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Nutztiere

Fleischqualität an erster Stelle

In jedem Schlachtbetrieb wird vom Veterinäramt die Fleischkontrolle durchgeführt. Ziel davon ist das Einhalten der Lebensmittelhygiene. Die Resultate der Fleischkontrolle haben einen grossen Zusammenhang mit der Tiergesundheit und liefern daher dem Tierhalter wichtige Informationen.

Fleisch

Schlachtung

(zvg)

Publiziert am

Aktualisiert am

Redaktorin, UFA-Revue

Der Durchschnittsschweizer isst jährlich 52 kg Fleisch, wobei das Schweinefleisch mit 21,6 kg den grössten Teil ausmacht (Proviande, 2018). Dieser Bedarf kann fast vollständig mit Schweizer Schweinen gedeckt werden: Mit rund 2,5 Millionen Schweineschlachtungen pro Jahr wird ein Selbstversorgungsgrad von etwa 92 bis 96 Prozent erzielt.

Geschlachtet werden diese Schweine in diversen grossen, wie auch kleineren Schlachthöfen. Für jeden bewilligten Schlachtbetrieb ist die gesetzlich geregelte Fleischkontrolle ein Muss. Darin enthalten ist die Schlacht-tier- sowie die Fleischuntersuchung. Nebst der Lebensmittelhygiene ist die Fleischkontrolle ein wichtiges Instrument betreffend Tierschutzaspekten. Dank der Untersuchung der Organveränderungen können Tierseuchen oder Gesundheitsprobleme frühzeitig erkannt werden.

Gesundheit nicht gefährden

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«Milkspots» – Leber mit Spulwurm befall (Askariden); erkenntlich anhand der weissen Flecken (Milkspots), die durch den Rückstau der Galle zustandekommen.

(Dr. Bertolt Rudelt)

Aus ökologischen, ethischen und wirtschaftlichen Gründen hat jeder Schlachthof das Ziel, so viel wie möglich vom Tier zu verwerten. Um aber die Gesundheit von Mensch und Tier nicht zu gefährden, gibt es Tierkörper und von Tieren stammende Erzeugnisse, die nicht zum menschlichen Verzehr geeignet sind oder nicht als Lebensmittel verwendet werden können. Diese werden tierische Nebenprodukte (TNP) genannt.

Die Fleischkontrolle untersteht der Aufsicht der zuständigen Veterinärämter. Es ist also nicht der Schlachthof selber, der über allfällige Konfiskate entscheidet, sondern ein neutrales Glied vom Kanton.

Dr. med. vet. Serafin Blumer ist Leiter Bereich Lebensmittelsicherheit des Veterinäramts im Kanton Basel-Stadt. Gemeinsam mit einem Team von insgesamt vier amtlichen Tierärzten und zwölf amtlichen Fachassistenten ist er für die Schlachttier- und Fleischkontrolle im Schlachtbetrieb der Bell Schweiz AG in Basel zuständig. Die Abläufe können sich von Schlachtbetrieb zu Schlachtbetrieb leicht unterscheiden.

Schnell gelesen

  • Die Fleischkontrolle in den Schlachthöfen erfolgt durch die amtlichen Tierärzte des Veterinäramts vom jeweiligen Kanton. 
  • Es wird unterschieden zwischen Teilkonfiskaten und ungeniessbaren Schlachttieren. 
  • Das Begleitdokument muss korrekt ausgefüllt sein. 
  • Verletzungen einzelner Tiere müssen auf dem Begleitdokument aufgeführt werden. 
  • Die Befunde im Schlachthof sind ein Indiz auf die Tiergesundheit und das Tierwohl.

Schlachttieruntersuchung

Für die Schlachttieruntersuchung vor Ort sind die amtlichen Tierärzte zuständig. Blumer wechselt sich für diese Aufgabe mit seinen Teamkollegen tageweise ab. Die Kontrolle der Dokumente sowie die eigentliche Untersuchung am Tier gehören dazu.

Nach dem Abladen werden die Schweine gezählt, danach beurteilt der amtliche Tierarzt die Tiergesundheit. «Beim Betrachten der Gruppe beurteile ich das Allgemeinbefinden und die Sauberkeit der Tiere und achte auf äusserlich sichtbare Verletzungen oder Hinweise für Krankheiten» erklärt Blumer. Nicht einwandfrei gesunde Tiere werden abgesondert und müssen wenn nötig sogar von der regulären Schlachtung ausgeschlossen werden.

Fleischuntersuchung

Für die Beurteilung der Fleischhygiene sind die amtlichen Fachassistenten unter Aufsicht von Blumer und den anderen amtlichen Tierärzten, zuständig. Das Ziel der Fleischuntersuchung ist, gesundheitsgefährdende oder ekelerregende Veränderungen im Fleisch zu erkennen und die Übertragung von Krankheiten und Verunreinigungen des Fleisches zu verhindern. Dafür wird am Schlachtband jeder einzelne Schlachtkörper sowie dessen zugehörige Organe betrachtet und beurteilt. Insgesamt fünf Personen beurteilen die Regionen Darmpaket, Sigel*, Schlachttierkörper und Kopfregion. Diese Personen arbeiten mit Hochdruck und beurteilen in der Stunde rund 250 Tiere. Man merkt, dass die amtlichen Fachassistenten das Handwerk verstehen. Sie sind ursprünglich fast alle gelernte Metzger und schneiden allfällige Veränderungen präzise und gekonnt weg.

* Sigel: Das Sigel ist der Überbegriff für die Brustorgane. Darin inbegriffen sind Lunge, Herz, Zwerchfell und die Leber. Dieser Begriff wird in der Schweiz nicht einheitlich verwendet; in gewissen Schlachthöfen wird jedes einzelne Organ separat aufgelistet.

Gewichtsreduktion

Bei krankhaften Veränderungen am Schlachttierkörper oder den Organen wird die betroffene Region weggeschnitten oder das Organ komplett entfernt. Solche Abschnitte werden Teilkonfiskate genannt. Die Schlachtkörper werden im Schlachthof Basel erst nach diesem Arbeitsschritt gewogen – das bedeutet, dass beim Wägen eine Gewichtsreduktion entsteht, wenn es ein Teilkonfiskat gab. Der Grund dafür ist, dass krankhafte Veränderungen in der Verantwortung der Mäster liegen und deshalb die Kosten von ihnen getragen werden müssen. Der Schweinemäster sieht die Anzahl Konfiskate auf seiner Schlachtabrechnung. Da es in vielen grossen Schweineschlachtbetrieben keine Einzeltiererfassung gibt, ist auf der Abrechnung nicht zu erkennen, bei welchem Tier einer Gruppe es ein Teilkonfiskat gab. Deshalb kann das Durchschnittsgewicht möglicherweise leicht verfälscht sein. In der Tabelle ist eine Jahresauswertung der Anicom zu sehen, mit allen gelieferten Tieren von einem Betrieb. Darauf zu sehen sind die Konfiskatabzüge, welche in diesem Fall 30 Rappen pro geschlachtetes Tier ausmachen.

Ungeniessbare Schlachttiere

Ist der ganze Schlachtkörper wegen einer Erkrankung (z. B. Rotlauf oder Hinweise auf eine systemische Erkrankung) oder Abszessen unverwertbar, so fällt dies unter «ungeniessbare Schlachttiere». Die amtlichen Fachassistenten dürfen dies nicht definitiv beurteilen, sondern es wird immer von einem amtlichen Tierarzt bestätigt. Wenn ein Schwein als ungeniessbar eingestuft wurde, erhält der Landwirt von den amtlichen Tierärzten der Fleischkontrolle ein Schreiben. Gemäss Verordnung über das Schlachten und die Fleischkontrolle (VSFK) hat der Eigentümer oder die Eigentümerin innert zehn Tagen ein Einspracherecht gegen den Entscheid der Fleischkontrolle. Deshalb werden im Schlachthof in Basel die Schlachttierkörper der genussuntauglichen Tiere während zehn Tagen vor Ort unter Verschluss gekühlt aufbewahrt. Gemäss Fleischkontrollstatis tik vom BLV wurden im Jahr 2018 rund 0,17 Prozent der untersuchten Schweine als ungeniessbar deklariert. Für den Tierhalter haben ungeniessbare Schlachttiere finanzielle Folgen, da er für die Beseitungskosten aufgekommen muss.

Konfiskate aller gelieferten Schweine Beispielbetrieb

Stück

Abzug in Fr.

Prozent

Anzahl Tiere geliefert

945

Konfiskat Leber

32

– 36.00

3,4%

Konfiskat Herz

18

– 36.00

0,1%

Konfiskat Sigel

1

– 9.00

0,1%

Schweinsstotzen

8

– 80.00

0,8%

Schweineschulter

2

– 23.00

0,2%

Filetdefekt

1

– 10.00

0,1%

Total

62

286.00

Landwirte werden unterstützt

«Wir haben bei uns eine Art Warnsystem etabliert. Liefert ein Betrieb beispielsweise mehrmals auffällig viele Tiere mit beschädigten Schwänzen, so erkundigen wir uns beim Betriebsleiter nach dem Grund», erklärt Blumer. Die Veterinäre sind bestrebt, die Situation mit dem Landwirten anzuschauen und eine Verbesserung in der nächsten Lieferung zu erzielen. Bessert es sich langfristig nicht, so sind die Veterinäre gezwungen, verwal-tungs- und gegebenenfalls strafrechtliche Massnahmen einzuleiten. Dazu gehören Meldungen an die kantonalen Veterinärämter des Herkunftskantons, die daraufhin im Herkunftsbetrieb allenfalls amtliche Kontrollen durchführen.

Verletzungen vermerken

Das Begleitdokument muss korrekt ausgefüllt sein, ansonsten kann dies ein Schlachtverbot zur Folge haben. «Veränderungen oder Verletzungen bei einzelnen Tieren müssen unbedingt unter Punkt 5 vermerkt werden. Nur so ist gewährleistet, dass wir die erforderlichen Massnahmen einleiten können, um beispielsweise eine Kontamination auf andere Schlachttierkörper zu vermeiden» erläutert Blumer.

Auch ein Vermerk von Nabelbrüchen (Hernien) ist gemäss Blumer erwünscht. Problematisch sei ein Nabelbruch, wenn er entzündet oder sehr gross ist. Dann muss die Transportfähigkeit vom Bestandestierarzt im Voraus beurteilt werden, denn es können beim Transport allenfalls Verletzungen entstehen. Je nach Verlauf der Entzündung müssen die Tiere so schnell wie möglich geschlachtet werden, da dies tierschutzrele vant ist. Bis zu welchem Grad der Schlachthof Schweine mit Verletzungen wie Nabelbrüche annimmt oder nicht, ist unter anderem von den Gegebenheiten, also beispielsweise von den vorhandenen Geräten, abhängig. Im Schlachthof der Micarna in Bazenheid beispielsweise, erfolgt die Eröffnung der Bauchhöhle mit einem Roboter. Es kann dabei nicht, wie wenn es von Hand erfolgen würde, um den Bruch herumgeschnitten werden, weshalb die Kontaminationsgefahr erhöht ist. Aus arbeitstechnischen und dadurch auch hygienischen Gründen sind in diesem Schlachtbetrieb Nabelbrüche nicht gerne gesehen.

Lahmheiten müssen auf dem Begleitdokument vermerkt und die Transportfähigkeit zuvor beurteilt werden.

Tiergesundheit entscheidend

Die Leistungseinbussen auf dem Betrieb sind zwar schlecht messbar, jedoch deutlich gravierender als die Konfiskatabzüge im Schlachthof. Sind die Konfiskatabzüge erhöht, soll sich der Betriebsleiter über mögliche Schwachstellen im Betrieb Gedanken machen. Das Stallklima muss dabei immer hinterfragt werden. Sei dies in Zusammenhang mit Kannibalismus, der wiederum für viele Konfiksate verantwortlich ist oder in Zusammenhang mit der Lunge (Sigel).

Leberveränderungen können häufig mit einer regelmässigen Entwurmung auf dem Zuchtbetrieb und beim Einstallen in der Mast vermindert werden. Liegen die Konfiskate zusammengezählt höher als zehn Prozent, sollte man rasch nach Ursachen suchen. Als ehrgeiziges, aber erreichbares Ziel kann man sich ein Maximum von fünf Prozent Konfiskatabzüge setzen. 

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