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Nutztiere

Impfen in der Kälbermast

Aufgrund der Resistenzproblematik bei Antibiotika, haben Impfstoffe eine grösser werdende Bedeutung. Kälberkrankheiten wie die Kälbergrippe sind stark von Management und Umweltfaktoren abhängig. In einer aktuellen Feldstudie wird untersucht, welches Impfschema am besten gegen die Kälbergrippe wirkt.

Einstallkontrolle

Einstallkontrolle eines Mastkalbes im Rahmen der Feldstudie.

(Bild: Eva Studinger)

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Aktualisiert am

Rindergesundheitsdienst

Alle Eltern wissen, worum es geht: Impfen schützt vor Krankheiten, an denen früher viele Kinder gestorben sind, zum Beispiel vor Kinderlähmung oder Wundstarrkrampf. Mittlerweile gehört es zur guten Pflicht, sich und seinen Nachwuchs impfen zu lassen. Doch was ist Impfen eigentlich?

Langer Schutz durch Impfung

Ziel des Impfens ist, dass ein Mensch oder Tier anschliessend möglichst lange und möglichst gut gegen Infektionskrankheiten geschützt ist. Dafür wird ein Erreger verabreicht, wobei es sich um Viren, Bakterien, Pilze oder auch Parasiten handeln kann. Der Erreger wird im Rahmen der Impfstoffherstellung entweder abgetötet (Totimpfstoff) oder so behandelt, dass die krankheitsauslösenden Eigenschaften abgeschwächt werden (Lebendimpfstoff). Ein Impfstoff kann mit einer Spritze injiziert, intranasal über die Schleimhäute verabreicht oder durch eine Schluck- oder Trinkwasserimpfung über den Verdauungstrakt gegeben werden. Es entwickelt sich ein immunologisches Gedächtnis, welches das Tier bei erneutem Kontakt mit dem Erreger vor einer Krankheit schützt. Bei vielen Erregern ist allerdings eine mehrfache Verabreichung des Impfstoffes notwendig, um das Immunsystem des Impflings ausreichend zu stimulieren.

Beim Rind sind viele Krankheiten mit Hilfe von Impfungen erfolgreich verschwunden. Als besonders erfolgreich erwiesen sich beispielsweise die Bekämpfungsprogramme gegen die Maul- und Klauenseuche (MKS), Leukose oder auch Brucellose, bei denen die Impfung eine wesentliche Rolle spielte.

Können Schäden durch Impfungen entstehen?

Potenziell ist es möglich, dass Impfungen Schäden verursachen. Von einer Impferkrankung spricht man, wenn die Erreger beim Herstellen des Impfstoffes ungenügend abgeschwächt wurden und die geimpften Tiere durch den Kontakt mit dem Impferreger erkranken. Dieses Risiko besteht bei Tieren mit einem geschwächten Immunsystem, weshalb möglichst keine kranken Tiere geimpft werden sollten. Ebenso sind bei gestressten Tieren Impfdurchbrüche möglich. Das bedeutet, dass geimpfte Tiere bei Kontakt mit einem Erreger aus der Umwelt aufgrund einer ungenügenden Immunantwort erkranken. Schliesslich sind auch Impfschäden möglich. Dabei handelt es sich beispielsweise um lokale Reaktionen in Form einer massiven Schwellung nach dem Verabreichen eines Impfstoffs. Hier muss hervorgehoben werden, dass eine gewisse Impfreaktion – eventuell verbunden mit einer Rötung oder geringgradigen lokalen Schwellung – durchaus erwünscht ist. Grundsätzlich konnte aber in einer Vielzahl Studien überzeugend gezeigt werden, dass der Nutzen durch das Impfen potenzielle Risiken weit übersteigt.

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Im Rahmen der Einstallkontrolle wird in der Feldstudie von jedem Kalb Blut entnommen zur Analyse.

(Bild: Eva Studinger)

Faktorenkrankheiten

Die Impfungen der Rinder zielen heute insbesondere darauf ab, einen Schutz gegen Erkrankungen wie Kälberdurchfall, Rindergrippe oder auch Euterentzündungen zu erreichen. Die Herausforderung ist dabei, dass es sich um sogenannte Faktorenkrankheiten handelt. Diese werden nicht allein durch den betreffenden Erreger hervorgerufen, sondern erst durch zusätzlich unbelebte Ursachen und ungünstige Umstände. Ein Beispiel ist die Kälbergrippe (enzootischen Bronchopneumonie). Die beteiligten Bakterien findet man auch auf den Schleimhäuten des Atmungstrakts vieler gesunder Kälber. Erst wenn zusätzlich die Umweltbedingungen ungünstig sind, können sich die Erreger stark vermehren und einen Krankheitsausbruch verursachen (Grafik Faktorenkrankheit). Die primäre Virusinfektion schädigt in der Regel die Schleimhautzellen, was das Vermehren der dort auch bei gesunden Kälbern häufig nachweisbaren Bakterien ermöglicht. Letztlich sind es aber unbelebte Faktoren, die das Risiko eines Krankheitsausbruchs im Stall bestimmen. Angesichts der Vielzahl dieser Faktoren überrascht es kaum, dass Impfmassnahmen gegen derartige multifaktoriell bedingte Krankheiten nicht so effektiv wirken, wie gegen Infektionen, bei denen allein der Kontakt des Organismus mit dem Erreger ausschlaggebend ist für ein Erkranken (Grafik).

Antibiotikareduktion

In der Schweiz werden sehr viele Kälber ein- oder mehrmals gegen Kälbergrippe geimpft. Über den Bestandestierarzt sind Lebendvakzinen verfügbar, die in die Nasenöffnung oder in den Muskel gespritzt werden. Auch Totvakzinen sind erhältlich, die unter die Haut gespritzt werden. Besondere Bedeutung hat die Impfung auf Mastbetrieben, die Kälber aus vielen verschiedenen Betrieben zusammen einstallen. Der Transport und die neuen Umweltbedingungen sind verbunden mit Stress und damit einer verminderten Abwehrbereitschaft des Organismus. Entsprechend gross ist das Risiko einer Atemwegsinfektion – und tatsächlich sind auf Mastbetrieben häufig Gruppenbehandlungen mit Antibiotika oder wiederholte Injektionen bei Einzeltieren notwendig. Nicht zuletzt unter den Vorzeichen einer nötigen Reduktion des Einsatzes von Antibiotika kommt Impfstoffen eine immer grössere Bedeutung zu. Doch welches Impfschema ist tatsächlich am besten? Wie lässt sich die Erkrankungsrate am wirkungsvollsten reduzieren?

Geht eine infolge der Impfung verbesserte Tiergesundheit auch mit höheren Tageszunahmen einher? Es verwundert, dass es dazu zwar viele theoretische Überlegungen gibt, doch kaum belastbare Zahlen aus Feldstudien unter den spezifischen Rahmenbedingungen der Kälbermast in der Schweiz.

Feldstudie

Um Zahlen zur Effektivität einer Impfung von Mastkälbern gegen die Kälbergrippe zu erhalten, wurde vom Rindergesundheitsdienst, in Zusammenarbeit mit der UFA, eine Feldstudie gestartet. In der Studie wurden auf vier Schweizer Mastbetrieben während einem Jahr Daten von insgesamt 480 Kälbern aufgenommen. Die Kälber wurden entweder mit einem im Handel verfügbaren Tot- oder Lebendimpfstoff geimpft oder sie erhielten ein Scheinmedikament, also eine Lösung ohne Wirkstoff, welche nur dazu dient, dass die Kälber wie die anderen auch einer Behandlung unterzogen wurden (siehe Grafik Impfschema). Drei Wochen später erfolgte eine zweite Impfung, entweder mit Tot- oder Lebendvakzinen. Die Studie wurde so durchgeführt, dass der Mäster zu keinem Zeitpunkt wusste, welche der Tiere wie geimpft wurden. Bei einer Stichprobe wurde zu definierten Zeitpunkten eine Blutprobe entnommen, um den Anstieg der Anzahl Antikörper im Blut als Reaktion auf die Impfung zu erfassen. Zusätzlich wurden alle Kälber zum Zeitpunkt der Einstallung sowie nach vier Mastwochen gewogen. Jegliche tierärztliche Behandlungen sowie die Gewichte der Schlachtkörper und deren Taxierung wurden dokumentiert.

Die Ergebnisse der Feldstudie werden erstmals eindeutige Schlussfolgerungen über die Wirksamkeit und die ökonomische Bilanz unterschiedlicher Impfschemata ermöglichen, die für alle Kälbermäster nützlich sein werden. Die Ergebnisse der Studie werden in der UFA-Revue veröffentlicht, sobald die Studie abgeschlossen ist. 

Eindämmung von Antibiotika-Resistenzen

Die Einführung von Antibiotika in der Medizin vor über 70 Jahren war ein bedeutender Fortschritt, da bakterielle Erkrankungen damit geheilt werden können, welche früher oft tödlich verlaufen sind. In den letzten Jahren wurde der Antibiotikaeinsatz jedoch zu einer grossen Problematik – aufgrund von der Entwicklung von Resistenzen, welche sich aus übermässigem und unsachgemässem Einsatz ergaben. Antibiotikaresistenz bedeutet, dass Bakterien unempfindlich gegenüber von Anitibiotika werden.

Die Schweiz beteiligt sich mit der Strategie Antibiotikaresistenzen (StAR) aktiv an der Eindämmung dieser Resistenzen. Das Ziel davon ist, die Wirksamkeit von Antibiotika für Mensch und Tier zu erhalten und Resistenzen zu vermindern.

Die vorbeugende Behandlung mit Antibiotika wurde somit in den letzten Jahren immer mehr in Frage gestellt, weshalb Tierärzte Antibiotika zur vorbeugenden Behandlung nicht mehr auf Vorrat abgeben dürfen. Ab Oktober 2019 müssen Tierärzte in einer nationalen Datenbank jegliches verabreichte oder abgegebene Antibiotikum erfassen. Dies, um Probleme zu erkennen und gezielt Massnahmen ergreifen zu können. Dies lässt Tierärzten wie auch Tierhaltenden einen Vergleich zu.

Impfungen gehören zu den präventiven Massnahmen, um zu verhindern, dass der Antibiotikaeinsatz nötig wird. Die im Artikel nebenan beschriebene Studie dient der Erarbeitung von Grundlagen für einen Impfleitfaden.

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