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Betriebsführung

Punkten für das Klima

Die Landwirtschaft verursacht rund 14 Prozent der Treibhausgasemissionen in der Schweiz. Agroscope hat IP-Suisse dabei begleitet, das Punktesystem Klima- und Ressourcenschutz zu entwickeln und einzuführen, finanziell unterstützt vom BLW. Mit dieser Massnahme soll die Klimawirkung der Labelbetriebe gegenüber 2016 um zehn Prozent sinken.

Die Landwirtschaft verbraucht jährlich mehrere Tausend Tonnen PE-Folien. Werden die Abfälle an eine der hundert Sammel stellen gebracht, statt in die KV...

Die Landwirtschaft verbraucht jährlich mehrere Tausend Tonnen PE-Folien. Werden die Abfälle an eine der hundert Sammel stellen gebracht, statt in die KVA, entfallen klimaschädliche Verbrennungsgase. Zudem ist der Energieverbrauch fürs Recycling geringer als für die Erdölför derung und die Herstellung neuer Folien.

(Bild: Stefan Gantenbein)

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Die wissenschaftlichen Hintergründe für das Punktesystem hat Agroscope geliefert. Zum einen entwickelten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein einfaches Vorgehen, die Treibhausgasemissionen der einzelnen Betriebe zu ermitteln. Dadurch kann sowohl das gesamte Einsparziel von IP-Suisse als auch die individuelle Reduktion jedes Betriebes quantifiziert werden. Zum anderen hat Agroscope die Treibhausgaseinsparung der verschiedenen Klimaschutzmassnahmen berechnet.

Die Treibhausgaseinsparung wurde in «Klimapunkte» übersetzt, wobei eine Tonne eingesparte Treibhausgase einen Punkt darstellt. Daraus ergibt sich für jede Massnahme eine bestimmte Punktzahl.

Um in das Punktesystem aufgenommen zu werden, muss die Treibhausgaseinsparung einer Massnahme robust nachweisbar sein.

Um in das Punktesystem aufgenommen zu werden, muss die Treibhausgaseinsparung einer Massnahme robust nachweisbar sein, selbst wenn diese bei der einen oder anderen Massnahme nur klein ist. Zudem müssen die Massnahmen auf den Betrieben umsetzbar sein, ohne dass die Produktion zurückgeht.

Individuelles Ziel gemäss Betriebsstruktur

Die IP-Suisse-Betriebe haben gemäss Modellierung im Jahr 2016 insgesamt etwa 1,37 Millionen Tonnen CO 2 -Äquivalente emittiert. Damit jeder Betrieb zur Reduktion dieser Emissionen beitragen kann, bekommt er ein individuelles Reduktionsziel zugewiesen, das auf strukturellen Daten basiert.

Unter einer Reihe von einfach verfügbaren Kennzahlen ergaben die Fläche und der Tierbestand den besten Zusammenhang mit den Treibhausgasemissionen.

Unter einer Reihe von einfach verfügbaren Kennzahlen ergaben die Fläche und der Tierbestand den besten Zusammenhang mit den Treibhausgasemissionen. Dass diese beiden Kennzahlen entscheidend sind, wurde mithilfe von Pilotbetrieben ermittelt. Die offene Ackerfläche korreliert mit den Lachgasemissionen aus der Düngung, der Tierbestand mit den Methanemissionen beziehungsweise den Treibhausgasemissionen aus der Produktion von Futtermitteln.

Klimawirkung anhand von vier Modellbetrieben

Um den Reduktionsbeitrag des Betriebs zum IP-Suisse-Ziel zu berechnen, gibt der Betrieb die Klimaschutzmassnahmen an, die er auf dem Betrieb umsetzt. Die Liste von Klimaschutzmassnahmen im Punktesystem hat IP-Suisse zusammen mit Agroscope und weiteren Experten erstellt. Um das Potenzial zur Treibhausgaseinsparung durch die verschiedenen Massnahmen sowie deren Einfluss auf andere Umweltbereiche zu berechnen, nutzte Agroscope vier sogenannte Modellbetriebe, welche die mittlere Schweizer Produktion abbilden. Dies waren ein Ackerbau-, ein Verkehrsmilch-, ein sonstiger Rindviehhaltungs- und ein Schweinehaltungsbetrieb. Die Treibhausgaseinsparungen der Modellbetriebe wurden gemittelt, um den endgültigen Einsparungswert für jede Massnahme zu erhalten. Dazu wurde berechnet, wie sich die Massnahmen auf andere Umweltbereiche auswirken, so zum Beispiel auf den Nährstoffaustrag.

Massnahmen aus dem Bereich Einsparung fossiler Ressourcen, bringen eine eindeutige Minderung von Treibhausgasemissionen, ohne andere Umweltbereiche zu belasten.

Zielkonflikte im Klimaschutz

Massnahmen aus dem Bereich Einsparung fossiler Ressourcen, wie beispielsweise die Wärmerückgewinnung aus der Milchkühlung oder das Recycling von Silofolien, bringen eine eindeutige Minderung von Treibhausgasemissionen, ohne andere Umweltbereiche zu belasten. Andere Massnahmen führen hingegen zu Zielkonflikten. So bringt die Massnahme Leinsamen als Futterzusatz zwar eine eindeutige Reduktion von Treibhausgasen, aber der Ersatz anderer Kraftfutterkomponenten durch Leinsamen lässt den Flächen- und Wasserbedarf sowie den Nährstoffaustrag ansteigen. Andererseits sorgt die Kultur für einen tieferen PSM-Einsatz als der Anbau herkömmlicher Futtermittel.

Am Ende zählt die Gesamtpunktzahl

Das Erfolgsmonitoring der Umsetzung läuft wie folgt: Jeder Betrieb gibt aus dem Punktesystem von IP-Suisse diejenigen Klimaschutzmassnahmen an, die er aktuell umsetzt. Aus diesen Angaben wird berechnet, ob IP-Suisse als Gesamtlabel das Reduktionsziel von zehn Prozent erreicht. Ebenso geben die Betriebe Massnahmen an, die sie schon vor 2017 umgesetzt haben. Diese kann IP-Suisse zwar nicht für ihr Reduktionsziel von zehn Prozent anrechnen, aber sie zeigen auf, welche Pionierleistungen IP-Suisse-Betriebe schon vor dem Stichdatum erbracht haben. Dieses Monitoring wird zeigen, ob die Betriebe mit den vorhandenen Massnahmen schon genügend Treibhausgase einsparen oder ob und wie der aktuell bestehende Massnahmenkatalog künftig noch erweitert werden muss. 

Initiative von der Basis

Im Juni 2021 hat IP-Suisse das Punktesystem Klima- und Ressourcenschutz lanciert und damit ein grosses Echo ausgelöst. Viele IP-Suisse-Betriebe sind motiviert, ihr Engagement im Klimaschutz sichtbar zu machen und weitere mögliche Klimaschutzmassnahmen vorzuschlagen.

Neben überwiegend positiven und konstruktiven Rückmeldungen gab es auch kritische Punkte, beispielsweise zur noch offenen Frage der Abgeltung für umgesetzte Klimaschutzmassnahmen. Da das Punktesystem auf Initiative von Produzentinnen und Produzenten gestartet wurde, soll es auch unter deren Beteiligung weiterentwickelt werden.  IP-Suisse

«Viele Massnahmen schonen auch den Geldbeutel»

Oskar Brunner führt einen klimafreundlichen IP-Suisse-Betrieb im Kanton Aargau. In seinem Milchviehstall mit 45 Kuhplätzen produziert er sojafreie Wiesenmilch. Seinen Futterrationen mischt Brunner Pflanzenkohle bei. Der Antrieb seiner Vakuumpumpe ist frequenzgesteuert, mit der Abwärme aus der Milchkühlung heizt er das Reinigungswasser auf, und den Dreck im Melkstand spritzt er am Ende mit Regenwasser weg. Oskar Brunner erreicht die Einsparung von 95,5 Tonnen CO 2 -Äquivalenten pro Jahr mit insgesamt zehn umgesetzten Massnahmen. Die grössten Einsparungen erzielt der Betrieb mit der Erhöhung der Anzahl Laktationen und dem klimafreundlichen Güllemanagement.

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Von der Pflanzenkohle profitieren Herde und Klima gleichermassen. Während die Tiere das Futter besser ausnutzen, wertet die unverdaut ausgeschiedene Kohle den Hofdünger auf, wobei das gebundene CO2 der Luft dauerhaft entzogen bleibt.

(Bild: Stefan Gantenbein)

UFA-Revue: Die Direktzahlungsverordnung zwingt Betrieben bereits viel administrative Arbeit auf. Wie haben Sie Ihrem Ärger Luft gemacht, als IP-Suisse das Klimapunkteprogramm lancierte?

Oskar Brunner: Gar nicht. Für mich gab es keinen Grund für Ärger. Sicher müssen wir schauen, dass uns nicht laufend mehr Administratives aufgeladen wird. Das Punktesystem ist aber sanft. Aktuell geht es nur um eine Bestandaufnahme. Dank der Digitalisierung bleibt der Zusatzaufwand überschaubar.

Einen Aufwand, den man in Kauf nimmt, wenn man einen Nutzen davon hat. Stimmt hier das Verhältnis?

Ich gehöre nicht zu jenen, die wegen eines heissen Sommers jammern. Ich glaube auch nicht, dass in fünf Jahren alles kollabiert. Wenn man aber über die Jahre schaut, dann sieht man die Veränderungen. Wir Bauern kämpfen immer häufiger mit den Wetterextremen. Am Klimaproblem führt kein Weg vorbei. Es braucht Massnahmen. Das Punktesystem motiviert Betriebe, aktiv zu werden. Wer Massnahmen ergreift, sollte auch gelobt werden. In der öffentlichen Wahrnehmung steckt für unsere Labelbetriebe ein weiterer Zusatznutzen des Klimapunktesystems.

Um knapp 100 Tonnen CO 2 -Äquivalente einzusparen, haben Sie viel investiert. Ist das betriebswirtschaftlich tragbar?

Grössere Investitionen kann ein Betrieb nicht aus der laufenden Rechnung finanzieren. Tragbar und sinnvoll sind sie bei einem Neubau, wie es bei uns der Fall war, oder wenn eine Anlage ersetzt werden muss. Das Punktesystem listet aber auch viele Massnahmen auf, die den Geldbeutel schonen. So kann man sich schon morgen zum Ziel setzen, die Anzahl der Laktationen zu erhöhen. Auch kostet es nichts, den Nachbarn zu fragen, ob er an einer überbetrieblichen Zusammenarbeit interessiert ist. Dafür muss man nicht einmal IP-Suisse-Landwirt sein.

Interview: Stefan Gantenbein

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