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Betriebsführung

Algen aus dem Treibhaus

Algen zählen zu den Nahrungsmitteln der Zukunft. Insbesondere Mikroalgen wie Spirulina gelten als Superfood und befinden sich aufgrund der hohen Nähr- und Vitalstoffgehalte auch in Europa auf dem Vormarsch. In der Schweiz steht das grösste Algengewächshaus im Kanton Waadt.

Seit 2018 produziert das Schweizer Start-up Spiruline Swiss Made in Lonay am Genfersee die trendige Mikroalge in ihrem neuen Treibhaus mit einer Produkt...

Seit 2018 produziert das Schweizer Start-up Spiruline Swiss Made in Lonay am Genfersee die trendige Mikroalge in ihrem neuen Treibhaus mit einer Produktionsfläche von 700 m 2.

(Bild: Renate Hodel)

Publiziert am

Redaktorin, Landwirtschaftlicher Informationsdienst LID

Spirulina ist ein Cyanobakterium. Es wächst im Wasser und ist aufgrund seiner Eigenschaften zu einem trendigen Nahrungsergänzungsmittel geworden. Die Mikroalge ist kalorienarm, besonders reich an Proteinen, Vitamin A, Eisen und Mineralien, enthält aber auch Antioxidantien und entzündungshemmende Wirkstoffe. «Diese Inhalte machen Spirulina beispielsweise bei Menschen mit Eisenmangel oder bei Sportlerinnen und Sportlern besonders beliebt», erklärt Wolfgang Sickenberg von Spiruline Swiss Made. Das Unternehmen ist das grösste von vier kleinen Start-ups, die in der Schweiz in ihren Gewächshäusern Mikroalgen statt Gemüse kultivieren.

Mit den Jahreszeiten

In Lonay bei Morges stehen sechs Zuchtbecken, gefüllt mit wenigen Zentimetern Wasser. Darin sorgt ein Schaufelrad für eine konstante Strömung, damit die Mikroalge sich nicht ablagert und am Boden einschläft. «Jeweils von März bis November züchtet und erntet Stéphane Sasvari, der Initiant von Spiruline Swiss Made, die grüne Mikroalge», erzählt Verkaufsleiter Wolfgang Sickenberg und ergänzt: «Unsere Spirulina folgt dem Rhythmus der Jahreszeiten.» Im Sommer wächst sie und verdoppelt fast jeden Tag ihr Volumen. Wenn es an Licht und Wärme mangelt, fällt sie in den Winterschlaf. Weil das Cyanobakterium für sein Wachstum eine Temperatur von 18 bis 35 °C benötigt, steht die Produktion im Winter ganz still.

Pressen und dann durch den Fleischwolf

Damit die Kultur gedeiht, werden der Alge Spurenelemente und Mineralien zugefüttert. Anders als in anderen Ländern, wo die Produktion in industriellem Massstab betrieben wird und täglich mehrere Tonnen Spirulina geerntet werden, ist bei der Zucht am Genfersee fast alles Handarbeit und frei von PSM.

«Unsere Spirulina folgt dem Rhythmus der Jahreszeiten.»

Wolfgang Sickenberg, Spirulina Swiss Made

Frühmorgens wird geerntet. Dafür wird das Wasser durch ein feines Sieb gepumpt. Die Spirulinamasse wird danach in Tüchern gepresst – ähnlich wie bei der Käseherstellung. Was zurückbleibt hat eine Konsistenz wie Knete und wird durch eine technisch angepasste Wurstmaschine in feine Spaghetti gepresst und getrocknet. Gut 600 Kilogramm getrocknete Spirulina werden so in jeder Saison in den Gewächshäusern in Lonay geerntet.

«Grünes Gold» auch als Betriebszweig

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Wolfgang Sickenberg, Spirulina Swiss Made

(Bild: Renate Hodel)

Das Start-up Spiruline Swiss Made gilt als eines der Schweizer Pionierprojekte in Sachen Algenzüchtung und hat seinen Ursprung im Jahr 2013. Überzeugt von der Idee absolvierte der Autodidakt Stéphane Sasvari ein Praktikum in einem Betrieb in Europa und besuchte eine industrielle Produktion in Asien. Fünf Jahre später erntet das Team am Genfersee die ersten Mikroalgen und erhält eine Betriebsbewilligung. Die Produktionsfläche wuchs bis heute von ursprünglich 130 m 2 um mehr als das Fünffache. In derselben Zeit sind weitere Schweizer Pioniere ins Geschäft mit dem «grünen Gold» eingestiegen. Darunter finden sich auch Landwirtschaftsbetriebe, die ihre Produktion mit der Aquakultur diversifizieren.

Viel Luft im Schweizer Markt

Trotz des stolzen Preises entwickelt sich gemäss Sickenberg das Geschäft mit der blaugrünen Mikroalge in der Westschweiz gut. In den ersten fünf Jahren konnte das Jungunternehmen den Absatz verdreifachen und hat gemäss dem Verkaufsleiter die Gewinnschwelle erreicht: «Von den vier Produzenten in der Schweiz sind wir bislang die einzigen, die von der Spirulina-Produktion leben können.» Ganz viel Marktpotenzial sei aber noch ungenutzt: «Die Schweizer Nachfrage wird fast ausschliesslich von Exportware gedeckt.»

Begehrte Eiweissalternative

Interesse zeigt auch die Forschung. Der hohe Eiweissgehalt der mikroskopisch kleinen Algen hat dazu geführt, dass sich eine ganze Reihe von Unternehmen auf diesem Gebiet betätigen. Sie versprechen sich davon Erfolge bei der Produktion von Fleischersatzprodukten sowie beim Einsatz für pflanzliches Tierfutter. So hat auch Agroscope ein Forschungsprojekt gestartet, das den Einsatz von lokal gezüchteten Mikroalgen als Futtermittelzusatz prüft. Die Mikroorganismen sollen als nachhaltige Proteinquelle für Rind und Schwein genutzt werden und so die Ökobilanz der Fleisch-­ und Milchproduktion verbessern.

Auch das Start-up-Unternehmen in Lonay ist fest davon überzeugt, dass Spirulina mehr als nur ein Nahrungsergänzungsmittel ist. «Über den Einsatz als Tierfutter haben wir uns bislang noch keine Gedanken gemacht, dafür ist die Produktion in der Schweiz schlicht zu teuer», meint Wolfgang Sickenberg. Er rechnet jedoch damit, dass Spirulina als Alternative zu tierischem Eiweiss bei der menschlichen Ernährung noch an Bedeutung gewinnen wird. 

Start-up

2023 zeigt der Landwirtschaftliche Informationsdienst LID mit seiner Serie Start-up, wie Landwirtschaftsbetriebe und Jungunternehmen gegenseitig von innovativen Geschäftsmodellen profitieren und welchen Herausforderungen sie sich stellen müssen.

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