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Landleben

Die vegetarische Ergänzung zum «Tiptopf»

Lehrkräfte lassen sich in der Hiltl-Akademie von der vegetarischen Küche begeistern und lernen erste Rezepte aus dem neuen Kochbuch «Greentopf» kennen.

Auf dem Menüplan stehen vegetarische Gerichte.

Auf dem Menüplan stehen vegetarische Gerichte.

(Bild: Ruth Bossert)

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freie Journalistin

Zürich – Im Kurslokal und der angrenzenden Schulküche der Hiltl-Akademie ist es laut. Die zwanzig Frauen, es sind Lehrerinnen, die an Sekundarschulen das Fach WAH (Wirtschaft, Arbeit, Haushalt) unterrichten, sind zum Teil aus den gleichen Schulen angereist oder kennen sich von früheren Weiterbildungen. Was genau mit dem Begriff WAH gemeint ist, erklärt Monika Neidhart, WAH-Lehrerin, früher Dozentin an der Bäuerinnenschule in Schüpfheim und heute an der Pädagogischen Hochschule Fribourg, wie folgt: «WAH steht für Wirtschaft, Arbeit, Haushalt. Das Fach beinhaltet die bisherigen Themen des Hauswirtschaftsunterrichtes, wie der kochpraktische Unterricht, Haushalten und Themen der ausgewogenen Ernährung. Dazu kommen Gebiete wie Produktions- und Arbeitswelten erkunden, Märkte und Handel verstehen und über Geld nachdenken.» Das Fach wird je nach Kanton neu von der ersten bis zur dritten Oberstufe unterrichtet.

Jugendliche im Mittelpunkt

«Die Kochkurse zur Einführung des neuen Lehrmittels «Greentopf» laufen seit dem vergangenen Herbst und sind immer ausgebucht», sagt Franziska Stöckli, Initiantin und bis im vergangenen Sommer Lehrerin an der Timeoutklasse der Schulen Frauenfeld. WAH-Lehrkräfte wissen, dass sich Kochen und Hauswirtschaft in den vergangenen Jahren stark verändert haben. Zum einen ist Fastfood allgegenwärtig und vielerorts während 24 Stunden für wenig Geld zu haben. Fertiggerichte füllen ganze Gestellwände bei den Grossverteilern und viele Kinder und Erwachsene leiden an Übergewicht. Auf der anderen Seite war das Interesse an vollwertiger, gesunder Ernährung noch nie so hoch wie heute.

Zunehmend ernähren sich Jugendliche und Erwachsene fleischlos und vereinzelt vegan. Unverträglichkeiten haben zugenommen, Labels und Regionalität werden immer wichtiger und die Zeit zum Kochen wird immer weniger. Franziska Stöckli hat mit ihrer Timeoutklasse, welche als Tagesschule geführt wurde und wo Kochen ein fester Bestandteil des Alltags war, viele Erfahrungen gesammelt. Aus der multikulturellen Zusammensetzung der Schülerinnen und Schüler sei die Idee entstanden, gemeinsam ein Buch zu erarbeiten, das sich dieser Vielfalt widmet und vegetarische und vegane Rezepte aus der Schweiz und aller Welt beinhaltet.

Mit Crispy-Tofu punkten

Während die Kursteilnehmer dem theoretischen Teil folgten, hat Profikoch Martin Ocenas für die Lehrkräfte einen ersten Happen zum Probieren vorbereitet. «Tatar», sagt er augenzwinkernd und lässt seine Brötchen mit dem dunkelroten Belag, der kaum vom fleischigen Tatar zu unterscheiden ist, rumreichen. Selina aus dem Glarnerland findet das Häppchen wunderbar. «Echt gut und «chüschtig» wie Fleisch», sagt sie und die Frauen rundum nicken. Stefano führt ebenfalls eine Timeoutklasse, wo täglich gekocht wird. Der Geniesser, wie er sich bezeichnet, ist skeptisch: «Schmeckt das den Jugendlichen?» Was ihnen sicher schmecken werde, sei Crispy-Tofu, erklärt der Koch und reicht die nächsten Häppchen. Die marinieren Tofustückchen werden mit Sojadrink, Mehl und Cornflakes knusprig paniert, dazu wird ein delikates Mango-Apfel-Chutney serviert. Die Lehrerinnen und Stefano sind begeistert, sie geben dem Kursleiter Recht: «Mit diesen Häppchen könnten wir bei den Schülern punkten.»

Selbstbestimmung ist wichtig

Während im ersten Teil die Kursteilnehmer degustieren durften, wird nun in der Gruppe gekocht. Während es in der modern eingerichteten Kursküche brutzelt, dampft und zischt, beginnt es verführerisch zu riechen. Paprika-Geschnetzeltes mit Spinatnudeln, Gemüse Paella mit Onion Rings, Züri Geschnetzeltes mit Rösti, Kartoffel-Hallumi-Plätzchen mit Peperoni-Apfel-Gulasch und weitere Gerichte werden gekocht. Monika Neidhart erklärt, weshalb sie es richtig findet, den «Greentopf» in die Schulen zu bringen. «Seit über drei Jahrzehnten kochen wir mit «Tiptopf», in dieser Zeit hat sich die Welt verändert.» Individualisiertes Essen sei heute Alltag und immer öfter, und aus unterschiedlichen Gründen, wollen vermehrt Schülerinnen und Schüler kein Fleisch mehr essen. «Dieses Anliegen müssen wir ernst nehmen und ihnen ein Instrument in die Hand geben, damit sie selbstbestimmt und unabhängig von der Industrie, Influencern und der Werbung lernen, dass es nicht reicht, einfach das Fleisch wegzulassen, um sich gesund zu ernähren.»

Fremde Zutaten ersetzen

Für Monika Neidhart bleiben Milch und Milchprodukte ein wesentlicher Teil der Schweizer Ernährung. «Ernähren wir uns möglichst mit einheimischen Produkten, fallen viele ökologische und soziale Probleme weg. Zudem sichern wir Arbeitsplätze und die Existenz der Schweizer Bauern.» Franziska Stöckli weiss, dass bei einigen der 210 Rezepten der multikulturelle Ursprung spürbar ist.

«Schliesslich haben auch ein paar Schüler aus fremden Ländern bei der Entstehung mitgewirkt», sagt sie dazu. Bei jedem Rezept werde aber beschrieben, welche einheimischen Zutaten ebenso gut verwendet werden können. Zudem habe man darauf geschaut, dass die Zutaten auch im Laden um die Ecke und ebenso im entlegenen Bergtal gekauft werden können. Der sechsstündige Kurs neigt sich dem Ende entgegen. Die Lehrerinnen sind von den Menüs begeistert und freuen sich auf das neue Lehrmittel. Stefano äussert sich positiv: «Ich durfte meinen Horizont erweitern und freue mich, dass unsere Jugendlichen sowohl bei der Entstehung des Buches wie hoffentlich auch in Zukunft bei der Nutzung im Mittelpunkt stehen.» 

Timeout Frauenfeld

Die Timeoutklasse Frauenfeld bietet Jugendlichen, die sich nicht mehr in der Klasse zurechtfinden, den Sinn der Schule aus den Augen verloren haben oder in eine persönliche Notsitua tion geraten sind, die Chance für einen Neuanfang. Der Aufenthalt in der Timeoutklasse ist eine Gelegenheit, Geschehenes zu verarbeiten, eigenes Verhalten zu überdenken und neue Werte zu entwickeln. Aus der Distanz zum gewohnten Schulalltag erwächst die Chance, Energien und Ressourcen freizusetzen, so dass eine positive Entwicklung einsetzen kann. Dank der übersichtlichen Gruppengrösse ist ein indivi dueller Unterricht möglich, das Hauptziel der Reintegration in die Regelklasse soll durch gezielte Förderung gewähr leistet werden.

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