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Nutztiere

Notwendiger Standard

Die Melkmaschine ist die zentrale Technik in der Milchproduktion. Ihre Anwendung und ihre Funktionstüchtigkeit sind entscheidend für die Eutergesundheit und nicht zuletzt für die Qualität der Rohmilch.

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Aktualisiert am

Agroscope

Im Sinn der Gewinnung eines qualitativ hochwertigen Lebensmittels ist es daher notwendig, dass sowohl für die Milchproduzenten als auch für die Melkmaschinenfirmen verbindliche Standards gelten.

Der Branchenstandard «Installation und Service von Melkanlagen» gilt seit 2006. SMP und SLV als Hauptinitianten des Branchenstandards machen eine Analyse dieser Vereinbarung. Thomas Reinhard, SMP, und Pierre-Alain Rom, SLV, geben im Interview Auskunft zum Branchenstandard.

Pascal Savary: Die Verordnung über die Hygiene bei der Milchproduktion (VHyMP) gibt bereits die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Milchproduktion vor. Warum benötigt die Milchbranche zusätzlich eine privatrechtliche Vereinbarung wie den Branchenstandard?

Pierre-Alain Rom: 

Es ist wichtig, dass die Einhaltung der Hygiene bei der Milchproduktion in der Schweiz gesetzlich geregelt wird, um unsere hohe Milchqualität sichern zu können. Gesetzlich ist vorgeschrieben, dass die Produzenten ihre Melkmaschinen mindestens einmal jährlich kontrollieren und warten lassen müssen. Bei Sömmerungsbetrieben mindestens alle zwei Jahre. 

Es gibt jedoch keine gesetzlichen Vorschriften zur Qualifikation der Fachperson, welche die Wartung und Kontrolle einer Melkmaschine durchführt. Deshalb hat die Fachgruppe für Melk- und Milchkühlanlagen des SLV zusammen mit dem SMP, Agroscope Tänikon und den Milchproduzentenberatern den Branchenstandard geschaffen, der unter anderem die notwendigen qualitativen Voraussetzungen zur Ausbildung der Melkmaschinenkontrolleure mit Fähigkeitsausweis regelt. Dies als Ergänzung und Umsetzungshilfe zur Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben.

Thomas Reinhard: Es ist die Erkenntnis, dass Mängel bei der Installation der Melkanlagen und Fehler in der Anwendung, Wartung und der Reinigung die Milchqualität beeinträchtigen und die Entstehung von Euterkrankheiten begünstigen können. Es geht also um die Vermeidung von Qualitätseinbussen bei der Milch sowie von negativen Auswirkungen auf das Tierwohl. Mit der Anwendung von breit abgestützten Normen und breitem Fachwissen soll dies sichergestellt werden. Dabei hat Agroscope am Standort Tänikon mit ihren Fachpersonen eine sehr wichtige Koordinations- und Ausbildungsfunktion (Servicepersonal, Baufachleute usw.).

«Das Gesetz bestimmt das ‹Muss› aber nicht das ‹Wie›, deshalb braucht es den Branchenstandard.»

Pierre-Alain Rom, Geschäftsführer SLV

Der Inhalt des Branchenstandards besteht zum Teil austechnischen Richtlinien, welche von den Melkmaschinenfirmenumgesetzt werden. Wie soll der Milchproduzent seinerseits mit diesen Richtlinien umgehen?

Rom: Genau dort liegt für den Anwender der Haken der gesetzlichen Vorgaben. Diese verlangen zwar eine jährliche Kontrolle der Melkmaschinen, sagen jedoch wenig aus über das «Wie genau». Durch die Schaffung dieser Standards, soll die Situation für den Milchproduzenten klarer geregelt und vereinfacht werden.

Reinhard: Die Richtlinien sind recht umfangreich und sehr technisch geprägt. Mit dem Beizug von anerkannten Servicefachleuten, die auf dem neusten Ausbildungsstand sind und geeichte Prüfmittel haben, besteht Gewähr, dass die Arbeiten möglichst fachgerecht ausgeführt werden. Die Dienstleistungspreise sind Marktpreise (keine Vorgaben mit dem Branchenstandard).

Rom: Nach Abschluss der Kontrolltätigkeit durch den Melkmaschinenkontrolleur erhält der Milchproduzent ein detailliertes Protokoll über die vorgenommenen Prüfungshandlungen sowie die erzielten Werte und ob die Standardvorgaben erreicht wurden oder nicht. Er weiss also sofort, ob etwas repariert, ersetzt oder neu eingestellt werden muss oder nicht. Dieses Protokoll hat der Milchproduzent während mindestens drei Jahren aufzubewahren.

Der Branchenstandard stellt keine gesetzliche Pflicht dar. Warum ist es trotzdem wichtig, dass sowohl die Milchproduzenten als auch die Melkmaschinenfirmen den Branchenstandard einhalten?

Rom:  Wie bereits dargelegt, bestimmt das Gesetz das «Muss» aber nicht das «Wie». Genau in dieser Situation kommt einem Branchenstandard eine wesentliche Bedeutung zu. Der Milchproduzent ist gemäss Gesetz verantwortlich für die Funktionstüchtigkeit seiner Anlage und für die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben. Er kann diese Verantwortung niemandem abgeben; auch nicht indem er einem Fachmann den Auftrag für Service und Kontrolle seiner Anlage erteilt. Auf der anderen Seite ist ebenfalls die liefernde Melkmaschinenfirma verantwortlich dafür, eine den gesetzlichen Bestimmungen entsprechende Anlage zu liefern und zu installieren. Der Milchproduzent kann bei der Bestellung einer Anlage vertraglich verlangen, dass diese Standards erfüllt werden müssen und der Lieferant weiss, welche Leistung er zu erbringen hat.

«Zu Ausgleichsströmen und Strahlungen gibt es noch keine breit abgestützten und auch umgesetzten Normen.»

Thomas Reinhard, Projekte und Support, Auskünfte für Produzenten, SMP

Der jährliche Service der Melkmaschine ist ein zentraler Punkt des Branchenstandards und gemäss VHyMP für den Milchproduzenten eine Pflicht. Warum ist der Regelservice produktionstechnisch notwendig?

Reinhard: Die Melkaggregate sind täglich mehrmals im Einsatz und stehen direkt im Kontakt mit dem Tier. Dementsprechend gibt es auch Verschleiss, Ablagerungen und Einstellungsveränderungen (bspw. Vakuumdruck, Impulse). Das muss geprüft und instand gestellt werden

Rom: Hinzu kommt, dass ihr Funktionieren das Tierwohl, die Eutergesundheit und die Milchqualität stark beeinflusst. Es ist somit absolut im Interesse des Milchproduzenten wie aber auch der Tiere und letztlich des Konsumenten, wenn eine gewisse Garantie für die Funktionsfähigkeit der Melkmaschinen gesetzlich vorgeschrieben ist.

Der Branchenstandard kann, wenn notwendig, ergänzt und gemäss den aktuellen Bedürfnissen angepasst werden. Aus der Sicht Ihrer Organisation, wie könnte er in naher Zukunft optimiert werden?

Rom: Zwei Punkte in diesem Standard sind von zentraler Bedeutung: Einerseits die Definition der wesentlichen Kriterien für die Kontrolle und den Service der Melkmaschinen. Diese werden laufend an die technischen Weiterentwicklungen der Melkanlagen adaptiert und richten sich somit nach diesen Neuerungen. Anderseits die Ausbildung der Melkmaschinenkontrolleure mit Fachausweis. Diese Ausbildung soll sich inskünftig nicht auf eine einmalige Ausbildung beschränken. Vielmehr sollen die Melkmaschinenkontrolleure in regelmässigen Abständen Weiterbildungskurse besuchen, um ihren Fachausweis erneuern zu können.

Reinhard: Es gibt Praxisprobleme mit Ausgleichsströmen und Strahlungen. Dazu fehlen noch breit abgestützte und auch umgesetzte Normen. Bei automatischen Melksystemen ist der Landwirt sehr stark abhängig von der einzelnen Herstellerfirma. Eine einmal jährliche Überprüfung reicht nicht und es gilt, viele anbieterspezifische Parameter einzustellen. Obschon sehr gute Anlage- und Servicequalitäten wichtig sind, muss auch die Wirtschaftlichkeit beachtet werden. In Anbetracht der relativ tiefen Preise für Molkereimilch darf es keine überhöhten Tarife geben. Gemäss den Plänen des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen soll das Milchhygienerecht revidiert werden. Dabei ist noch offen, ob der bewährte Artikel 21 der Verordnung des EDI über die Hygiene bei der Milchproduktion in der vorliegenden Form weitergeführt wird. Demensprechend müsste auch der Branchenstandard überdacht werden.

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