Vitamine und Spurenelemente sind im Organismus des Kalbes an Immunabwehr, Wachstum, Blutbildung und Knochenentwicklung beteiligt und bilden die Grundlage für eine gesunde Entwicklung. Fehlen sie, steigt die Anfälligkeit für Erkrankungen deutlich. Defizite in dieser frühen Entwicklungsphase haben langfristige Folgen: Betroffene Kälber bleiben oft im Wachstum zurück und zeigen später eine geringere Milch- und Mastleistung. Besonders Vitamin E und Selen gelten als Schlüsselnährstoffe, weil sie antioxidativ wirken und die Abwehrkräfte gegen Infektionen stärken. Ein Mangel führt zu erhöhter Krankheitsanfälligkeit und kann im Extremfall zur Weissmuskelkrankheit führen. Eisen ist für die Bildung roter Blutkörperchen unerlässlich. Ein Mangel äussert sich in Blutarmut, blassen Schleimhäuten und Wachstumsdepressionen. Zink und Kupfer wiederum sind wichtig für Haut, Klauen und Wundheilung. Mangelt es daran, treten Hautprobleme, schlechtes Haarkleid oder eine erhöhte Anfälligkeit für Infektionen auf.
Warum Milch allein nicht reicht
Der tägliche Bedarf an Vitaminen, Mengenund Spurenelementen wurde in den letzten Jahren intensiv untersucht. Die Empfehlungen zeigen, dass ein Kalb mit rund 50 kg Körpergewicht und 800 g Tageszuwachs täglich mehrere Milligramm an Mengenund Spurenelementen sowie internationale Einheiten (IE) an Vitaminen benötigt. In der Tabelle sind die Bedarfswerte den Gehalten in der Milch gegenübergestellt. Dabei wird deutlich, dass die natürliche Versorgung bei vielen Elementen und Vitaminen unzureichend ist. Milch enthält beispielsweise nur sehr geringe Mengen an Eisen, Kupfer und Selen. Ein Kalb müsste unrealistische Mengen an Milch aufnehmen, um seinen Bedarf zu decken. Besonders kritisch ist Selen. Ohne Supplementierung kann der Bedarf von 0,3 Milligramm pro Tag nicht gedeckt werden. Ähnlich problematisch ist Vitamin E. Auch die Verfügbarkeit spielt eine Rolle: Spurenelemente in organisch gebundener Form (z. B. Chelate) werden meist besser resorbiert als anorganische Verbindungen. Der Einsatz eines Milchpulvers für die Aufzucht deckt den Bedarf und unterstützt ein gesundes Wachstum (siehe Tabelle). Vollmilch sollte durch ein entsprechendes Konzentrat mit Vitaminen, Mengen- und Spurenelementen aufgewertet werden. Für Kälber in Stresssituationen, etwa rund um das Absetzen, kann der Einsatz organisch gebundener Spurenelemente sinnvoll sein.
Vitamin E und Selen gelten als Schlüsselnährstoffe.
Kolostrum als Grundlage
Der Grundstein für die Versorgung des Kalbes wird bereits vor der Geburt gelegt. Studien zeigen, dass die Mineralstoff- und Vitaminversorgung der Kühe während der Trächtigkeit die Kolostrumqualität direkt beeinflusst. Hat das Kolostrum hohe Gehalte an Vitamin E und Selen, verbessert das den antioxidativen Status der Kälber und stärkt ihre Immunabwehr. Auf Schweizer Betrieben ist deshalb eine gezielte maternale Supplementierung, also die Versorgung der Kuh in den letzten Wochen vor dem Abkalben, wichtig. So gelangt Selen bereits während der Trächtigkeit ins Kolostrum, das dem Kalb nach der Geburt als wichtige Selenquelle dient. Auf dem Geburtsbetrieb selbst spielt das Kolostrum-Management eine Schlüsselrolle. Kälber sollten innerhalb der ersten sechs Stunden mindestens vier Liter hochwertiges Kolostrum aufnehmen. Neben Antikörpern liefert es viel Vitamin A und weitere antioxidative Nährstoffe. Wird zu wenig oder qualitativ schlechtes Kolostrum gegeben, leidet die Widerstandskraft der Kälber – Durchfall, Lungenentzündungen und ein tieferer Tageszuwachs können die Folge sein. Da die Kolostrumversorgung nur die ersten Stunden und Tage absichert, ist eine kontinuierliche Versorgung nötig. Ergänzungen in der Vollmilch enthalten zusätzliche Mengen- und Spurenelemente sowie Vitamine. Diese sind unverzichtbar, um Versorgungslücken zu schliessen. Auch Eisen muss supplementiert werden, da Milch praktisch kein Eisen enthält. Eine Blutarmut kann sonst schon nach wenigen Lebenswochen auftreten.
Analyse statt Bauchgefühl
Die regelmässige Kontrolle der Grundfutterqualität ist eine gute Möglichkeit, um die Versorgungslage der Galtkühe besser einschätzen zu können. Es wird empfohlen, Heu- und Silageproben zu analysieren, da die Gehalte je nach Region und Erntejahr stark schwanken. Zusätzlich liefern Blutuntersuchungen bei Kälbern wertvolle Informationen über den Versorgungsstatus der Tiere und decken allfällige Mängel frühzeitig auf. Nur wenn sowohl die Muttertiere als auch die Kälber bedarfsgerecht mit Vitaminen, Mengen- und Spurenelementen versorgt werden, gelingt ein gesunder Start ins Leben. Eine lückenlose Versorgung mit Vitaminen und Spurenelementen bildet die Grundlage für später widerstandsfähige, leistungsfähige und langlebige Milchkühe und Masttiere.







