Vor gut eineinhalb Jahren hat das ETH-Spin-off Yasai ihre Vertical-Farming-Pilotanlage im zürcherischen Niederhasli in Betrieb genommen. Daran beteiligt ist auch die Agrargenossenschaft fenaco. Seit Anfang 2022 wird das Vorhaben zudem als Innosuisse-Forschungsprojekt vorangetrieben. Mit Leistungen im Wert von rund einer Million Schweizer Franken optimiert Yasai zusammen mit Spezialistinnen und Spezialisten der Zürcher Hochschule ZHAW, der Forschungsanstalt Agroscope und der fenaco Ausbeute, Qualität, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit der mehrstöckigen Indoor-Farm.
Neue Geschäftsfelder für die Landwirtschaft
Im Sinne ihres Genossenschaftszwecks engagiert sich die fenaco, ihre Mitglieder bei der wirtschaftlichen Entwicklung zu unterstützen. Dazu gehöre auch die Erschliessung von neuen Geschäftsfeldern, sagt Daniel Schwab, der bei Inoverde für Vertical Farming zuständig ist: «Bei der Anlage in Niederhasli galt es zu prüfen, ob diese Art der Produktion als Ergänzung zur klassischen Gemüseproduktion taugt.» Die Vorstellung dahinter war gemäss Schwab, leer stehende Betriebsgebäude später als Vertical Farms umzunutzen.
Unrealistisch im Kleinformat
Um Anbau, Wirtschaftlichkeit und Marktchancen auszuloten, wurde auch ein sogenanntes Soundingboard (runder Tisch) bestehend aus Seeländer Gemüseproduzenten einberufen. Allerdings stellte sich der Ansatz der Vertical Farm auf einem Landwirtschafts- oder Gemüsebetrieb ziemlich bald als unrealistisch heraus, wie Schwab weiter ausführt: «Der Schlüssel zu einem rentablen Betrieb liegt bei der Skalierung und der Automatisierung der Prozesse. Vertical Farming auf Landwirtschaftsbetrieben im Kleinformat funktioniert nicht.»
Vertical Farming
Beim Vertical Farming werden Lebensmittel übereinander, anstatt nur in der Breite angebaut. Die Produktion verspricht einen zehnmal höheren Ertrag als im Freiland fast ohne Pflanzenschutzmittel und Dünger bei einem 95 Prozent niedrigeren Wasserbedarf. Hinzu kommt die Einsparung von Arbeitskräften.
Da natürliches Licht in diesen Anlagen nicht oder zu wenig vorhanden ist, werden LED-Lampen in allen möglichen Farbspektren eingesetzt, und das Klima muss künstlich reguliert werden. Die entsprechend hohen Investitionskosten sowie der Energieverbrauch sind zurzeit die grössten Hemmschuhe, die es zu überwinden gilt.
Knackpunkt Grösse und Standort
Auch die Anlage in Niederhasli mit 1200 m2 Anbaufläche auf einer Bodenfläche von 320 m2 dürfte noch grösser sein. Das Start-up streckt deshalb bereits auch seine Fühler weiter aus. «In Schlieren ist die erste vertikale Farm der Schweiz geplant, die in ein Wohnquartier integriert wird», sagt Mark Zahran, Co-Gründer und CEO von Yasai. Ab 2026 sollen dort in einer rund acht Meter hohen Halle auf einer Anbaufläche von 2600 m2 Kräuter und Blattsalate angebaut und auch direkt vor Ort verkauft werden.
Daneben verfolgt Yasai die Idee, an Standorten mit bereits vorhandenen Logistikzentren sogenannte XL-Farms zu integrieren, mit Anbauflächen von über 10 000 m2. «Damit steigt die Rendite, und die Mengen entstehen dort, wo sie transportlogistisch sein müssen», erklärt Mark Zahran. Durch Vertical Farming sei es möglich, Importe abzulösen und eine ganzjährige Versorgung aus der Schweiz zu gewährleisten. «Unser System ist keine Konkurrenz, sondern komplettiert die einheimische Produktion.»
Nebennutzen für Landwirtschaft
Auch wenn zusätzlich die Produktion von Blattgemüse und Beeren angestrebt wird, dreht sich im Etagen-Anbau von Pflanzen vorerst noch alles um Kräuter. Das sieht auch Daniel Schwab von Inoverde so: «Bei der Zusammenarbeit mit Yasai hat sich gezeigt, dass es im Bereich Gemüse noch einiges an Input und Forschung braucht.»
Mark Zahran, Co-Gründer und CEO von Yasai«Es ist möglich, in der Vertical Farm auch Setzlinge anzuziehen»
Beim Austausch am runden Tisch mit den Gemüsebetrieben hat sich jedoch mit der Idee der Jungpflanzenproduktion ein anderer möglicher Nutzen von Vertical Farms für die Landwirtschaft herauskristallisiert. «Theoretisch ist es möglich, in der Vertical Farm auch Setzlinge anzuziehen», bestätigt Mark Zahran. Für den Gemüsebau wäre dies sicher ein spannender Ansatz, sagt Schwab, da die Betriebe bei Jungpflanzen von einzelnen Anbietern abhängig seien. «Die Frage ist dann nur, wie teuer solche Setzlinge sein werden.»
Für einzelne Gemüsebetriebe dürften sich künftig noch weitere Möglichkeiten ergeben. «Klassische Produzentinnen und Produzenten, die beispielsweise an Industriezonen angrenzen und denen sich die Chance bietet, leer stehende Industriehallen zu nutzen, könnten diese Möglichkeit nutzen, diese Art der Produktion ergänzend zum Hauptbetriebszweig zu betreiben», erklärt Daniel Schwab. Für sie würden die Erfahrungen aus dem Pilotprojekt im Kanton Zürich äusserst wertvoll sein.
Start-up
2023 zeigt der Landwirtschaftliche Informationsdienst mit seiner Serie Start-up, wie Landwirtschaftsbetriebe und Jungunternehmen gegen seitig von innovativen Geschäftsmodellen profitieren und welchen Herausforderungen sie sich stellen müssen.
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