Vor dreissig Jahren kamen Ruedi Schweizer mit seiner Frau Daniela, sein Bruder Stefan mit dessen Frau Pia und Philipp Birri zusammen nach Ernen. Als Forst- und Landschaftspflegeunternehmen erledigten sie Aufträge wie Schneeverbauungen, Aufforstung und Bergwaldpflege. «Wir haben gemerkt, dass wir es gut zusammen können, gleiche Interessen haben und gerne zusammen in der Landwirtschaft arbeiten würden», erzählt Ruedi Schweizer.
BG-Gründung sichert Existenz
Zum Wohnhaus im Dorfkern gehörte etwas Land. «Zu viel zum Gärtnern und zu wenig zum Bauern», sagt Ruedi Schweizer weiter. Um das Land zu bewirtschaften, hätten sie ein paar Schafe gekauft. Über die Jahre sei ihnen aber hie und da wieder ein Stück Land oder ein «Gaden» mehr zur Pacht angeboten worden.
Als es 1992 schliesslich starke Subventionskürzungen im Forstbereich gab, musste sich die Lebensgemeinschaft neu orientieren. «Zu dieser Zeit bewirtschafteten wir etwa zehn Hektaren – zu wenig, um eine Familie zu ernähren, geschweige denn drei», führt Ruedi Schweizer aus. Sie seien weiterhin auf andere Verdienste angewiesen gewesen. Genau wie die Lebensgemeinschaft ist auch der Landwirtschaftsbetrieb über die Jahre weitergewachsen. In den 1990er-Jahren wurden Direktzahlungen nur für Betriebe mit einer Grösse von maximal 25 Hektaren ausbezahlt. So haben die Familien auf dem Papier den Betrieb aufgeteilt und in einer Betriebsgemeinschaft zusammengefasst. «So konnten wir unseren Bergbetrieb wie bis anhin weiter bewirtschaften und hatten trotzdem die Chance, davon zu leben», erklärt Ruedi Schweizer.
Berglandhof
- Betriebsform: Betriebs- und Lebensgemeinschaft BG Birri / Schweizer bestehend aus drei Familien in Ernen, Wallis
- Betrieb: 50 Hektaren mit Tierhaltung, Gemüse- und Kräuteranbau sowie sanftem Tourismus, Demeter-Zertifizierung seit 1998
- Tiere: Hinterwälder-Rinder, Walliser Landschafe, wollhaarige Weideschweine, Maultiere und ein paar Hühner
- Direktvermarktung: Rind- und Schweinefleisch, Gemüse, Tee- und Gewürzkräuter, Früchte und Blumen
Wachsendes Potenzial erkannt
Im Laufe der Zeit kamen weitere Betriebszweige hinzu. Auf rund eineinhalb Hektaren entstanden die Berglandhof-Gärten, in denen Kräuter sowie Frisch- und Lagergemüse gezogen und anschliessend zu Ge-würz- und Teemischungen oder Suppengemüse weiterverarbeitet werden. Nicht nur einkommensmässig, sondern auch marketingtechnisch seien die Gärten zu einem sehr wichtigen Betriebszweig geworden: «Unsere Produkte erlangten Bekanntheit und wurden durch den Agrotourismus auch über die Regionsgrenzen hinausgetragen», erklärt Ruedi Schweizer.
2017 kam dann auch noch das Hotel dazu. Obwohl für das kleine Hotel mit Restaurant eine Aktiengesellschaft gegründet wurde, profitieren die beiden Betriebe doch von Synergien. Der Hotelbau beherbergt die Verarbeitungsanlage für das Gemüse und die Kräuter, und gleichzeitig ist die Gastronomie des Hotels ein weiterer Absatzkanal. Heute umfasst der Berglandhof in Ernen eine Fläche von rund 50 Hektaren und wird nach biologisch-dynamischen Prinzipien bewirtschaftet.
Arbeitsspitzen als Gemeinschaft tragen
«Die Bezeichnung Betriebs- und Lebensgemeinschaft ist eine Bezeichnung für das, was wir sind, darstellen und machen. So sind wir einfach gewachsen – ursprünglich aus einer simplen Wohngemeinschaft heraus», erzählt Ruedi Schweizer weiter. Obwohl die BG Birri / Schweizer keine typische Betriebsgemeinschaft sei, profitierten sie dennoch von all den Vorteilen, die eine BG ausmache. «Die Arbeit und die Verantwortlichkeiten verteilen sich auf verschiedene Schultern», meint Ruedi Schweizer und ist überzeugt: «Ohne die Gemeinschaft wäre der Betrieb, wie wir ihn führen, so nicht denkbar und machbar.» Die Demeter-Bewirtschaftung sei als Gemeinschaft einfacher, weil mehr Leute anpacken können. Zudem sei der Druck von aussen besser auszuhalten. «Man ist resilienter, man kann sich austauschen und ist weniger angreifbar», sagt Ruedi Schweizer weiter.
Ruedi Schweizer, Landwirt«Alles, was wir verdienen, geht in einen Topf.»
Regelmässiger Austausch in Form von Sitzungen sei trotz Nähe in der Lebensgemeinschaft wichtig für die Arbeitsplanung. Je nach Spitze des jeweiligen Bereichs würden personelle Kapazitäten untereinander ausgetauscht. So zum Beispiel, wenn im Gemüsegarten 1500 Kohlsetzlinge gesetzt werden müssen oder wenn es ums Heuen geht.
Auch grössere Investitionen müssten besprochen sein. Durch die langjährige Gemeinschaft sei aber natürlich viel Vertrauen da, und ausserdem habe die Betriebsgemeinschaft eine spezielle Lohnstruktur: «Alles, was wir verdienen, geht in einen Topf und wird zu gleichen Teilen verteilt – egal, wer wann welchen Job macht oder gemacht hat», erklärt Ruedi Schweizer. Da alle in dieselbe Kasse wirtschafteten, könne sich auch niemand auf Kosten der anderen bereichern. Das Ziel sei schliesslich simpel: «Dass der Betrieb läuft und dass wir davon leben können.»
Betriebe im Fokus
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