Unter Agri-Photovoltaikanlagen werden Solaranlagen verstanden, die auf landwirtschaftlichen Freiflächen installiert werden. Die verfügbare Fläche wird dabei doppelt genutzt, denn die Bauweise der Anlagen lässt weiterhin die agronomische Nutzung zu. Die Solarpanels werden vertikal zwischen die Kultur oder in erhöhter Position über das Feld gestellt. Besonders gut für Installationen dieser Art eignen sich Obst- und Beerenkulturen, da diese häufig bereits mit Hagelschutznetzen bedeckt sind und so durch die Solaranlage das Landschaftsbild nicht weiter verändert wird. Doch auch Ackerflächen und Gemüsekulturen kommen für Agri-PV-Anlagen infrage und besitzen gemäss Berechnungen der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) sogar das höhere Potenzial zur Stromgewinnung.
Gemäss Mareike Jäger, Expertin für regenerative Landwirtschaftssysteme der ZHAW, bieten die Anlagen ausser der praktischen Doppelnutzung noch weitere Vorteile: «Die Anlagen schützen die Ernte vor ungewollten Witterungseinflüssen und Austrocknung, indem sie Niederschläge abschirmen und Schatten spenden. Die Anlagen bieten auch einen gewissen Schutz gegen Erosionen und den Verlust von Nährstoffen. Ausserdem eignen sich die extensiven Zonen, die beispielsweise durch die Trägerkonstruktionen entstehen, gut zur Förderung der Biodiversität.»
Mareike Jäger, ZHAW«Die Agri-PV-Anlagen schützen die Ernte vor Niederschlag und Austrocknung.»
Aktueller Stand in der Schweiz
Agri-PV-Anlagen bieten diverse Chancen für die Landwirtschaft. Die Realisation ist jedoch herausfordernd, weiss Ronny Müller, Leiter Abwicklung Projekt Management Office bei Agrola: «Für den Bau der Anlagen muss einiges am Standort stimmen. Beispielsweise braucht es einen Stromanschluss in der Nähe.» Gemäss Müller muss sich auch der Boden für den Bau eignen. Und natürlich sind die rechtlichen Vorgaben einzuhalten: Es gilt unter anderem den Naturschutz, den Heimatschutz, die Grundwasserversorgung sowie die Bauauflagen für Bauten ausserhalb der Bauzonen zu beachten und weiterhin die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. «Die Anlage darf die landwirtschaftliche Tätigkeit auf der Fläche nicht behindern, also keine Ertragsminderung verursachen und keine Naturschutzgebiete oder Ähnliches stören», erklärt Ronny Müller. Die rechtlichen Vorgaben unterscheiden sich auf kantonaler Ebene. Einige Kantone, wie der Kanton Thurgau, verfügen bereits über Richtlinien für das Bewilligungsverfahren. In anderen Kantonen ist das nicht der Fall. Hauptgrund hierfür ist laut Mareike Jäger das Fehlen einer ausreichend grossen Menge an Referenzanlagen.
Neben der Versorgungssicherheit spielt auch die Standortgebundenheit der Anlagen eine grosse Rolle. Diese rechtliche Voraussetzung aus dem Raumplanungsgesetz (RPG) besagt, dass die PV-Anlage auf einer Freifläche nur dann bewilligt wird, wenn sie in einer ähnlichen Grösse nicht auch auf ein Stall- oder Scheunendach gebaut werden kann. Hierzu meint Mareike Jäger: «Agri-PV-Anlagen und deren Bewilligung stellen eine Ausnahme der Standortgebundenheit dar und müssen speziell bewilligt werden. Nur wenn ausgewiesen werden kann, dass der Bau einer Anlage Vorteile am Standort bietet, wird er genehmigt.» Nebeneffekte von Agri-PV-Anlagen, wie der Schutz vor Niederschlag, können unter Umständen als standortgebundene Voraussetzungen gelten, da sie nur mit dem Bau der Anlage eintreten. Somit sei der Vorteil für die Landwirtschaft durch die Anlagen unter Umständen nicht mehr nur mit einem Mehrertrag gegeben.
Ronny Müller, Agrola«Wir sichern gute Ernten und machen gleichzeitig Stromproduktion rentabel.»
Rentable Anlagen
«Bei Agrola entwickeln wir derzeit ein Konzept für die Agri-Photovoltaik. Unser Ziel ist es, die Bedürfnisse der Landwirtschaft mit Versorgungssicherheit, Biodiversität und Rentabilität in Einklang zu bringen», sagt Ronny Müller. Dabei arbeitet Agrola mit UFA-Samen zusammen. «Indem wir die PV-Anlage und die Voraussetzungen des Saatgutes für eine optimale Ernte aufeinander abstimmen, sichern wir eine gute Ernte und machen gleichzeitig die Stromproduktion rentabel», fasst Ronny Müller zusammen.
Schritte in die Zukunft
Agri-PV-Anlagen bieten viele Chancen für die Zukunft und lassen eine funktionierende Symbiose von Stromerzeugung und Pflanzenbau zu. Damit die noch unklaren und komplexen rechtlichen Regelungen ausgearbeitet und vereinfacht werden können, braucht es mehr Pilotanlagen. Mareike Jäger und die ZHAW bieten kostenlos Vorabklärungen an. Interessierte Personen können sich via E-Mail an mareike.jaeger@zhaw.ch wenden. Agrola plant, dimensioniert und realisiert massgeschneiderte Agri-PV-Anlagen.