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Pflanzenbau

Die Qual der Sortenwahl

Die Blüten der Kirschbäume sind die Vorboten der kommenden Kirschenernte. Bei der Produktion von Kirschen ist die Wahl der Sorten eine der wichtigsten Entscheidungen, da sie Einfluss auf die Vermarktung, Pflegemassnahmen und die Risikosicherheit hat.

Im Handel sind vor allem grosse Früchte mit dunkler Farbe gefragt. 

Im Handel sind vor allem grosse Früchte mit dunkler Farbe gefragt. 

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Aktualisiert am

Redaktorin UFA-Revue

 

Zu beachten

Die Sorten- Empfehlungen des folgenden Artikels richten sich an interessierte Landwirtinnen und Landwirte, die Kirschen im kleinen Maßstab zum Beispiel für die Direktvermarktung anbauen möchten

Blühende Kirschbäume verschönern bei uns in der Schweiz vielerorts den Frühling. Die Blüten wecken die Vorfreude auf die kommende Kirschenernte. Diese beginnt in der Regel Anfang Juni und dauert neun Wochen bis Anfang August. Dieses kurze Zeitfenster der Verfügbarkeit verleiht der Kirsche eine Exklusivität, da Kirschen nicht lange gelagert werden können. Das gesamte Produktionsverfahren ist eine sensible Angelegenheit, die viel Fachwissen erfordert. Die Sortenwahl hat einen grossen Einfluss auf den Pflegebedarf der Anlage, den Ernteerfolg und letztendlich die Vermarktung. Hunderte Süsskirschensorten sind erhältlich; man hat also die Qual der Wahl.

Wer kann mit wem

Um einen hohen Fruchtansatz zu erhalten, ist eine Bestäubung durch Insekten essenziell. Abgesehen vom Vorhandensein und der Aktivität dieser Bestäuber spielt es aber auch eine Rolle, ob die Pollen der gepflanzten Bäume zueinander passen. Viele Sorten können nicht mit eigenem Pollen oder Pollen einer genetisch eng verwandten Sorte bestäubt, beziehungsweise befruchtet werden. Vereinfacht kann gesagt werden, dass 50 Prozent genetische Ähnlichkeit auch 50 Prozent weniger Fruchtansatz bedeutet. Befruchtertabellen, welche von Baumschulen herausgegeben werden, geben darüber Aufschluss, welche Sorten zusammenpassen. In einer Neuanlage empfiehlt sich deshalb, mindestens drei genetisch unterschiedliche Sorten anzupflanzen.

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Der Sortenpfeil gibt mit Bezug auf Burlat oder Kordia an, wann die einzelnen Sorten reif sind.

Für welchen Markt produzieren?

Bei der Direktvermarktung sind verschiedene Sorten gefragt. Für die Vermarktung im Grosshandel ist es empfehlenswert, eine grosse Anzahl von Bäumen mit wenigen Sorten anzubauen. Generell werden für den Verkauf von Tafelkirschen vor allem grossfruchtige und festfleischige Sorten in der gewünschten Farbintensität verlangt. Die geforderten Grössen richten sich dabei nach den Klassen Premium, Extra, 1 und 2. Diese Früchte sind dann weit grösser als 20 mm im Durchmesser. Im Falle von Premium messen die Früchte sogar 28 mm. Grosse Kirschen haben aber oft den Nachteil, dass sie bei Regen eher platzen können. Das erfordert Schutzmassnahmen im Anbau. Für Konservenkirschen werden dunkle, kleinere Früchte verwendet. Konserven- und Brennkirschen werden vor allem maschinell geerntet, um rentabel zu sein. Dieses Verfahren schliesst einige Sorten aus, die dafür nicht geeignet sind.

Anbau, Pflege und Ernte

Im Obstbau wird ein Zweig der gewünschten Sorte, der Edelreis, auf einen Stamm mit Wurzel, die sogenannte Unterlage, aufgesetzt. Das ist notwendig, um Sorten zu erhalten. Die Unterlage bringt dabei zusätzliche, erwünschte Eigenschaften mit, zum Beispiel, wie gross der Baum werden wird. Um die Kirschen angepasst an eine bestimmte Region oder Bodenverhältnisse anzubauen, ist die Wahl einer richtigen Unterlage wichtig. Es ist eine Notwendigkeit, dass die Unterlage zur Sorte passt. Die bekannteste Standardunterlage GiSelA 5 verträgt sich zum Beispiel schlecht mit starktragenden Sorten. Je nach geplantem Anlagentyp sind manche Sorten besser geeignet als andere. Sorten, die grosse Kirschen hervorbringen, werden zumeist in Niederstammanlagen produziert. Alte Sorten, mit oft kleineren Früchten, wachsen häufiger auf Hochstammbäumen. Die in einer Anlage anfallenden Pflegemassnahmen wie Schnitt und Pflanzenschutz sind auch sortenabhängig. Kirschensorten mit stark hängendem Holz brauchen einen intensiveren Fruchtholzschnitt, um die Vitalität zu erhalten. Damit sind alle Triebe zu bearbeiten, die Blüten tragen. Neigen Sorten zur Verkahlung, geringer Verzweigung oder Langastigkeit, so muss das beim Schnitt berücksichtigt werden.

Geht es um die Ernte, spielt die Art wie die Kirsche am Baum hängt eine Rolle. Sorten mit kurzen Stielen oder in Truppeln (mehrere an einer Stelle) hängend, sind schwieriger zu pflücken. Ein lockerer und regelmässiger Behang, wie zum Beispiel bei der in der Schweiz beliebten Sorte Kordia, lässt die Sorte einfacher ernten. Manche Sorten lassen sich in einem Durchgang vollständig ernten, andere erfordern mehrere Durchgänge, da nicht alle Kirschen gleichzeitig reif sind.

Wann kann ich ernten?

Kirschensorten können sich erheblich im Reifegrad unterscheiden. Dies bietet die Möglichkeit, durch die gezielte Auswahl von Sorten mit verschiedenen Reifegraden, das Erntezeitfenster zu verlängern und länger Kirschen zu verkaufen. Man unterscheidet zwischen sehr frühen bis späten Sorten. Die Reifezeiten von Kirschen werden in Kirschenwochen angegeben. Für die Einteilung wird zum Beispiel auf die besonders frühe Sorte Burlat oder die mittelspäte Sorte Kordia Bezug genommen. Burlat ist ein Zufallssämling aus Frankreich und stammt aus den 1930er Jahren. Diese Sorte eröffnet die Kirschenwochen. Wenige andere Sorten werden früher reif, die meisten aber Tage bis Wochen später.

Was bei der Sortenwahl zu beachten ist

• Für den geplanten Standort passende Sorten und Unterlage auswählen
• Sorten auswählen, die für das Vermarktungsvorhaben geeignet sind
• Informieren, welche Sorten miteinander fruchtbar sind (zum Beispiel bei der Baumschule), um den erwünschten Ernteerfolg zu erzielen  • Risiken für Schädlingsplagen und Krankheiten in der Region abschätzen
• Sortenblätter geben Aufschluss über den Pflegebedarf einer Sorte, zum Beispiel notwendige Schnittmassnahmen
• Den gewünschten Ernteprozess bei der Sortenwahl berücksichtigen. Soll von Hand gepflückt, maschinell geerntet oder geschüttelt werden

Risiken lassen sich verkleinern

Die Wahl einer bestimmten Sorte kann helfen, Risiken, welche die Ernte gefährden, zu reduzieren. Durch die Wahl des Reifezeitpunktes ist es möglich, Insektenplagen auszuweichen. Frühe Kirschen sind zum Beispiel reif bevor die Kirschfruchtfliege aktiv ist. Die Kirschen sind dann aber mehr dem Frass durch Vögel ausgesetzt und müssen durch Netze geschützt werden. Manche Sorten haben eine stärkere Neigung zu Krankheiten als andere. Diese Neigung kann aber abhängig von Bodenverhältnissen und Klima variieren. Zum Beispiel ist ein Befall mit der Monilia Fruchtfäule im Obstbau besonders gefürchtet. Dieser Pilz bildet ein kreisförmiges Schimmelpolster auf den Früchten. Sorten die anfälliger sind, sollten deshalb eher für trockene Standorte gewählt werden. Die Unterlage kann Resistenzeigenschaften mitbringen und somit eine weitere Sicherheit für eine erfolgreiche Ernte sein.

Letztendlich macht es die grosse Auswahl von Kirschensorten möglich, für jeden Ort und jede Begebenheit, die es klimatisch zulassen, das richtige zu finden. 

Informationen zu Sorten und Unterlagen von Agroscope

Sortenpfeil abgeändert nach einer Vorlage von Agroscope
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