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Pflanzenbau

Nassreis aus der Schweiz

Steigende Temperaturen erlauben den Nassreisanbau seit einigen Jahren auch in der Schweiz. Als Nischenprodukt ermöglicht der Risottoreis den Landwirtinnen und Landwirten eine eigene gewinnbringende Vermarktung und fördert zudem stark gefährdete und feuchteliebende Arten.

Ob es mit dem Reisanbau klappt, hängt von den verfügbaren Wasserressourcen ab. 

Ob es mit dem Reisanbau klappt, hängt von den verfügbaren Wasserressourcen ab. 

(Thea Bulas)

Publiziert am

Aktualisiert am

Doktorandin Bodenqualität und Bodennutzung, Agroscope

Quergelesen

– Im Schweizer Nassreisanbau müssen noch Erfahrungen gesammelt werden.

– Ein Wassergraben, in dem sich das Wasser erwärmt und der das Feld mit Wasser versorgt, ist hilfreich.

– Gedroschen wird ab Mitte September. Der Ertrag liegt vorsichtig geschätzt bei der Hälfte des Weizenertrags.

Mit jedem Schritt auf dem Damm bewegt sich etwas. Frösche springen in den Wassergraben, Libellen schwirren umher und sogar eine Ringelnatter schlängelt sich durch das Wasser. Im Nassreisfeld von Stefan Gerber, gleich neben der Aare in Detligen (BE), haben sich zahlreiche feuchteliebende Arten niedergelassen. Gerber blickt zufrieden auf sein Reisfeld und erinnert sich an früher. Bevor er hier Nassreis angebaut hat, liess sich dieses Feld nur schwierig bewirtschaften, da es oft vernässt war. Was bei herkömmlichen Kulturen zu Ernteeinbussen führt, ist beim Nassreisanbau hingegen gerade erwünscht: undurchlässige, staunasse Böden auf flachem Gelände in Wassernähe. Diese idealen Bedingungen sieht man der Kultur in Detligen an, sie steht in voller Blüte und wächst gut.

Undurchlässige und staunasse Böden sind für den Nassreisanbau ideal.

 

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Die Gebänderte Heidelibelle schätzt die Umgebung im Reisfeld.

(Diana Walther)
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Auch der Kiebitz wurde schon im Reisfeld gesichtet.

(Thea Bulas)

Autodidakt beim Reisanbau

«Obwohl Reis weltweit betrachtet ein normales Grundnahrungsmittel ist, handelt es sich in der Schweiz um ein spezielles Nischenprodukt», sagt der Landwirt, der mittlerweile seit drei Jahren Nassreis anbaut. Da es sich um eine für die Schweiz eher neue Anbaumethode handelt, musste er viel selbst herausfinden. Aber das treibt ihn an. Zusammen mit seinen Brüdern hat er die GmbH Oberruntiger gegründet und vermarktet das Produkt selbst. «Mich fasziniert besonders, dass ich beim Reis alle Produktionsschritte vom Setzlingziehen bis zum Verkauf selbst durchführen oder begleiten kann». Im Verkauf des Nischenprodukts ergeben sich zudem anregende Gespräche mit Kundinnen und Kunden, was ihm sehr gefällt.

Vorbereitungen für den Reisanbau

Zu Beginn des Nassreisanbaus sind einige Anfangsinvestitionen nötig. Das Feld muss planiert und ein Damm um das Nassreisfeld gelegt werden. Das Bodenmaterial für den Damm kommt idealerweise aus dem Aushub für den Wassergraben. In diesem Graben kann sich das hineingepumpte Wasser erwärmen, und es bietet ein Habitat für feuchteliebende Arten. Da sich Nassreis als Kultur stark von anderen hierzulande angebauten Kulturen unterscheidet, ist auch die Anschaffung einer Setzmaschine nötig.

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Nassreisfelder bieten letztlich auch wegen des Wassergrabens ein ideales Habitat für viele Arten.

(Alina Widmer)

Stefan Gerber zieht seine Setzlinge im Gewächshaus vor, da sich die Direktsaat nicht bewährt hat. Setzlinge haben den Vorteil, dass sie im Vergleich zur Direktsaat bereits einige Wochen Vorsprung in der Vegetationsentwicklung haben. Ausserdem ist der Unkrautdruck bei der Direktsaat höher. Die Setzlinge setzt Stefan Gerber mit einer Lauchmaschine in den noch trockenen Boden und flutet das Feld nach der Transplantation

Auch Reis will gedüngt werden

Als Düngung im Herbst nach der Ernte arbeitet Gerber jeweils das übrig gebliebene Reisstroh und Hühnermist ein. Während der Wachstumsphase düngt er von Hand nur nach Bedarf, dieses Jahr mit Harnstoff. Die Reisernte erfolgt frühestens ab Mitte September und kann mit einem herkömmlichen Mähdrescher durchgeführt werden, sofern der Boden bereits wieder tragfähig und trocken genug ist. Nach der Ernte wird der Reis getrocknet und entspelzt. Der durchschnittliche Ertrag pro Hektare für Nassreis beträgt gemäss aktuellen Resultaten von Agroscope ungefähr die Hälfte von jenem für Weizen. Diese Angabe ist mit Vorsicht zu geniessen, denn der Nassreisanbau in der Schweiz steht noch am Anfang. Zudem unterscheiden sich die Erträge stark zwischen den einzelnen Standorten.

Das Unkraut nutzt trockene Phasen

Zu den grössten Herausforderungen im Nassreisanbau zählen Unkraut- und Wassermanagement, welche in dieser Kultur eng miteinander verknüpft sind. Die meisten Unkräuter können durch hohen Wasserstand nicht wachsen, und es kann auf Pflanzenschutzmittel verzichtet werden. Fällt das Feld aber an einzelnen Stellen oder kurzzeitig trocken, lassen Unkräuter wie Hühnerhirse und Froschlöffel nicht lange auf sich warten. Diese müssen dann von Hand entfernt werden, sofern sie in den Reihen wachsen. Ein konstant hoher Wasserpegel ist für die Unkrautprävention folglich unabdingbar, und es muss regelmässig kontrolliert werden, ob Wasser nachgepumpt werden muss. Bei durchlässigen oder unebenen Böden wird das besonders schwierig. Beim Feld von Stefan Gerber, welches von Natur aus zu Staunässe neigt, muss allerdings nicht viel nachgepumpt werden. Auch beobachtete er in den vergangenen drei Jahren Nassreisanbau, dass er immer weniger Wasser nachpumpen musste, da das Feld immer undurchlässiger wurde.

Zu den grössten Herausforderungen im Nassreisanbau zählen Unkraut- und Wassermanagement.

Erst seit einigen Jahren bietet das Klima in der Schweiz genügend warme Temperaturen für die kälteempfindliche Kultur. Dabei spielt das Wasser eine entscheidende Rolle. Wenn die Temperaturen in der Nacht sinken, schützt das von der Sonne erwärmte Wasser die Wurzeln im Boden. Hohe Temperaturen wie im Sommer 2022 führen in der Regel zu einer ertragreicheren Ernte. 

Betriebsspiegel Stefan Gerber

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Stefan Gerber baut in Detlingen (BE) Nassreis an.

(Alina Widmer)

Familienbetrieb in Detligen (BE) seit 1929: Stefan (35) ist die vierte Generation, 2020 hat er den Betrieb (konventionell) übernommen

– Fläche: 42 ha, 0,5 ha Reis

– Kulturen: Kartoffeln, Speisekürbisse, Zuckerrüben, Getreide, Mais, Safran (als weitere Spezialkultur), Reis

– Biodiversitätsförderfläche: 11 %

– Tiere: Mastrinder, Masthühner und Muttersäue

– Ganz konventioneller Betrieb (weder Bio noch IP-Suisse), bei Fleisch QM

Nassreisanbau unter der Agroscope- und HAFL-Lupe

Nach ersten erfolgreichen Anbauversuchen bei der Zusammenarbeit von Agroscope und Landwirtinnen und Landwirten im Jahr 2017 stiess der Nassreisanbau auf immer grösseres Interesse. Heute wird Nassreis durch zwölf innovative Landwirtinnen und Landwirte im Mittelland angebaut. Düngermethoden und Setzmaschinenwahl unterscheiden sich zwischen den einzelnen Reisbauern in der Schweiz, da es bei dieser neuartigen Anbaumethode noch viel herauszufinden gibt. Die bevorzugte Reissorte ist der Risottoreis Loto. Diese Reissorte wächst auch auf den Tessiner Reisfeldern, dort allerdings im Trockenanbau.

Im Rahmen eines Forschungsprojektes untersuchen die Berner Fachhochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) und Agroscope den Nassreisanbau aus einer wissenschaftlichen Perspektive. Agroscope führt Düngerversuche durch und macht Biodiversitätserhebungen auf den Nassreisfeldern. Des Weiteren werden auch die Umweltauswirkungen des Nassreisanbaus untersucht wie die Treibhaus gas bilanz, der Wasserverbrauch und der Einfluss auf den Boden. An der HAFL werden verschiedene Reissorten getestet. Bisher hat die Risottoreissorte Loto stets am besten abgeschnitten. Ebenfalls wird untersucht, wie das Unkraut am effizientesten unterdrückt und bekämpft werden kann.

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