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Bevölkerung will höheren Selbstversorgungsgrad

Der Gegensatz zwischen Stadt und Land wächst – zumindest in der Wahrnehmung. Das ist das Ergebnis des fenaco Stadt-Land-Monitors 2023. Und er zeigt ein Dilemma auf: Die Bevölkerung fordert mehr Selbstversorgung, tut sich aber mit den nötigen Massnahmen schwer.

Nur 27 Prozent der Landbevölkerung fühlen sich von den Städterinnen und Städtern gut verstanden. 

Nur 27 Prozent der Landbevölkerung fühlen sich von den Städterinnen und Städtern gut verstanden. 

Publiziert am

fenaco Genossenschaft / Leiter Public Relations

In kaum einem anderen Land sind Stadt und Land derart engmaschig verwoben wie in der Schweiz. Um das Verhältnis zwischen den beiden Lebenswelten besser greif- und messbar zu machen, lancierte die fenaco 2021 in Zusammenarbeit mit dem Forschungsinstitut Sotomo den repräsentativen fenaco Stadt-Land-Monitor. Ende März erschien die zweite Ausgabe. Sie zeigt auf, wie sich das politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Spannungsfeld zwischen Stadt und Land in der Zwischenzeit entwickelt hat.

«Das Thema Landwirtschaft wird zwischen Stadt und Land besonders kontrovers diskutiert.»

Michael Hermann, Leiter Forschungsinstitut Sotomo

 
Wahrgenommener Stadt-Land-Graben wächst

In der Wahrnehmung der Bevölkerung hat sich der Stadt-Land-Gegensatz gegenüber 2021 um drei Prozentpunkte vergrössert. Zwei Drittel der Befragten nehmen einen grossen Graben zwischen den beiden Lebenswelten wahr. Nimmt man hingegen die eidgenössischen Volksabstimmungen als Messlatte, so hat sich der Graben stabilisiert. Während die Abstimmungsergebnisse 2020 und 2021 zwischen Grossstadt und Land stark voneinander abwichen, bewegten sie sich 2022 wieder im mehrjährigen Durchschnitt. «Die Volksinitiative gegen Massentierhaltung bildet die Ausnahme», betont Michael Hermann, Inhaber und Leiter von Sotomo. «Sie gehört zu den Top-5-Abstimmungen mit der grössten Stadt-Land-Differenz seit 1981 und steht sinnbildlich dafür, dass das Thema Landwirtschaft zwischen Stadt und Land besonders kontrovers diskutiert wird», fügt er hinzu.

Stadt und Land fühlen sich unverstanden

Auch wenn bei Volksabstimmungen die grossen Städte häufig überstimmt werden, geht eine Mehrheit der Bevölkerung davon aus, dass die Städte in der Schweiz eher das Sagen haben. Im Vergleich zu 2021 sind jedoch immer mehr Städterinnen und Städter der Meinung, dass sie in der Schweiz zu wenig Gehör finden. So ist der Anteil der grossstädtischen Bevölkerung, der findet, die urbanen Interessen erhielten auf dem Land genug Beachtung, von 37 auf 28 Prozent markant gesunken. Umgekehrt fühlten sich bereits 2021 nur 30 Prozent der Landbevölkerung von den Städterinnen und Städtern gut verstanden. Dieser Anteil sank 2023 auf 27 Prozent.

Wunsch nach höherem Selbstversorgungsgrad

Die Versorgungssicherheit wurde während der Corona-Pandemie zum vieldiskutierten Thema. Der Krieg in der Ukraine und die drohende Energiemangellage intensivierten die Debatte. Der fenaco Stadt-Land-Monitor 2023 zeigt, dass sich die Schweizer Bevölkerung unabhängig vom Wohnort eine Stärkung der einheimischen Produktion wünscht. Eine grosse Mehrheit möchte den Anteil der im Inland produzierten Nahrungsmittel erhöhen, und zwar von aktuell 57 auf durchschnittlich über 70 Prozent. Der Selbstversorgungsgrad bei der Energie soll von zurzeit rund 30 auf durchschnittlich fast 70 Prozent mehr als verdoppelt werden. Diese Einigkeit ist eine gute Voraussetzung, um gemeinsam etwas zu bewegen.

Mehr inländische Nahrungsmittelproduktion ja – Intensivierung nein

Wie die Inlandproduktion gestärkt werden soll, darüber sind sich Stadt und Land weniger einig. Bei den Lebensmitteln zeigt sich gar eine generelle Zurückhaltung, was konkrete Massnahmen angeht. Weder die Ausdehnung der Anbauflächen noch die Umstellung von tierischen auf pflanzliche Nahrungsmittel wird von einer Mehrheit aktiv unterstützt. Besonders kritisch beurteilt wird eine Intensivierung der Landwirtschaft. «Hier gibt es einen gewissen Widerspruch», bemerkt Michael Feitknecht, Leiter des Departements Pflanzenbau bei der fenaco. «Die Bevölkerung will mehr Selbstversorgung, tut sich aber mit den Massnahmen schwer, die dazu nötig sind.» Eine gute Kommunikation sei daher ausschlaggebend, um den Konsumentinnen und Konsumenten besser zu erklären, wie die Landwirtschaft produktionsfähig bleibe, ohne an Nachhaltigkeit zu verlieren. «Die fenaco engagiert sich für den Dialog zwischen Stadt und Land, etwa mit dem Beitrag von 10 Millionen Franken an die Stiftung für eine nachhaltige Ernährung durch die schweizerische Landwirtschaft und der Ausstellung über die Land- und Ernährungswirtschaft im Verkehrshaus der Schweiz», sagt Feitknecht.

«Die fenaco engagiert sich für den Dialog zwischen Stadt und Land».

Michael Feitknecht, Leiter Departement Pflanzenbau

Immerhin: Neue Ansätze zur Ertragssteigerung in der Landwirtschaft stossen nicht auf grundsätzliche Ablehnung bei der Bevölkerung. So spricht sich beispielsweise lediglich ein Drittel der Befragten grundsätzlich gegen Genom-Editing aus. 30 Prozent sehen Chancen in einer verstärkten Digitalisierung und rund ein Viertel in der Präzisionslandwirtschaft. Mit 54 Prozent befürwortet gar eine Mehrheit die neue Anbaumethode Vertical Farming und wäre auch bereit, die raumplanerischen Voraussetzungen zu schaffen, damit die entsprechende Infrastruktur nicht nur in Gewerbezonen, sondern auch auf Landwirtschaftsbetrieben errichtet werden kann. Denn zurzeit ist dies nicht möglich. 

Download Stadt-Land-Monitor 2023

Der gesamte Stadt-Land-Monitor 2023 kann auf folgender Website heruntergeladen werden: https://www.fenaco.com/stadt-land-monitor-2023  

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