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Nutztiere

Glückliche Kühe und zufriedene Landwirte

Es muss nicht immer ein Neubau sein. Durch Anpassungen im bestehenden Anbindestall können die Arbeitsfreude erhöht sowie das Tierwohl verbessert werden. Eine Möglichkeit ist, den Liegebereich mit einer Kalk-Stroh-Matratze auszustatten. Aber auch der Fressbereich oder die Luftqualität lassen sich durch einfache Massnahmen verbessern.

Eine bequeme Liegeposition bringt dem Tier viel Lebensqualität.

Eine bequeme Liegeposition bringt dem Tier viel Lebensqualität.

(Martina Schmid)

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Kuhsignale-Beraterin

Vor einigen Jahren gingen Wissenschaftler davon aus, dass in der Schweiz im Jahr 2020 nur noch 30 Prozent aller Milchkühe in Anbindeställen gehalten werden. Dies zum Beispiel auf Grund von Förderungsmassnahmen des Bundes, wie die Beiträge für besonders tierfreundliche Haltungssysteme (BTS). Auch andere Zeichen deuteten darauf hin, dass die Laufstallhaltung stark zunehmen werde. Dieses erwartete Verhältnis scheint aber nicht einzutreffen. Trotz einem Trend Richtung Laufställe wurden im Jahr 2017 immer noch über 50 Prozent aller Milchkühe in Anbindeställen gehalten. Die Gründe dafür sind vielfältig. Platz- oder topografische Gegebenheiten können einen Laufstallbau verhindern. Weitere Gründe, weshalb auf vielen Milchviehbetrieben das Aufstallungssystem für die Milchkühe nicht geändert wird, können auch fehlende finanzielle Mittel, ungeregelte Hofnachfolge oder die Begeisterung für Anbindeställe sein.

Optimierte Anbindeställe

Für Betriebe, die aus verschiedenen Gründen am Anbindestall festhalten, gibt es praxisnahe, schnell umsetzbare und tierfreundliche Lösungen, nämlich optimierte Anbindeställe.

Durch die Bachelorarbeit von Martina Schmid an der HAFL (Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften) wurden 23 optimierte Anbindeställe besucht und deren Betriebsleiter befragt. Die Verbesserungen bezüglich Tierwohl, welche durch den Umbau erzielt werden konnten, wurden erfasst und fotografisch festgehalten. Sprunggelenksentzündungen, Zitzenverletzungen aber auch undeutliche Brunstzeichen sind die häufigsten Probleme vor den Optimierungen. Die damit verbundenen, hohen Tierarztkosten liessen die Landwirte oft am bestehenden Aufstallungssystem zweifeln. Via Fachartikel, Vorträge oder Weiterbildungen stiessen diese auf die Lösung von optimierten Anbindeställen. Die Idee stammt von Christian Manser (Fachperson für Rindvieh am Landwirtschaftlichen Zentrum St. Gallen), welcher sich seit Jahren für das Wohlergehen der Kühe engagiert.

Die Ergebnisse der Bachelorarbeit zeigen auf, dass im Idealfall alle auf den nächsten Seiten aufgezählten Bereiche optimiert werden, um den Anforderungen der Tiere und der Arbeitsqualität gerecht zu werden.

Gutes Liegebett

Die Kuh produziert die Milch hauptsächlich im Liegen. Denn in dieser Position wird mehr Blut durch das Euter transportiert und somit die Milchsynthese angeregt. Bei häufigem Liegen auf trockenem Untergrund trocknen zudem die Klauen gut ab.

Die Kühe bevorzugen das Abliegen auf einem weichen Untergrund wie beispielsweise einem Strohbett, da es weniger Schläge auf die Gliedmassen gibt. Dank dem weichen Untergrund liegen die Kühe pro Tag insgesamt länger und es bilden sich keine Druckstellen. In allen der im Rahmen der Bachelorarbeit besuchten Anbindeställe wurde der Liegebereich der Kühe optimiert. Dabei wurden jeweils die Gummimatten durch eine Kalk-Stroh-Matratze ersetzt.

  • Je nach Stallhöhe wurde die Kalk-Stroh-Matratze mittels eines Abschlusselementes auf das bestehende Läger aufgesetzt. Wegen fehlender Stallhöhe wurde das bestehende Liegebett aber oft auch abgespitzt und so eine Kalk-Stroh-Matratze eingerichtet.
  • Die Matratze kann in der untersten Schicht mit Mist oder Kalk- Stroh befüllt werden. Für die obere Schicht wird eine Kalk-Stroh- Mischung, Strohpellets, oder Langstroh verwendet.
  • Das Befüllungsmaterial der Matratze soll passend zum Entmistungssystem ausgewählt werden.
  • Im Euterbereich sollte täglich Kalk, am besten Microkalk, eingestreut werden. Bei Zellzahlproblemen ist «Desical» zu empfehlen.
  • Stroh soll wöchentlich vorne in der Kniepartie neu eingestreut werden. Das Stroh wird durch die Kuh automatisch wieder in den Euterbereich gelangen.
  • Zu Beginn wird viel Geduld benötigt. Denn bis eine kompakte, schöne Matratze entstanden und die nötige Routine bei der Matratzenpflege vorhanden ist, kann es bis zu einem Jahr gehen.
  • Es ist zu beachten, dass es für eine kompakte Matratze eine Mindesttiefe von 20 cm benötigt. Mit Stopprohren ist es sehr schwierig, eine kompakte Matratze zu erreichen.
  • Der Liegebereich soll nicht länger als 1,95 m und idealerweise 1,25 m breit sein

Aufstehen erleichtern

Eine Kuh, die gut aufstehen kann, nimmt mehr Futter auf und kotet weniger im Liegen. Daher sind Kühe in optimierten Anbindeställen oft sauberer als zuvor. Um gut aufstehen zu können, benötigt die Kuh im Kopfbereich ausreichend Schwungraum. Eine gute Lösung bietet die «Obenanbindung» an einer Kette oder an einem Nackenrohr.

Nackenkette oder -rohr auf einer Höhe von 1,2 m anbringen.

  • Eine Feder in der Nackenkette eingebaut, sorgt dafür, dass diese gut gespannt und zudem nicht zu starr ist.
  • Werden die Halsbänder mit einem Karabiner an der Kette fixiert, ist der Abstand von Kuh zu Kuh variierbar.
  • Die Halsbänder sollen mindestens 60 cm lang sein, damit die Kühe gut aufstehen und den Kopf im Tiefschlaf auf den Bauch ablegen können.
  • Für genügend Schwungraum im Brustbereich wird das Krippenholz mit einem Gummilappen von mind. 25 cm ersetzt.
  • Durch das Entfernen von metallhaltigen Abtrennungen zwischen den Kühen entstehen mehr Liegefläche und bessere Aufstehmöglichkeiten.  

Futtertisch optimieren

Im Anbindestall ohne Futtertisch ist eine ad libitum-Fütterung schwierig, da bei bestehenden Futterkrippen nur wenig Futter Platz hat. Die Kuh hat aber das Bedürfnis, täglich sieben bis zwölf Mahlzeiten mit einer Fresszeit von fünf Stunden zu sich zu nehmen. Kann die Kuh das Futter bei der Futterselektion wegen der Krippenwand nicht weiter nach vorne schieben, stösst sie es zur Seite. Sind auf den Seiten Abtrennungen vorhanden, wirft sie das Futter entweder nach hinten oder zieht es in den Liegebereich. Mit einem Futtertisch entfällt dieses Problem und der Arbeitsaufwand für das «Futter zugeben» minimiert sich. Folgendes sollte beachtet werden:

  • Der Futtertisch soll nicht höher als 10 cm aber darf laut Tierschutzgesetz auch nicht weniger als 10 cm über dem Liegebett sein. Er sollte mindestens 1,2 m lang sein, da die Kuh mit ihrer Zunge bis auf eine Länge von 1,1 m kommt.
  • Dank dem Gummilappen im Brustbereich wird verhindert, dass Futter in den Liegebereich gezogen wird. Gleichzeitig ist für die Kuh kein Hindernis zum Aufstehen vorhanden.

Genügend Wassernachfluss

Fliesst das Wasser in der Tränke nicht schnell genug nach, führt dies dazu, dass die Kühe automatisch weniger davon aufnehmen. Als Folge davon wird auch die Futteraufnahme minimiert. Dies führt wiederum zu einer tieferen Milchleistung. Damit Kühe mehr Wasser aufnehmen können, sollten folgende Punkte optimiert werden.

  • Wer noch keine Wasserbecken mit über 20 l Wasserfluss pro Minute installiert hat, sollte dies als Erstes in Angriff nehmen.
  • Es sollten genügend grosse Wasserbecken installiert werden, in welchen die Kuh ihr ganzes Flotzmaul hineintauchen kann.
  • Die Wasserbecken werden am besten über der Strohmatratze montiert. Dadurch wird bei Wasserverlust die Kalk-Strohmatratze direkt ein wenig angefeuchtet.
  • In einem Kaltstall ist eine Pumpe mit einem Wasserkreislauf sinnvoll, damit im Winter das Wasser nicht gefriert.
  • Können die Kühe regelmässig in den Auslauf, empfiehlt sich, ein Brunnen mit fliessendem Wasser anzubringen.

Bessere Luftqualität

Frische Luft gibt es gratis, warum sollte man sie also nicht auch den Kühen zur freien Verfügung stellen? Bei grösserem Luftaustausch sinkt die Stalltemperatur, was den Kühen sehr entgegenkommt: Bei 5 – 15 °C erzeugen sie die Milch am effizientesten. Letztlich profitiert auch die Gesundheit vom Landwirt, welcher viel Zeit im Stall verbringt, von einer besseren Luftqualität. Schlechte Luft schadet auf Dauer der Lunge von Mensch und Tier. Für eine bessere Luftqualität können folgende Veränderungen vorgenommen werden:

  • Die wirkungsvollste und kostengünstigste Variante ist das Entfernen der Fenster. Für den Notfall ist besonders auf der Wetterseite ein einfach montierbarer Fensterschutz mit Fliess zu installieren.
  • Auch Grossraumlüfter, sogenannte Ventilatoren, sorgen für eine bessere Luftumwälzung.
  • Wenn Ställe sehr niedrig sind, gibt es eine teurere, aber sehr wirkungsvolle Variante; die Lufttubes. – Ein an der Decke montierter Luftschlauch kühlt durch den Luftaustritt über Löcher den Körper der Kuh gezielt ab.
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Dank genügend langen Halsbänder (Ketten) können die Tiere den Kopf im Tiefschlaf gut ablegen.

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Meist wird für das Liegebett eine Kalk-Stroh-Mischung verwendet.

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Mit dem Entfernen von Seitenwänden erhalten wandständige Kühe mehr Platz.

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Das Ergebnis von einem optimierten Anbindestall sind saubere Kühe.

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