fenaco-LANDI Gruppe eine ausgeprägte Diskussionskultur auf Augenhöhe.

Wie gehen Sie damit um, wenn viele Menschen mitreden?

Wo viele Menschen mitreden, gibt es auch unterschiedliche Meinungen. Das kann manchmal anspruchsvoll sein und Prozesse verlangsamen, gehört aber zu unserem genossenschaftlichen System dazu. Die fenaco-LANDI Gruppe ist demokratisch aufgebaut, genau das macht uns stark. Entscheide werden mitgetragen und konsequent umgesetzt. Auch dadurch bleiben wir sehr nah am Puls der Landwirtschaft.

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Heinz Mollet schaut positiv in die Zukunft der Landwirtschaft, sagt aber auch: «Es braucht Offenheit für neue Technologien.»

(Caspar Martig)

Auf welche Weise zeigt sich der genossenschaftliche Gedanke innerhalb der fenaco für Sie sonst noch??

12 unserer 19 Verwaltungsratsmitglieder sind sind Bäuerinnen und Bauern. Dadurch ist sichergestellt, dass unser Zweckauftrag der Wegweiser für alle strategischen Entscheide ist. Wir realisieren Projekte, derer sich kein anderes Unternehmen annehmen würde. Ein gutes Beispiel dafür ist die geplante Getreidesammelstelle in Herzogenbuchsee: Kurzfristig betrachtet ist das Vorhaben wirtschaftlich wenig attraktiv, langfristig jedoch hat es eine enorme Bedeutung für die Landwirtschaft in der Region. Das Abwägen zwischen Mitgliedernutzen und Rentabilität zeichnet eine Genossenschaft aus – das ist auch in der fenaco ein Balanceakt, den wir meistern müssen. Denn wenn es unten rechts nicht mehr aufgeht, kann die Genossenschaft ihren Auftrag nicht mehr erfüllen.

«Die fenaco-LANDI Gruppe funktioniert demokratisch, das macht uns stark.»

Heinz Mollet

Einer Ihrer wichtigsten Meilensteine war das Vermarktungs system «Maxi». Warum war das so prägend?

Vor 1998 konnten das Brotgetreide und die Ölsaaten nicht frei gehandelt werden. Mit der Marktliberalisierung änderte sich das. Unsere Mitglieder erwarteten zu Recht von der fenaco, dass wir dafür eine Lösung finden. Das war eine aussergewöhnliche Chance und zugleich eine grosse Verantwortung für die fenaco. Die Vorfinanzierung der Ernte war damals herausfordernd, die Eigenkapitaldecke war viel tiefer und das Zinsniveau viel höher als heute. Das Maxi-System hat sich nun seit 25 Jahren bewährt. Über die Jahre wurde das System weiterentwickelt. Die Grundidee ist dieselbe geblieben: mit der Bündelung des Angebotes und tiefen Vermarktungskosten die Markterlöse für die Bauernfamilien stärken. Wir legen offen, was funktioniert. Und auch, was nicht funktioniert. Das ist Ausdruck genossenschaftlicher Solidarität und gelebter Transparenz.

Welche zentralen Herausforderungen sehen Sie für die Schweizer Landwirtschaft in den kommenden Jahren?

Ich sehe vieles positiv. Wir haben hervorragend ausgebildete und engagierte Landwirtinnen und Landwirte. Die Bevölkerung steht hinter den Bauernfamilien und der Grossteil der Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten kauft gerne einheimische Produkte. Gleichzeitig gibt es grosse Herausforderungen. Die Agrarpolitik 2030+ wird wichtige Weichen stellen, vor allem im Hinblick auf die landwirtschaftliche Produktivität und den Grenzschutz. Verlässliche agrarpolitische Rahmenbedingungen sind entscheidend, damit Landwirtschaftsbetriebe zielgerichtet investieren können. Der Grenzschutz muss unbedingt erhalten bleiben. Gefordert ist die Branche ausserdem im Umgang mit den Folgen des Klimawandels. Schon heute erleben wir grosse Ernteschwankungen. Das stellt die ganze Wertschöpfungskette vor Probleme. Es braucht Offenheit für neue Technologien und Lösungsansätze, um wirksam gegensteuern zu können und die Produktivität zu sichern. Ich denke da zum Beispiel an das Potenzial neuer Züchtungsmethoden.

Sie übergeben die Leitung der Division Agrar per 1. Januar 2026 an Markus Hämmerli. Mit welchem Gefühl?

Ich blicke mit Freude in die Zukunft. Mein Nachfolger, Markus Hämmerli, ist fachlich wie menschlich top und bringt viel Erfahrung mit. Besser könnte man es sich gar nicht wünschen. Gleichzeitig gehe ich auch mit einem «weinenden Auge». Ich werde vor allem die Zusammenarbeit und den Austausch mit den vielen grossartigen Menschen vermissen.

Was macht Heinz Mollet im Ruhestand?

Die Zeit der randvollen Agenda ist dann hoffentlich vorbei. Ich werde mich häufiger meinen Hobbys widmen: Skifahren, Mountain-E-Biken, Tennisspielen. Und natürlich freue ich mich auf mehr gemeinsame Momente mit meiner Familie. Eines ist für mich klar: Ich bleibe der Schweizer Landwirtschaft eng verbunden. 

Zur Person

Heinz Mollet (Jg. 1964) ist seit 2012 Leiter der Division Agrar und Mitglied der Geschäftsleitung der fenaco. Als Verwaltungsratspräsident verantwortet er unter anderem die erfolgreiche Entwicklung von UFA, Anicom und der Groupe Serco. Heinz Mollet stiess 1985 als Getreidehändler zur fenaco-LANDI Gruppe und prägte die Genossenschaft entscheidend mit. Nach fast 40 Jahren im Unternehmen tritt er Ende 2025 auf eigenen Wunsch vorzeitig in den Ruhestand.

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