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Betriebsführung

Obstvielfalt statt Einheitsmilch

Vor ein paar Jahren haben Webers die Milchwirtschaft aufgegeben und Obstgärten ausgebaut. Seither setzen sie mit Äpfeln, Birnen, Kirschen, Zwetschgen und Aprikosen voll auf Direktvermarktung. An ihren Marktständen erfreuen sie sich seither nicht nur an der gesteigerten Wertschöpfung, sondern sammeln auch wertvolle Kritik.

Jörg, Hansueli, Lisbeth und Astrid Weber, Jasmin Streit, Daniel Weber (von links) setzen mit ihrem breiten Obstsortiment auf die Karte Direktvermarktung...

Jörg, Hansueli, Lisbeth und Astrid Weber, Jasmin Streit, Daniel Weber (von links) setzen mit ihrem breiten Obstsortiment auf die Karte Direktvermarktung.

(Bild: Renate Hodel)

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Aktualisiert am

Redaktorin, Landwirtschaftlicher Informationsdienst LID

Bis vor ein paar Jahren war der Betrieb von Daniel und Jörg Weber ein klassischer Mischbetrieb mit Obstbau, Futterbau und Milchwirtschaft. «Wir hatten aber immer zu viel zu tun und steckten in der Arbeitsfalle», sagt Daniel Weber. Die Industriemilchproduktion machte die beiden Landwirte auch nicht mehr so glücklich. Sie verkauften ihre rund 30 Milchkühe, bauten den Obstbau aus und setzten auf Direktvermarktung.

Gezielte Umstrukturierung

Den Erlös aus der Auflösung der Milchwirtschaft investierten die beiden Landwirte in die neue Infrastruktur. Im einstigen Stall wird heute gerüstet und kommissioniert. «Wir haben unter anderem neue Kühlräume und einen Lagerraum für Pflanzenschutzmittel gebaut», erklärt Daniel Weber.

«Wir machen das komplette Gegenteil von dem, was die anderen machen.»

Daniel Weber, Obstbauer

Und auf dem Weideland wurden weitere Obstgärten aufgezogen. Heute bewirtschaften Webers vier Hektaren Äpfel, eine Hektare Birnen, 1,3 Hektaren Kirschen sowie mehrere hundert Zwetschgen- und Aprikosenbäume, ein paar Stauden Haselnüsse sowie ein paar Baumnussbäume. Ausserdem produziert eine Nachbarin auf einer Parzelle zusätzlich verschiedene Beeren für sie.

Abgegrenzt durch Exklusivität

«Eigentlich machen wir das komplette Gegenteil von dem, was die anderen im Obstbau machen», erläutert Daniel Weber. Spezialisierte Obstbaubetriebe setzen normalerweise auf maximal drei verschiedene Sorten pro Obstart. Webers haben rund zwanzig verschiedene Apfel- und Kirschsorten sowie mehrere Birnen-, Zwetschgen- und Aprikosensorten. Darunter finden sich auch Sorten, die im Standardsortiment beim Detailhändler keinen Platz haben und nicht so ertragreich sind. Aufgrund dieser Breite komme der Betrieb aber nicht auf die gleiche Ertragsmenge wie andere Obstbauern, sagt Daniel Weber und ergänzt: «Diese Diversifizierung ist nötig, damit wir auf dem Markt ein möglichst breites Sortiment haben und uns vom Detailhandel abheben.»

Weber Früchte

  • Betrieb: 30 Hektaren LN – davon rund 15 Hektaren Ackerbau mit klassischen Ackerkulturen wie Zuckerrüben, Mais und Getreide, aber auch Spezialkulturen wie Linsen, Leinsamen, Popcornmais und Süsshirse, daneben 7 Hektaren Obst sowie Ökoflächen und Wald
  • Tiere: 2 Schottische Hochlandrinder sowie 3 Weide-Beef für die Landschaftspflege
  • Vermarktung: Obst sowie Fleisch in Direktvermarktung, Spezialkulturen werden produziert für den Hofladen «Christas – diräkt vom Hof».

Eigene Ware reicht nicht

Früher seien in der Region sogenannte «gestrupfte» Kirschen verbreitet angebaut worden. Kleine schwarze Kirschen, die beispielsweise zu Konfitüre weiterverarbeitet werden. Wegen des Preiszerfalls und der geringen Nachfrage verschwand aber ein Grossteil dieser Bäume. «Wir haben nun wieder solche gesetzt. Die Nachfrage auf den Wochenmärkten ist so gross, dass wir dennoch ständig zu wenig Ware haben», erklärt Daniel Weber. Trotz hoher Diversifizierung reicht das vielfältige Obstangebot nicht aus, um die Kundenbedürfnisse zu stillen. «Aus Gesprächen mit der Kundschaft merkten wir plötzlich, dass ein breiteres Sortiment gewünscht wird», erzählt Daniels Frau, Astrid, die zusammen mit Jörgs Partnerin, Jasmin Streit, den Verkauf an den Märkten managt.

Partnerschaftlicher Tauschhandel

So gingen Webers Partnerschaften mit lokalen und regionalen Produzenten ein. «Wir tauschen viel Ware aus, oder wir verkaufen Mostäpfel an einen regionalen Cidreproduzenten und nehmen einen Teil der verarbeiteten Ware wieder zurück», erklärt Astrid Weber. Auf diese Weise können die Obstbauern an ihren Wochenmärkten und die Partnerbetriebe in ihren Hofläden ein breiteres Sortiment anbieten. Dafür mussten Webers allerdings ihre ursprünglichen Prinzipien über Bord werfen: «Am Anfang wollten wir ausschliesslich mit eigener Ware auf die Märkte fahren», erklärt Daniel Weber und fügt hinzu, dass schliesslich immer die Kundschaft sage, was sie wolle. Wären sie nicht zu dieser Einsicht gelangt, hätten sie wieder aufhören müssen.

Feedback aushalten und nutzen

Vier Mal pro Woche sind Webers mit ihrem Angebot an Wochenmärkten in Lyss, Solothurn und Zweisimmen präsent.

«Wenn wir auf den Markt fahren, haben wir Wertschöpfung und erfahren Wertschätzung.»

Daniel Weber, Obstbauer

Direktvermarktung sei betriebswirtschaftlich sehr interessant. «Wenn wir auf den Markt fahren, haben wir Wertschöpfung und erfahren Wertschätzung. Das Feedback der Kunden ist ausserdem sehr wertvoll», fügt Daniel Weber an, wobei man mit der direkten Konfrontation umgehen können muss. Oft blieben negative Rückmeldungen länger in Erinnerung als die vielen positiven. Gleichzeitig können sie sehr genau beobachten, was gefragt sei, und entsprechend reagieren: «Ich denke, unser Betrieb hat sich in den letzten Jahren immer wieder den Bedürfnissen der Kundinnen und Kunden angepasst», sagt Astrid Weber und ist zuversichtlich, dass der Betrieb auch künftig auf Trends relativ schnell reagieren könne.

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