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Pflanzenbau

Lichtblicke bei den Zuckerrüben

Der Zuckerrübenanbau kämpft mit den Krankheiten Syndrome Basses Richesses und der virösen Vergilbung. Die Suche nach Lösungen zeigt erste Erfolge. Sortentests ergaben, dass es Syndrome-Basses-Richesses-tolerante Sorten gibt, die eine Option für den Anbau in gefährdeten Gebieten sind.

Sortenunterschiede in der SBR-Toleranz 2019 am Mont Vully (links anfälliger Genotyp, rechts Rhinema). 

Sortenunterschiede in der SBR-Toleranz 2019 am Mont Vully (links anfälliger Genotyp, rechts Rhinema). 

(SFZ)

Publiziert am

Wissenschaftliche Mitarbeiterin, SFZ

             

Quer gelesen

– Die Krankheit Syndrome Basses Richesses macht dem Zuckerrübenanbau in der Schweiz seit 2017 zu schaffen.

– Übertragen wird die Krankheit durch Zikaden, welche zwei Arten von bakteriellen Erregern übertragen.

– Bisher konnte wenig getan werden und die Zuckerrübenanbaufläche wurde stetig weniger.– Es gibt einen Erfolg zu verzeichnen: Für die kommende Zuckerrübensaison stehen vier Syndrome-Basses-Richesses-tolerantere Sorten zur Verfügung.

SBR – Syndrome Basses Richesses oder «Symptom des niedrigen Zuckergehaltes» ist eine gefährliche Zuckerrübenkrankheit, die 1991 erstmals im Burgund in Frankreich nachgewiesen wurde. Dies führte dazu, dass der Rübenanbau in dieser Region aufgegeben werden musste.

Ausbreitung in der Schweiz

Im Jahr 2017 zeigten sich erste Vergilbungssymptome in den Westschweizer Regionen Gros-de-Vaud, Plaine de l’ Orbe und in der Broye. Im Folgejahr waren die Rübenschläge grossflächig von starken Vergilbungssymptomen mit markanten Zuckergehaltsverlusten betroffen. Seither beträgt die jährliche Ausbreitung etwa 15 km. Im Sommer 2021 wurde die Zikade bereits bei Wangen an der Aare und westwärts bis nach Genf gesichtet. Das geschätzte SBR-Befallsgebiet liegt bereits bei etwa 5000 Hektaren, was fast einem Drittel der aktuellen Rübenfläche entspricht. Der Blick über die Grenze nach Deutschland zeigt das Ausmass der Krankheit; ab 2018 waren in Baden-Württemberg circa 20 000 Hektaren und in der Elbaue ungefähr 5 000 Hektaren Zuckerrüben grossflächig infiziert.

Übertragung der Krankheit

Die Zikaden, meist die Schilf-Glasflügelzikade (Pentastiridius leporinus), fliegen im Frühsommer aus den Weizenbeständen (je nach Witterung ab Mai/Juni) in die Zuckerrübenbestände ein. Als Pflanzensaftsauger übertragen sie die SBR-Erreger in die Zuckerrüben. Im Spätsommer legen die Zikaden dann ihre Eier im Boden in die Nähe der Rübenpfahlwurzeln ab. Die daraus geschlüpften Larven ernähren sich ebenfalls saugend von der Rübenwurzel. In der Folgekultur (meist Winterweizen) wird die Entwicklung fortgesetzt. Der Zyklus schliesst sich, indem die erwachsenen Zikaden im Frühjahr wieder in die benachbarten Zuckerrübenfelder einfliegen. Die Krankheitssymptome zeigen sich ab August im Feld: Der Rübenbestand wird zunehmend gelb, die Blattadern verbleiben grün und die jüngsten Blätter erscheinen lanzettlich. Die Vergilbungssymptome können von zwei unterschiedlichen Erregerarten hervorgerufen werden. Der Erregernachweis wird von der Forschungsgruppe Virologie/Bakteriologie bei Agroscope durchgeführt.

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Befallene Pflanzen zeigen lanzettförmige Blätter.

(SFZ)
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SBR-Symptome am Rübenkörper sind Verbräunungen der Leitbündel. 

(SFZ)
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Fangorte des Vektors Pentastiridius leporinus, einerseits mit SBR-infizierten Individuen (rote Punkte) und mit nicht infizierten Individuen (grüne Punkte). Auftreten in bestimmten Regionen nach Jahr. 

Erstmals Sortenunterschiede sichtbar

Bis heute ist keine direkte Bekämpfung der bakterienübertragenen Zikaden möglich. Nach dem ersten flächigen Auftreten 2018 empfahl die Firma Hilleshög die Sorte Rhinema aufgrund ihres grünen Blattapparates. Im Spätsommer 2019 konnten an einem offiziellen Versuchsstandort der Fachstelle für Zuckerrübenbau (SFZ) erstmals Sortenunterschiede festgestellt werden. Die gängige Marktsorte Strauss erzielte einen Zuckergehalt von 13,7 Prozent. Die tolerantere Sorte Rhinema verblieb bis in den Herbst grün, der Zuckerertrag war ähnlich hoch, der Zuckergehalt mit 15,5 Prozent hingegen deutlich höher. Entscheidend für die Wirtschaftlichkeit ist der Zuckerertrag und dieser variierte deutlich zwischen den Sorten. Aus diesem Grund hat die SFZ vor zwei Jahren eine separate SBR-Sortenprüfung an Starkbefallsstandorten etabliert. Geprüft werden knapp 50 Sorten. Für den Anbau 2022 wird erstmals eine separate SBR-Sortenliste mit vier Sorten publiziert. BTS2045 und Agueda KWS (empfohlen für Anbau 2021) und neu dazu kommen Chevrolet (Strube) und Xerus (SV). Im Vergleich zu Rhinema können mit allen vier Sorten deutlich höhere Zuckererträge und ein höherer Bruttogelderlös erwirtschaftet werden. Leider zeigen die zweijährigen Ergebnisse auch, dass alle drei zugelassenen Conviso-Sorten (herbizidtolerant) aktuell nicht für die SBR-Gebiete angepasst sind, da die Unterschiede im Zuckerertrag zu gross sind.

Für den Anbau 2022 wird erstmals eine separate SBR-Sortenliste mit vier Sorten publiziert.

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Befallene Pflanzen zeigen lanzettförmige Blätter.

(SFZ)

Es fehlen Rübenflächen

Seit dem Erstauftreten 2017 gehen die Anbauflächen in den SBR-Regionen stetig zurück. So sanken im grössten «Rübenkanton» Waadt die Anbauflächen um 15 Prozent (Zeitraum 2017–2020). Die neueren, leistungsfähigeren Sorten, der um fünf Franken je Tonne höhere Rübenpreis und die verschiedenen finanziellen Unterstützungsprogramme von Bund und Kantonen machen den Rübenanbau aber wieder interessanter als noch vor drei Jahren. Leider sind die SBR-Regionen seit 2020 auch von der durch Blattläuse übertragenen virösen Vergilbung betroffen. Die letztjährigen hohen Ertragsverluste führten zu einem weiteren starken Flächenrückgang; im Kanton Waadt betrug dieser 2021 erneut 19 Prozent. Heute fehlen im Kanton Waadt somit auf einem Drittel der Anbaufläche die Zuckerrüben.

Viröse Vergilbung

Im Gegensatz zur Zikade kann die grüne Blattlaus aber mit Insektiziden bekämpft werden, und im Gegensatz zu 2020 standen 2021 mehrere Wirkstoffe dazu zur Verfügung. Für den Anbau 2022 hat das BLW für die Bekämpfung der virusübertragenden Blattlaus wiederum eine Notfallzulassung für die Wirkstoffe Acetamiprid (Gazelle SG, Basudin SG, Barritus Rex, Oryx Pro) und Spirotetramat (Movento SC) erteilt. Neu wurde zudem der Wirkstoff Flonicamide (Teppeki) bewilligt. Die SFZ wird in Zusammenarbeit mit den kantonalen Pflanzenschutzstellen erneut ein Blattlausmonitoring mit dem darauf folgenden Spritzaufruf durchführen. Dadurch können die Läuse frühestmöglich dezimiert werden. Denn, je später und schwächer die Infektion der Rübe erfolgt, desto geringer ist der spätere Ertragsverlust. Für den Erhalt der Rentabilität der beiden Fabriken und für das Überleben des Schweizer Zuckerrübenanbaus müssen die Anbauflächen zwingend wieder ausgedehnt werden. Letztlich retten Landwirtinnen und Landwirte die Branche, indem sie Anbauverträge unterzeichnen. 

Unser Tipp

Was kann gegen SBR getan werden? Die Züchter haben ihre Aktivitäten stark ausgedehnt. Zudem wurden seit 2019 auch verschiedene SBR-Forschungsprojekte gestartet. Die SFZ ist in engem Kontakt mit den Wissenschaftlern und Züchtern aus Deutschland. In der Schweiz wurde 2021 das Forschungsnetzwerk zur Rettung des Rübenanbaus gegründet. Der Themenbereich SBR wird aber bereits seit 2020 in Zusammenarbeit mit Agroscope und der Hochschule für Landwirtschaft (HAFL) mit finanzieller Unterstützung des BLW bearbeitet.

Aktuelle Erkenntnisse

1. Umfangreiche Sortenprüfungen (SFZ)
Eine standortangepasste Sortenwahl ist aktuell die wichtigste indirekte Bekämpfungsmethode. Tolerantere Sorten reduzieren die weitere Bakterienübertragung, da die Zikaden die Erreger weniger aufnehmen und weitertragen können.

2. Pflanzenbauliche Bekämpfungsmassnahmen
Winterbrache oder die Aussaat von Mais im Frühling reduziert die Zahl der Zikaden deutlich (Studien am Institut für Zuckerrübenforschung (IFZ / D) und an der HAFL 2021).

Die geringste Überlebenswahrscheinlichkeit haben die Zikadennymphen im Mais, sodass Mais eine schlechte Wirtspflanze sein dürfte (IFZ 2021).

3. Biologische Bekämpfungsmassnahme
Ausbringung von entomopathogenen Nematoden im Feld nach der Zuckerrübenernte oder im Frühjahr in der Nachkultur zeigt keine Effekte (HAFL 2021).

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