Im Zürcher Weinland ist die Reblaus zurück

Im Zürcher Weinland, in Benken, kann man am Laub alter europäischer Traubensorten einen Befall von Rebläusen feststellen. Damit zeigt sich, dass der einst gefährlichste Rebschädling immer noch präsent ist. Er stellt aber vorerst keine Gefahr dar.

Die Reblaus legt die Eier der ersten Generation auf der Blattunterseite ab und sorgt mit Speichel dafür, dass sich um sie herum gallenartige Geschwulste...

Die Reblaus legt die Eier der ersten Generation auf der Blattunterseite ab und sorgt mit Speichel dafür, dass sich um sie herum gallenartige Geschwulste bilden.

(Roland Müller)

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Bei Rebarbeiten ist nun im  Zürcher Weinland, in Benken, ein alter unerwünschter Einwanderer entdeckt worden. Es handelt sich dabei um die Reblaus, welche auf Rebblättern ihre Eier ablegt. Diese sind mit gallenartigen Gebilden an der Blattunterseite gut erkennbar.

Sie wurden auf europäischen Rebsorten französischen Ursprung gefunden. So beim Léon Millot und Maréchal Foch. Ähnliche Beobachtungen gab es schon vor über 20 Jahren in anderen Weinländer Reblagen. Es zeigt sich einmal mehr, dass man wohl die Reblaus in den vergangenen über 140  Jahren mit direkt umgesetzten Kulturmassnahmen in Schach halten konnte. Dies mit der konsequenten Verwendung von veredelten Reben mit aufgepfropftem Edelreis. Hierfür wurden für das Wurzelwachstum amerikanische, reblausresistente Unterlagen verwendet. Damit konnte die Reblaus besiegt, aber nicht ausgerottet werden.

Ein gewisses Risiko für den Befall von wurzelechten, europäischen Reben besteht weiterhin. Werden beispielsweise in älteren Rebbeständen, abgehende Stöcke einfach durch einen Ableger (Vergruben) des Nachbarstockes ersetzt, so können deren Wurzeln nun für die Reblaus ein gefundenes Futter werden. Entsprechend ist diese bei uns durchaus als effiziente, weit verbreitet  angewendete Methode beispielsweise im benachbarten Deutschland strikt verboten und wird mit hohen Bussen geahndet.

Dampfschiffe halfen der Reblaus

Vor über 170 Jahren war die Einfuhr von Pflanzen, Tieren und Kleinlebewesen aus Übersee vor allem für exotischen Gärten relevant. Man war sich der Folgen und Gefahren schlichtweg nicht bewusst, welche mit dem Auspflanzen oder Ansiedeln solcher Pflanzen auftreten konnten. In dieser Zeit, um 1850, lösten die schnelleren Dampfschiffe die Segelschiffe nach und nach ab.

Diese deutlich schnelleren Transporte aus dem fernen Amerika nach Europa machten es möglich, dass amerikanische Rebläuse die Überfahrt nach Europa überleben konnten. Sie fanden sich an, als Zierpflanzen eingeführten, bewurzelten Amerikanerreben. Diese gingen vor allem nach England und Frankreich. Dem invasiven Schädling gefiel es im europäischen Klima sehr gut. Aus den grossen Gärten und Parks begann er sich nun auch ausserhalb in den Rebbergen  zu vermehren.  Erste Schäden sind um 1862 in Weingärten im südlichen Rhonetal in Frankreich entdeckt worden. Jährlich breitete sich nun der Schädling um 10 bis 25 km aus und vernichtete allein bis um 1885 in Frankreich weit über zwei Millionen Hektaren Reben.  In Deutschland stellte man sie erstmals 1874 in der Nähe bei Bonn fest.

Die Reblaus in der Schweiz

Im Kanton Zürich wurde die Reblaus erstmals am 15. Juni 1886 in Winkel bei Bülach entdeckt. Dies nach 12 Jahren, als sie 1874 erstmals in der Schweiz im Kanton Genf aufgetreten war. Der Bezirk Andelfingen blieb aber fast vollständig verschont. Einzig 1894 wurde ein Befall in Humlikon festgestellt. Weitere Reblausherde fanden sich am südlichen Rand des Weinlandes zudem in Neftenbach (1912), Dättlikon (1912) und Dinhard (1929). Im Kanton Schaffhausen wurde Befallsherde der Reblaus einzig 1948 und 1949 in Trasadingen und Hallau festgestellt.

„Die Entdeckung des ersten Reblausherdes in Winkel bei Bülach war ohne Zweifel das markanteste und folgenschwerste Ereignis in der wechselvollen Geschichte des Schweizer Rebbaues. Die Reblaus zwang zu staatlichen Bekämpfungsmassnahmen, wie sie in ihrer Strenge und mit ihren Eingriffen in die Freiheit der Rebbauern heute unvorstellbar sind“, schrieb der verstorbene Regierungsrat Hans Künzi in der nun bereits 35-jährigen Erinnerungsschrift 100 Jahre Reblaus.

Lebenszyklus

Der Lebenskreislauf kann auch diesen Sommer einmal mehr auf den erwähnten Rebensorten  beobachtet werden. Nach der Überwinterung als Winterei unter der Rebenrinde, woraus im Frühling die Stammmutter schlüpft, beginnt der eigentliche biologische Lebenszyklus der kleinen kaum einen Millimeter grossen Laus.  Diese sticht die Blätter an und scheidet einen speziellen Speichel aus, was zu den Gallen auf der Blattunterseite führt. Darin legt sie ihre Eier ab. Aus diesen schlüpfen die Jungläuse. Aus ihnen werden in vier bis sieben Generationen wieder Blattläuse, welche sich vorerst auf den Blättern weiterentwickeln. Ein kleiner morphologisch unterscheidbarer Reblaustyp wandert im Verlauf der Vegetationsperiode in den Wurzelbereich ab und wird erst jetzt zur eigentlichen ersten Gefahr für die Reben. Die wenigen in den Boden eingetauchten Rebläuse bilden wiederum mehrere Generationen. Im Laufe des Sommers verlassen einige wieder, nun als geflügelte Wurzelläuse (Wanderläuse), den Boden. Sie fliegen wieder auf die Rebstöcke, wo sie zwei unterschiedliche Eitypen ablegen aus welchen Männchen und Weibchen schlüpfen. Diese wiederum paaren sich nochmals und das Weibchen legt ein Ei unter die Rinde am Stock ab.

Todesurteil für den Rebstock

Befällt dieser Schädling die Wurzeln von wurzelechten, europäischen Reben und lässt dabei seinen Speichel in die Saftbahnen fliessen, so ist dies für diese Rebstöcke das Todesurteil. Durch den Anstich bilden sich an den Einstichstellen gallenartige Geschwülste, welche die Funktionsweisen der Wurzeln massiv beeinträchtigen. Als Folge sterben diese und somit auch die Reben ab.

Quelle: Roland Müller
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